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Mitarbeiterloyalität messbar machen

Wie will ein Unternehmen erfolgreich sein, wenn jährlich ein bedeutender Teil seines wertvollsten Kapitals spurlos verschwindet?
Anne M. Schüller | 28.11.2006

Können Sie sich vorstellen, dass Firmen, die eine hohe (von Controllern verordnete) Mitarbeiter-Fluktuation haben, auch viele Kunden verlieren? Und wie viel Umsatz das kostet? In manchen Branchen liegt die Mitarbeiter-Fluktuationsrate zwischen 25 und 50 Prozent jährlich. Wie will ein Unternehmen erfolgreich sein, wenn jährlich die Hälfte seines wertvollsten Kapitals spurlos verschwindet? Ein Teufelskreis, der viele Unternehmen scheitern lässt – nur eben erst übermorgen.

Fluktuationsrate und Verweildauer

Wenn beispielsweise eine Firma pro Jahr 25 Prozent ihrer Mitarbeiter verliert, heißt das, dass die Mitarbeiter im Durchschnitt vier Jahre bleiben, sich also der komplette Mitarbeiterstamm alle vier Jahre erneuert. Diese Zahlen lassen sich für den Gesamtbetrieb, für einzelne Bereiche und bei Filialisten für die einzelnen Niederlassungen ermitteln und vergleichen. Obendrauf kommen die Kosten für die Gewinnung und Einarbeitung der ‚Neuen’.

In einem zweiten Schritt sind die Gründe für hohe Fluktuationsraten zu ermitteln, um anschließend mit Aktionspaketen gegenzusteuern. Spätestens im Folgejahr muss dann erneut gemessen werden, um zu sehen, welche Maßnahmen fruchten. Dies alles mit dem übergeordneten Ziel, die Kundenloyalität zu erhöhen.

Denn Kunden wird man wohl schwerlich zu treuen Stammkunden machen können, wenn diese immer nur auf Anfänger treffen. Ausnahmsweise kann das ja mal Charme haben, wenn ein Kunde den ‚Neuen’ ständig sagen muss, wie die Dinge laufen, wo er was finden kann, wen er warum ansprechen soll. Aber irgendwann nervt’s.

Einer der größten Loyalitätskiller aus Kundensicht heißt: ständig wechselnde Ansprechpartner. Aus vielen Branchen weiß man, dass Mitarbeiter gerne ihre/Ihre Kunden mitnehmen, wenn sie das Unternehmen verlassen. Geht der Mitarbeiter, dann gehen die Kunden gleich mit.

Loyalitätsindikatoren

Eine Reihe von Indikatoren ermöglichen Rückschlüsse auf die Zufriedenheit und Motivation eines Mitarbeiters und damit auch auf seine Loyalität. Hierzu zählen beispielsweise: die Teilnahme an Diskussionsrunden und Projektgruppen, das Interesse an Aufstiegsmöglichkeiten, das Einreichen von Verbesserungsvorschlägen, die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen, die Bereitschaft zu Überstunden, die Fehlerquote und Beschwerdehäufigkeit sowie die Anzahl der Krankheitstage.

Einmal angenommen, eine Firma beschäftigt 100 Mitarbeiter und die durchschnittliche Produktivität eines Mitarbeiters liegt bei 100.000 Euro. Bei 222 Arbeitstagen sind dies rund 450 Euro pro Tag. Fehlt der Mitarbeiter nun krankheitsbedingt 15 Tage im Jahr, hat die Firma eine Produktivitätseinbuße von 6.750 Euro. Bei nur 10 Fehltagen reduziert sich diese Zahl auf 4.500 Euro. Die Differenz von 2.250 Euro mal 100 Mitarbeiter bringt unserem Unternehmen zusätzliche 225.000 Euro in die Kasse. Das entspricht der Produktivität von 2,25 Mitarbeitern.

Und das ist noch nicht alles. Denn (chronisch) unzufriedene Mitarbeiter sind ja nicht nur öfter krank, sondern vor allem auch unengagierter. Die so entstehenden Produktivitätseinbußen schätzt man auf bis zu 20 Prozent. Und weil solche Mitarbeiter durch ihr ständiges Gejammer einen Negativ-Strudel in ihrem unmittelbaren Umfeld erzeugen, sinkt die Produktivität der Kollegen um geschätzte 10 Prozent.

