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Regulierungen für Callcenter: Position beziehen

Rechts-Ressort im Call Center Verband Deutschland e.V.
Manuel Schindler | 25.10.2011
Es hat sich als eine Entscheidung mit Weitblick erwiesen, dass der Vorstand des Call Center Verband Deutschland e.V. (CCV) vor mittlerweile acht Jahren ein Rechts-Ressort im Verband schuf. Getrieben durch nicht zu leugnende Missstände kommt die Branche rechtlich nicht zur Ruhe. Das ist gerade jetzt wieder zu spüren: Egal ob Bestätigungslösung, Arbeitnehmerdatenschutz, kostenlose Warteschleife oder Mindestlohn – es „brennt“ mal mehr und mal weniger stark an allen Fronten. Der CCV bezieht Position:

Bestätigungslösung:
Der CCV fordert eine rechtlich fundierte und verbraucherfreundliche Lösung statt der derzeitigen allein politisch motivierten Diskussion. Dabei bringt er als Zugeständnis die eingeschränkte Gesprächsaufzeichnung als mögliche Lösung gegen unlautere Vertragsschlüsse bei telefonisch vereinbarten Wett- und Lotteriedienstleistungen ins Gespräch. Die von den Ländern geforderte Form der Bestätigungslösung für Vertragsschlüsse bei Werbeanrufen würde keinerlei Auswirkung auf die „schwarzen Schafe“ der Branche haben. Gleichzeitig würden dabei redliche Unternehmen unnötig belastet. Die dadurch entstehenden Mehrkosten und Einschränkungen beim Service gingen letztlich zu Lasten der Verbraucher.
Der Verband erneuert stattdessen seine Forderung nach Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Denn der Tenor der im Frühjahr 2011 veröffentlichten Evaluation des Bundesjustizministeriums ist, dass das Gesetz greift. Nur gegen jene, die mit krimineller Absicht unlauter telefonieren, kann es nicht wirken. Dagegen helfen auch keine weiteren Gesetzesverschärfungen für die gesamte Wirtschaft. Hier hilft nur eine konsequente Strafverfolgung durch Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die über besondere Sachkunde zu der überaus komplexen Rechtslage verfügen.
Laut Evaluationsbericht haben lediglich die Verbraucherbeschwerden in den Bereichen Gewinnspiele, Lotterien und Wetten zugenommen. Somit ist allenfalls für diesen Bereich eine Bestätigungslösung denkbar. Der Verband hat dazu zwei konkrete Vorschläge eingebracht.

Arbeitnehmerdatenschutz:
Der CCV begrüßt das Anliegen der Bundesregierung, im Rahmen des aktuellen Gesetzentwurfes den wichtigen Bereich des Arbeitnehmerdatenschutzes klarzustellen. Der Gesetzesentwurf beachtet jedoch nicht die Anforderungen, die Wirtschaft und Verbraucher an die Callcenter Branche stellen, und bedarf daher einiger Korrekturen.
Der Gesetzgeber hat richtig erkannt, dass Qualitätsmaßnahmen für alle Callcenter wichtig sind und sieht daher eine anlass- und leistungsbezogene Datenerhebung, -aufzeichnung und -verarbeitung vor. Diese soll jedoch auf wenige Stichproben beschränkt werden. Betroffen von dieser Einschränkung wären das sogenannte Side-by-Side-Coaching sowie alle anderen Qualitätssicherungsmaßnahmen, die auf der Auswertung von Gesprächsaufzeichnungen beruhen. Dies würde gezielte Schulungsmaßnahmen unmöglich machen.
Eine lückenlose Dokumentation zu Beweiszwecken würde durch dieses Gesetz ebenfalls verhindert werden. Dabei hat der Gesetzgeber der Wirtschaft erst unlängst hohe Auflagen zur Beweissicherung verordnet. Diese verbraucherfreundlichen Regelungen würden nun ins Leere laufen.
Auch die Regulierung zum Einsatz der Telekommunikationsanlage sollte präzisiert werden. Für einen wirtschaftlichen Betrieb, insbesondere wenn die Telekommunikationsanlage das wesentliche Betriebsmittel darstellt, ist die Aufzeichnung und Auswertung von Verbindungsdaten und die darauf basierende Steuerung unerlässlich.
Weiterhin fordert der CCV die Streichung von § 32l Absatz 1 und 5 aus dem Gesetzentwurf und setzt sich somit vehement für einen praxisnahen Arbeitnehmerdatenschutz ein.

