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Preisverhandlungen

Industriekunden Preiserhöhungen verkaufen
Peter Schreiber | 25.07.2010
„Unser Ertrag ist schlecht.“ „Unsere Auftragslage ist mies.“ Solche Aussagen hören Vertriebsmitarbeiter regelmäßig, wenn sie Einkäufern gegenübersitzen – gerade in der aktuellen Wirtschaftssituation. Deshalb packt viele Investitionsgüterverkäufer das kalte Grauen, wenn sie ihren Kunden Preiserhöhungen „verkaufen“ sollen. Doch an Preisanpassungen führt oft kein Weg vorbei.

Wie also vergehen, wenn Ihr Unternehmen seine Preise erhöhen möchte oder muss? Dann gilt es zunächst, die Verkäufer als Mitstreiter zu gewinnen. Der erste Schritt hierzu ist, sie präzis über die Gründe zu informieren – zum Beispiel, indem die Geschäftsleitung ihnen in einer Vertriebstagung möglichst bildhaft und plastisch vor Augen führt, wie sich die Rohstoffpreise entwickelt haben und wie sich die höheren Einkaufspreise auf die Gewinnmarge und den Ertrag auswirken.

Diese Information sollte bezogen auf die verschiedenen Produkte und Produktgruppen erfolgen. Oder indem den Verkäufern am Beispiel der Kontrakte mit ausgewählten Schlüsselkunden aufgezeigt wird, wie aufgrund der gestiegenen Einkaufspreise aus ehemals lukrativen Verträgen Verlustbringer wurden.

An Verkäufer appellieren „Wir brauchen eure Hilfe“

Erläutern Sie den Verkäufern anschließend, welche Maßnahmen Ihr Unternehmen schon ergriffen hat, um den Ertrag wieder zu steigern – zum Beispiel die Produktion oder den Einkauf neu strukturieren. Danach sollte der Appell folgen: „Trotzdem führt kein Weg an einem Erhöhen der Preise vorbei, denn ... Und dabei benötigen wir Ihre Unterstützung, denn ...“ Dieser Appell sollte durch ein Mitglied der Geschäftsleitung erfolgen, um die Bedeutung dieser Entscheidung für das Unternehmen zu unterstreichen. Die Verkäufer werden nach diesem Appell nicht begeistert sein – im Gegenteil. Sie werden klagen: „Das geht nicht. Die Kunden sagen jetzt schon: Ihr seid zu teuer ...“ Dass Verkäufer so reagieren, ist normal. Denn sie hören täglich „Ihr seid zu teuer“. Deshalb haben sie diese Denke oft selbst verinnerlicht.

Verdeutlichen Sie Ihren Verkäufern also folgende Punkte:

1. Es gehört zum Job der Einkäufer zu sagen „Ihr seid zu teuer“. Denn sie sollen möglichst preiswert einkaufen. Deshalb sagen sie sogar bei Dumpingpreisen „Ihr seid teuer“, um eventuell noch vorhandene Spielräume auszuloten.

2. Doch selbst, wenn dies nicht so wäre, dann müsste unser Unternehmen trotzdem die Preise erhöhen, weil ... Und:

3. Auch die Einkäufer lesen Zeitung. Folglich wissen auch sie, dass zum Beispiel die Preise für ... gestiegen sind. Deshalb sind im Moment die Voraussetzungen ideal, um eine Preisanpassung rational zu begründen.

Den Verkäufer das Gefühl vermitteln „Es ist möglich, wenn ...“

Dies wird Ihre Verkäufer etwas besänftigen. Das enthebt Sie aber nicht von der Aufgabe, Ihre Verkäufer auf das Führen der „Preisanpassungsgespräche“ vorzubereiten – nicht nur, weil sie eine Gesprächsstrategie brauchen. Vielmehr gilt es auch, ihre mentalen Widerstände gegen solche Gespräche abzubauen, indem Sie ihnen das Gefühl vermitteln: „Wenn ich’s richtig anpacke, kann ich das Ziel erreichen.“ Sonst stehen Ihre Verkäufer in den Gesprächen auf verlorenem Posten, weil die Einkäufer ihre Unsicherheit spüren. Entsprechend leicht hebeln sie ihre Argumentation aus. Lassen Sie sich beim Vorbereiten der Verkäuferschulung von folgenden Gedanken leiten:

1. Jede Preiserhöhung ist letztlich eine normale Preisverhandlung. Der einzige Unterschied: Das Vorzeichen des Gesprächs lautet nicht, wie viel geht der Preis nach unten, sondern um wie viel geht er nach oben. Also muss eine Preiserhöhung wie jede Vertragsverhandlung vorbereitet werden.