Die Auswirkungen niedriger Mitarbeiterloyalität

Studien des Marktforschungsinstituts Gallup zeigen sehr eindrucksvoll den Einfluss mangelnder Arbeitsmotivation auf Fehlzeiten, Loyalität und Produktivität. Im Vergleich zu 2001 hat sich in Deutschland trotz schwierigerer Arbeitsmarktlage die Zahl der sehr engagierten Mitarbeiter in 2005 von 16 auf 13 Prozent verschlechtert. Daraus lässt sich folgern, dass Mitarbeiter in ‚Zwangslagen’ keine bessere, sondern schlechtere Arbeit leisten.

Unengagierte, illoyale Mitarbeiter sind die größten Umsatzvernichter eines Unternehmens. Das mangelnde Engagement der Arbeitnehmer koste die deutsche Wirtschaft jährlich rund 250 Milliarden Euro, errechnete Gallup. Dies sei ein gravierender Wettbewerbsnachteil gegenüber den deutlich loyaleren Nordamerikanern. Als Hauptgründe für das schlechte deutschen Abschneiden nannte Gallup-Deutschlandchef Gerald Wood: Zu autoritäre Bosse, die zu wenig auf die Mitarbeiter hören und zu wenig Lob und Anerkennung geben - sowie zu wenig bzw. zu schlechte Kommunikation.

Dabei zeigen sich nicht nur unternehmensinterne Auswirkungen. So hat die Ausprägung der emotionalen Mitarbeiterbindung auch einen erheblichen Einfluss auf die Mund-zu-Mund-Propaganda: lediglich 20 Prozent der Mitarbeiter, die keine emotionale Bindung aufweisen, sind laut Gallup gewillt, die Produkte oder Dienstleistungen ihres Arbeitgebers ohne Einschränkung weiterzuempfehlen, verglichen mit 71 Prozent der Mitarbeiter mit einer hohen emotionalen Bindung.

Loyale Mitarbeiter sind Mitdenker

Mitarbeiter, sagt man so schön, heißen Mitarbeiter, weil sie mit Ihnen und nicht für Sie arbeiten wollen! Sie sind aber nicht nur Mitmacher, sondern auch Mitdenker – wenn man sie lässt. In ihnen steckt meist deutlich mehr, als ihre Chefs glauben. Sie wollen geschätzt und gebraucht werden. Wer sich schlecht informiert, zum Kostenfaktor reduziert oder abserviert fühlt, kann keinen guten Job machen. Wenn Mitarbeiter sich gut fühlen, arbeiten sie am besten. Sie sind sogar dann noch motiviert, wenn es einmal Durststrecken zu überwinden gilt.


Gallup-Umfrage: sehr engagierte Mitarbeiter

Deutschland 2001: 16 Prozent
Deutschland 2003: 12 Prozent
Deutschland 2005: 13 Prozent
Österreich 2005: 19 Prozent
Schweiz 2006: 22 Prozent
USA 2005: 29 Prozent


Die Autorin

Anne M. Schüller ist Marketing-Consultant und gilt als führende Expertin für Mitarbeiter- und Kundenloyalität. Sie hat lange Jahre in leitenden Vertriebs- und Marketingpositionen verschiedener Dienstleistungsbranchen gearbeitet.
Sie bietet interessierten Unternehmen marketingorientiertes Management-Coaching, Seminare für Führungskräfte und praxisnahe Workshops für Mitarbeiter. Außerdem hält sie hochkarätige Impulsvorträge zum Thema Mitarbeiter- und Kunden-Loyalität. Sie gehört zum Kreis der ‚Excellent Speakers’.

Kontakt: info@anneschueller.de oder www.anneschueller.de


Buchtipp:

Anne M. Schüller:
Zukunftstrend Mitarbeiterloyalität. Endlich erfolgreich – durch loyale Mitarbeiter. BusinessVillage Verlag Göttingen 2004, 2. erw. Aufl. 121 Seiten, 21,80 Euro
eBook 14,80 Euro (www.businessvillage.de)

Hier bestellen: http://www.anneschueller.de/rw_e13v/main.asp?WebID=schueller3&PageID=122
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Über Anne M. Schüller

Anne M. Schüller: Keynote-Speaker, Bestsellerautorin, Businesscoach. Expertin für Touchpoint Management. Neues Buch: Zukunft meistern