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LG Hamburg: Keine Mitstörerhaftung des Merchant für seinen Affiliate

Eines der ersten deutschen Urteile zur Problematik der Mitstörerhaftung des Merchant für Rechtsverletzungen des Affiliate
Martin Bahr | 12.10.2005

Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Bahr, http://www.Dr-Bahr.com

Als eines der ersten Gerichte in Deutschland hatte das LG Hamburg (Urt. v. 03.08.2005 - Az: 315 O 296/05 = http://shink.de/3fgbxt) zu entscheiden, ob ein Merchant für die Rechtsverletzungen haftet, die sein Affiliate begeht.

Dies haben die Hamburger Richter im vorliegenden Fall verneint.

Der Affiliate hatte sich - wie üblich - beim Merchant für ein Partnerprogramm mit seiner Domain A registriert. Die Werbematerialien des Partnersprogrammes verwendete er aber auch für die nicht beim Programm registrierte Domain B. Diese Domain B verletzte nun Markenrechte.

Die Antragstellerin nahm daraufhin den Merchant als Mitstörer in Haftung. Insbesondere habe er ein technisches Kontrollsystem einzuführen, mittels dem derartige Missbräuche zukünftig unterbunden werden müssten.

Dieser Rechtsansicht ist das Landgericht nicht gefolgt:

"Die Antragsgegnerin ist jedoch für die von ihrem Werbepartner (...) begangene Markenverletzung nicht verantwortlich. Sie haftet auch nicht als Störerin. Als Störer kann auch derjenige, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (...).

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin zu der von ihrem Werbepartner (...) begangenen Markenverletzung einen kausalen Beitrag geleistet hat. Die Antragsgegnerin hat durch die Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihrer Mitarbeiterin Werbepartnerprogramms ein Werbebanner lediglich für die Internetseite www.s(...).de zur Verfügung gestellt und dieser sodann das Werbebanner eigenmächtig für die Internetseite g(...)travel24.net genutzt hat."

Und hinsichtlich der Pflicht zur Einführung eines Kontroll-Systems:

"Im vorliegenden Fall kann unentschieden bleiben, ob die Antragsgegnerin bei dieser Sachlage einen kausalen Beitrag an der Markenverletzung begangen hat. Denn eine Haftung als Störer setzt weiter voraus, dass zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um eine Markenverletzung zu unterbinden (BGH GRUR 2004, 860 - Internet-Versteigerung). Im Falle der Verlinkung ist es einem Domaininhaber grundsätzlich unzumutbar zu überprüfen, ob der Betreiber einer anderen Internetseite, der eigenmächtig einen Link zu dem Domaininhaber herstellt, Schutzrechte Dritter verletzt.

Wird einem Domaininhaber durch eine Abmahnung ein Fall der Markenverletzung bekannt, kann er zwar verpflichtet sein, technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um weitere entsprechende Markenverletzungen zu verhindern (vgl, BGH a.a.O.). Dabei kommt es jedoch auf den konkreten Einzelfall an.

Im vorliegenden Fall kann bereits nicht festgestellt werden, dass die Antragsgegnerin nach Erhalt der Abmahnung Prüfungspflichten verletzt hat. Auch wenn es der Antragsgegnerin technisch möglich sein sollte, ein Softwareprogramm entwickeln zu lassen, um künftig Markenverletzungen ihrer 15.000 Werbepartner aufzuspüren und zu verhindern, müsste die Einrichtung einer solchen Kontrolle für die Antragsgegnerin wirtschaftlich zumutbar sein.

Ob bei dem Geschäftsmodell der Antragsgegnerin ein wirtschaftlich sinnvolles und effektives Kontrollprogramm installiert werden kann, ist nicht erkennbar. Insoweit liegt die Darlegungslast bei der Antragstellerin. Der Vortrag der Antragstellerin ist nicht ausreichend. Zudem fehlt es an einer Glaubhaftmachung.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin folgt eine Störerhaftung der Antragsgegnerin auch nicht daraus, dass sie keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Dazu war die Antragsgegnerin bei der gegebenen Sachlage nicht verpflichtet."

In einem vergleichbaren Fall, wo es um die Prüfpflichten eines Online-Auktionshauses ging, hatte das LG Hamburg vor kurzem genau gegenteilig entschieden, vgl. die Kanzlei-Infos v. 14.05.2005 = http://shink.de/l8ib9

Die aktuelle Entscheidung des LG Hamburg ist für den Affiliate-Bereich außerordentlich erfreulich und weist in die richtige Richtung. Würde man nämlich eine Mitstörerhaftung des Merchant bejahen, stünde dieses Wirtschaftsfeld vor einem faktisch nicht zu begrenzenden Haftungsrisiko.

Am Horizont ziehen aber schon die ersten Wolken auf. Vor dem LG Köln wurde ein ähnlicher Fall verhandelt und dort soll - exakt gegenteilig zur Hamburger Entscheidung - der Merchant für die Verletzungshandlungen des Affiliate mithaften.
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