2. Der höhere Preis muss jedem Kunden individuell verkauft werden. Also sollten Ihre Verkäufer für jeden Kunden eine spezifische Argumentationskette erarbeiten. Hierfür benötigen sie unter anderem die Information: Welche Umsätze erzielten wir mit dem Kunden in den zurückliegenden Jahren? Wie war die Umsatz-/Preisentwicklung? Welchen Lieferanteil haben wir bei ihm? Wo liegen Cross-Selling-Möglichkeiten?

Außerdem sollten sie im Vorfeld analysieren: Welche Bedürfnisse hat der Kunde/Gesprächspartner? Vor welchen Herausforderungen steht er? Wie verlief die bisherige Zusammenarbeit? Diese Infos bilden das „Rohmaterial“, aus dem die kundenspezifische Argumentationskette und Gesprächsstrategie entworfen wird.

Eine gute Vorbereitung ist das A und O

Basierend auf diesen Grundgedanken sollten Sie Ihre Verkäufer trainieren, ihre „Preisanpassungsgespräche“ vorzubereiten und zu führen. Dabei lautet die Regel: zunächst die nötige Gesprächsatmosphäre schaffen. Dies gelingt Ihren Verkäufern am einfachsten, indem sie dem Kunden nochmals vor Augen führen, welchen Nutzen er von der Zusammenarbeit hat. Jedoch nicht, indem sie ihm dies sagen, sondern indem sie fragen: Wie lief dies? Wie lief das? Hat sich jene Lösung bewährt? Hat der Kunde den Nutzen der Zusammenarbeit vor Augen, kann der Verkäufer das Gespräch zum Thema „Preisanpassung“ überleiten – zum Beispiel, indem er zunächst allgemein die Entwicklung der Rohstoffpreise anspricht, bevor er hieraus ableitet, was dies für Ihr Unternehmen bedeutet. Nun kann der Verkäufer seine ganze kundenspezifische Argumentationskette entrollen, bevor der Abschluss folgt: „Deshalb müssen wir unsere Preise um 5,2 Prozent erhöhen.“ Hierfür müssen Sie Ihre Verkäufer selbstverständlich mit dem nötigen Datenmaterial ausstatten – möglichst von neutralen Quellen.

Gesprächsstrategie erarbeiten

Nach der Aussage Ihres Verkäufers „Wir müssen die Preise erhöhen“ wird dessen Gesprächspartner – ganz gleich, wie gut die Erhöhung begründet ist – empört aufschreien und eventuell sogar sagen „Dann ist unsere Zusammenarbeit beendet“. Bereiten Sie Ihr Verkäufer also auf diese Kundenreaktion vor, damit er bei einer solchen Drohung nicht einknickt, sondern zum Beispiel gelassen erwidert: „Das haben wir uns gedacht. Deshalb haben wir nochmals mit unseren Zulieferern verhandelt. Außerdem haben wir die Prozesse in unserem Unternehmen weiter optimiert. Dadurch konnten wir den größten Teil der Kostensteigerungen bereits auffangen, weshalb wir letztlich unsere Preise nur um 2,9 Prozent erhöhen müssen.“ Daraufhin wird dem Verhandlungspartner Ihres Verkäufers ein Stein vom Herzen fallen. Schließlich klingen 3,9 Prozent schon anders als 5,2 Prozent. Solche Argumentationsmuster sollten Sie (zum Beispiel als Vertriebsleiter) mit Ihren Verkäufern erarbeiten, denn die Erfahrung zeigt: Alleine fällt es vielen schwer, ausreichend technische, wirtschaftliche und emotionale Argumente zu identifizieren, um ein Erhöhen der Preise zu legitimieren. Und noch schwerer fällt es ihnen, diese in eine kundenspezifische Argumentationskette und Gesprächsstrategie zu integrieren. Doch selbst, wenn Ihre Verkäufer dem Kunden schlüssig darlegen, warum Ihr Unternehmen seine Preise erhöhen muss, ist das Ziel „Preiserhöhung“ noch nicht erreicht. Denn dann haben sie zwar ihren Wunsch begründet, der Kunde hat ihn aber noch nicht akzeptiert. Es wurde sozusagen nur die Basis für die eigentliche Preisverhandlung geschaffen.