Kostenlose Warteschleifen:
Die Änderungsvorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums zum Kabinettsentwurf des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen entsprechen nicht den Interessen der deutschen Callcenter Wirtschaft und der Verbraucher. Der Verband fordert deshalb unter anderem:
1. Gesetzliche Grundlage für kostenlose Warteschleifen für Anrufe aus dem Mobilfunknetz schaffen
Die Politik hat sich sehr schnell für die Kostenfreiheit von Warteschleifen ausgesprochen, ohne die technische Machbarkeit in den Telekommunikationsnetzen (einschließlich der Mobilfunknetze) ausreichend zu prüfen. Aufgabe der Politik ist es deshalb nun auch, für die Umsetzung zu sorgen. Für den Fall, dass es der TK-Branche nicht zeitnah gelingen sollte, einen Lösungsweg für alle Netze zu finden, müssen die Netzbetreiber von der Bundesnetzagentur dazu verpflichtet werden, die kostenlose Warteschleife auch aus dem Mobilfunknetz zu ermöglichen.
2. Schutz der Anrufer vor ungewollter Zwangstrennung vor Ablauf der 120 Sekunden
Aus Verbraucherschutzgesichtspunkten sollte es möglich sein, den Anrufer in der Übergangsphase bis zum Inkrafttreten des § 66g nach 120 Sekunden kostenfreier Wartezeit weiterhin kostenpflichtig warten zu lassen. Technisch lässt sich dies jedoch aufgrund von unterschiedlichen Zeitstempeln in den verschiedenen Netzelementen nicht abbilden. Anders als vom Gesetz eigentlich vorgesehen, wird es zur Trennung der Anrufe nach ca. 100-120 Sekunden kommen, je nach Netzbetreiber-Callcenter Konstellation. Da dies weder im Interesse des Verbrauchers noch im Interesse des Diensteanbieters wäre, sollte der § 150 Abs. 7, der die Übergangsphase regelt, dahingehend geändert werden, dass „mindestens 100 Sekunden der Verbindung ab Rufaufbau für den Anrufer kostenfrei“ sein müssen.
3. Zulässigkeit der Aufnahme von Rückrufwünschen klarstellen
Eine zeitnahe Bearbeitung des Anruferanliegens ohne zusätzliche Kosten für den Verbraucher und ohne unnötige erfolglose Anwahlversuche ließe sich durch das Angebot von kostenfreien Rückrufen gewährleisten. Damit solche Rückrufe möglich sind, muss das Einverständnis des Anrufers zum Rückruf eingeholt und die Rufnummer, unter der der Rückruf erfolgen soll, aufgenommen werden. Unsicherheit besteht aber zurzeit, ob ein solcher Dialog zur Aufnahme des Rückrufwunsches im Sinne des Gesetzes eine Bearbeitung des Anruferanliegens darstellt und somit erlaubt wäre. Dies sollte deshalb ausdrücklich im Gesetz klargestellt werden.
4. Mindestens zwei Weiterleitungen innerhalb der so genannten Bagatellregelung
Von ganz besonderer Bedeutung für die Callcenter Branche ist, dass die vorgesehene so genannte Bagatellregelung, wonach Warteschleifen anlässlich einer Weitervermittlung weiterhin kostenpflichtig sein dürfen, wenn sie nicht länger als 30 Sekunden dauern, nicht auf eine einmalige Anwendung pro Verbindung beschränkt wird. Die Weiterleitung während des Anrufs dient ausschließlich dem Interesse des Verbrauchers und sollte im Rahmen der Bagatellregelung von 30 Sekunden mindestens zweimal im Anruf erlaubt sein.
5. Streichung der Ansageverpflichtungen in § 66g Abs. 2
Die Verpflichtung zur Ansage der voraussichtlichen Dauer der Wartezeit und der Hinweis, warum die Wartezeit für den Anrufer kostenfrei ist, führen im Ergebnis zu einer Verlängerung der Wartezeit für den Anrufer. Die Ansage führt zudem zur Verunsicherung des Verbrauchers, sollte er nach dieser irrtümlicherweise davon ausgehen, dass nicht nur die Warteschleife sondern der gesamte Anruf kostenfrei ist. Die Ansageverpflichtungen sind demzufolge zu streichen.

