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Pressearbeit: Fachartikel, Success Story und Anwenderbericht gekonnt unterscheiden

Pressearbeit mit redaktionellen Beiträgen muss Fachartikel, Success Story und Anwenderbericht trennen können. Der Ratgeber zeigt, worauf es ankommt.
David Wolf | 10.01.2011

In der Mehrheit der Pressestellen deutscher Unternehmen herrscht „Ahnungslosigkeit über die Bedürfnisse der Medien“. Zu diesem Ergebnis kam die Kommunikationsberatung Wiegand & Wiegand Media Services – heute Wiegand & Wiegand - die Auftrittsberater – schon 2002. Mit einer Online-Befragung unter 291 Journalisten konnte das Unternehmen zeigen, dass die Redaktionen alles andere als glücklich sind mit der Pressearbeit vieler Firmen. Der Blick „für journalistische Bedürfnisse“ fehle, Pressestellen und Journalisten seien sogar vielfach wie Feuer und Wasser.

Und heute? Haben die Unternehmen seitdem dazugelernt? Gewisse Zweifel sind nach wie vor angebracht. Diese Einschätzung speist sich etwa aus den Ergebnissen einer Journalistenumfrage aus dem Jahr 2009, die die Deutschen Journalisten Dienste (djd) unter rund 270 Journalisten der Ressorts Verbraucher- und Servicethemen durchführte. „Nicht geliebt, aber gebraucht“, so das Fazit. Das bedeutet: PR-Infos sind dann willkommen, wenn deren Nutzen stimmt und sie die Arbeit der Redakteure erleichtern. Deshalb müssen Unternehmen wissen, wann welche Form eines redaktionellen Beitrags sich anbietet und worin sich etwa Fachartikel, Success Story und Anwenderbericht unterscheiden.

Fachartikel und Anwenderbericht als journalistische Spezialfälle

Fachartikel und Anwenderbericht gehören idealtypisch zu Spezialfällen des journalistischen Berichts. Es überwiegen der Nachrichtencharakter und die Objektivität der Darstellungsform. Meinungen des Autors haben in diesen Texten nichts verloren. Fachartikel, Anwender- und auch Produktbericht müssen also die typischen W-Fragen eines Berichts beantworten:

Wer?
Was?
Wie?
Wann?
Warum?
Wo?

Im Gegensatz zur bloßen Nachricht gehen diese Textsorten in ihrem Inhalt weiter. Sie erhellen Zusammenhänge, stellen Hintergründe vor und schildern allgemeine oder auch konkrete Problemstellungen. Fachartikel und Anwenderbericht lassen sich außerdem dem so genannten Nutzwertjournalismus zuordnen. Leser und auch potenzielle Kunden erfahren Hintergrundinformationen, bekommen Entscheidungshilfen geliefert und Ursachen von Problemen und deren Lösungen aufgezeigt. Doch worin unterscheiden sich Fachartikel und Anwenderbericht eigentlich konkret?

Fachartikel: Umfangreich, neutral, hohes fachliches Niveau

Jörg Forthmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Kommunikationsagentur Faktenkontor, schreibt im „Praxishandbuch Public Relations“ von der „Königsdisziplin“ Fachartikel, der nicht einfach zu platzieren und noch schwieriger zu schreiben sei. Vor allem sei es sprachlich wichtig, sich auf dem Niveau des Fachjournalisten und seines Mediums zu bewegen. Eine Herausforderung, vor der viele Unternehmen in die Knie gehen und stattdessen Erfolgsstories oder sogar Produktberichte anbieten. Fachartikel kennzeichnen folgende Eigenschaften:

Mehrere DIN-A4-Seiten lang
Neutrale, objektive Darstellungsform
Hohes fachliches Niveau
Behandlung einer Fragestellung aus problemorientierter Perspektive
Auseinandersetzung mit einer generellen Fachthematik
Favorisiert kein einzelnes, herstellergebundenes Produkt
Geht nicht von einer kundenspezifischen Implementierung aus
Kann auch ein Grundlagen- oder Übersichtsartikel sein
Relativ hoher Nutzen für den Leser

Als Fachartikel getarnte Erfolgsgeschichten oder Produktberichte sind aber bestenfalls dafür geeignet, Redakteure zu verärgern und dem Image des eigenen Unternehmens zu schaden.

Anwenderbericht: Die Sicht des Kunden

Nicht wenige Anwenderberichte kommen in der PR-Praxis als Success Stories daher, in denen die Vorzüge von Produkten des Anbieters in den Vordergrund gerückt werden. Ein Etikettenschwindel, denn ein Anwenderbericht ist eben im wahrsten Sinne des Wortes der Bericht eines Anwenders. Die zentralen Bestandteile dieser fachjournalistischen Textsorte sind:

Ausgangsüberlegung
Probleme
Implementierung
Resümee

Success Story: Vor allem ein Werbetext

Während Fachartikel und Anwenderbericht als fachjournalistische Textsorten gelten, ist die Success Story dies gerade nicht. Hier steht die Sicht des Herstellers beziehungsweise Anbieters im Mittelpunkt. Die zentrale Frage: Warum wurde gerade Produkt X ausgewählt und welche wirtschaftlichen Vorteile konnten beim Kunden damit erzielt werden? Kennzeichen, die eindeutig einem Werbetext zuzuordnen sind. Dies können zum Beispiel Steigerungen beim Umsatz oder auch eine Effizienzsteigerung bei bestimmten Prozessen sein. Folgende Eigenschaften bringt die Success Story mit:

Selten länger als zwei oder drei DIN-A4-Seiten
Ein-Quellen-Text und damit keine journalistische Darstellungsform
Fehlende Objektivität und Unparteilichkeit

Zurecht bemerkt Manfred Weise in seinem Beitrag „Die Genres – Fachjournalismus und Fach-PR mit unterschiedlichen Interessen“ jedoch, dass selbst „ein Mehr-Quellen-Text keine hinreichende Bedingung für Objektivität“ ist. Längst würden Firmen und Hersteller in ihren Pressetexten Zitate mitliefern, in denen Anwender und sonstige Spezialisten das eigene Produkt loben. Auf diese Weise würde versucht, einen allgemeinen Recherchebericht vorzutäuschen. Aus Marketingsicht haben sowohl Fachartikel als auch Anwenderbericht und Success Story ihre eigene Berechtigung. Ausgangsfragen für die Nutzung dieser Genres sollten aber immer sein:

Wer soll zu Wort kommen (Kunde oder Hersteller/Anbieter)?
Soll, ausgehend von einer allgemeinen Problematik, eine konkrete Implementierung beschrieben werden?
Sollen die erfolgreiche Umsetzung eines Projekts oder die Implementierung eines Produkts beim Kunden und die damit verbundenen Vorteile beschrieben werden?
Soll Expertenwissen durch eine allgemeine und neutrale Auseinandersetzung mit einem wirtschaftlichen Branchenthema vermittelt werden?

Wenn Unternehmen diese Fragen eindeutig beantworten können, fällt es ihnen leichter, die zur beabsichtigten PR-Strategie passende Textsorte zu verwenden. Für das Unternehmensimage kann dies nur vorteilhaft sein.