Den Preis isolieren und relativieren

In dieser Verhandlung muss Ihr Verkäufer das gesamte Instrumentarium einsetzen, das er auch sonst bei Vertragsverhandlungen nutzt. Hierzu zählt der Versuch, die Preiserhöhung zu relativieren. Zum Beispiel, indem er sagt: „Unser Bauteil hat bei Ihren Produkten einen Stückkostenanteil von 4 Prozent. Wenn wir unsere Preise um 3,9 Prozent erhöhen, steigen Ihre Stückkosten um circa 0,17 Prozent, also 1,32 Euro.“ Oder indem er sagt: „Lieber Kunde, die Preisanpassung bewegt sich bei den einzelnen Warengruppen zwischen vier und zwölf Prozent; bei einigen Produkten konnten wir die Preise sogar senken. Da Sie vermutlich vor allem interessiert, wie sich die Preisanpassung insgesamt auf Ihre Kosten auswirkt, habe ich errechnet, wie viel mehr Sie bei den angepassten Preisen für Ihre Bestellungen in den letzten drei Monaten bezahlt hätten – insgesamt nur 1,21 Prozent mehr.“
Zögert der Kunde weiterhin die „Preiserhöhung“ zu akzeptieren, sollte der Verkäufer ihm Vorschläge unterbreiten, wie die Preisdifferenz eventuell kompensiert werden kann – gemäß der Maxime „Wenn du mir dies gibst, erhält du jenes“. Geht Ihr Verkäufer dabei geschickt vor, kann das Ergebnis der nun folgenden Verhandlung sogar eine engere Kundenbindung sein.

Die Argumentation Ihres Verkäufers kann zum Beispiel wie folgt lauten: „Herr Kunde, ich habe mir überlegt, wie wir gemeinsam einen Teil der 3,9 Prozent kompensieren könnten. Wäre es Ihnen zum Beispiel möglich, unseren Lieferanteil beim Produkt x von 32 auf 40 Prozent zu erhöhen? Dies wäre für uns ein ‚geldwerter Vorteil’. Dann könnte ich Ihnen im Gegenzug anbieten, ...“
Solche verkaufstaktischen und -strategischen Verhandlungselemente sollten Sie mit Ihren Verkäufern nicht nur entwerfen. Sie sollten mit ihnen auch deren Einsatz trainieren. Denn nur dann können Ihre Verkäufer im Kundengespräch auf die Einwände und Finten ihrer Verhandlungspartner mit der nötigen Gelassenheit und Flexibilität reagieren. Am einfachsten erreichen Sie dies, indem Sie für Ihre Verkäuferschulung (ehemalige) Einkäufer als „Sparringpartner“ engagieren, die mit Ihren Mitarbeitern „Preisanpassungsgespräche“ führen. Selbstverständlich kann auch Ihr eigener Einkäufer dieser Sparringpartner sein.

Peter Schreiber
Zum Autor: Peter Schreiber ist Inhaber des Trainings- und Beratungsunternehmens Peter Schreiber & Partner, Ilsfeld, (Tel.: 0 70 62/96 96 8; E-Mail: zentrale@schreiber-training.de). Er ist Autor des Buchs „Das Beuteraster – 7 Strategien für erfolgreiches Verkaufen“ (Orell Füssli Verlag).

Hinweis: Vom 21. bis 22.09.2010 führt die ZfU - International Business School, Thalwil (CH), ein Seminar „Preisverhandlungen erfolgreich führen“ mit Peter Schreiber durch, in dem auch das Thema „Preiserhöhung“ behandelt wird. Nähere Infos erhalten Interessierte unter http://www.schreiber-training.de