Mindestlohn:
Der Hauptausschuss beim Bundesarbeitsministerium lehnte Anfang Juli 2011 den Antrag der dbb tarifunion zur Einführung eines Mindestlohns auf Grundlage des Mindestarbeitsbedingungengesetzes ab – es wird also vorerst keinen Mindestlohn für die Branche geben.
Im Februar und März 2011 führte der CCV eine branchenweite anonyme Onlineumfrage zum Mindestlohn durch. Ein Großteil der Befragten sprach sich darin für einen branchenspezifischen Mindestlohn aus. Hierbei votierte eine überwältigende Mehrheit für einen gesetzlichen Mindestlohn; sollte es einen tariflichen Mindestlohn geben, dann sollte dieser allgemeinverbindlich sein. Nach dem Willen von 66 Prozent der Befragten soll der CCV die Arbeitgeberinteressen wahrnehmen, wenn ein tarifvertraglicher Mindestlohn für die Mitarbeiter in Callcentern eingeführt würde. Bei der Frage, ob der CCV hierzu einen separaten Zweckverband gründen sollte, ergibt sich jedoch ein uneindeutiges Bild: 42 Prozent sprechen sich dafür aus, 53 Prozent dagegen.
Auf der Mitgliederversammlung des CCV im Rahmen der CC Science & CCV Herbsttagung wird am 16. November 2011 hierzu ein Mitgliedervoting herbeigeführt.
Weitere Informationen zum Verband gibt es unter www.callcenter-verband.de

Der Call Center Verband Deutschland, gelistet beim deutschen Bundestag, ist Repräsentant der Callcenter Wirtschaft in Deutschland. Im Fokus des Handelns steht die Vertretung der Branche gegenüber Medien, Multiplikatoren und Politik. Darüber hinaus bietet der CCV die ideale Plattform für fachspezifischen Informationsaustausch sowie ein umfangreiches Netzwerk für beste Branchenkontakte. Zu den Mitgliedern zählen führende Unternehmen aus den Bereichen Handel, Banken und Versicherungen sowie aus dem Industrie- und Dienstleistungssektor. Neben großen Service Callcentern sind auch zahlreiche Unternehmen mit eigenen Inhouse Callcentern und Hersteller von Telekommunikationssystemen vertreten.
Seit 2007 nimmt der Call Center Verband Deutschland e.V. (vormals Call Center Forum) die Funktion eines berufsbezogenen Interessenverbandes für die Callcenter Branche war, um deren unternehmerischen Interessen aktiv zu unterstützen. Hierzu engagiert sich der CCV in Gremien auf nationaler und europäischer Ebene, in Sachverständigenanhörungen und als Ansprechpartner für Mitglieder, Presse, Wirtschaft und Politik. Ziel ist es hierbei insbesondere Hintergrundinformationen zu veröffentlichen und an Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik heranzutragen. In dieser Funktion formuliert der Verband die einzelnen Interessen seiner Mitglieder, führt sie zu einem inhaltlichen und regional übergreifenden, solidarischen und realisierbaren Konsens zusammen und fungiert als Sprachrohr der Branche. Darüber hinaus sollen die Mitglieder des CCV zeitnah mit wichtigen und aufbereiteten Informationen versorgt werden, damit sie politische Entscheidungen vorhersehen und in ihre eigenen strategischen und operativen Entscheidungen einplanen können.

Dies ist ein Auszug des kostenlosen eBook „Erfolgreiches Callcenter 2011“.

Unter http://www.erfolgreiches-callcenter.de können Sie im „Download“-Bereich das komplette eBook mit allen Artikeln anfordern.

Hier geht es zur Veranstaltung "Erfolgreiches Callcenter":
http://www.marketing-boerse.de/Termin/details/Erfolgreiches-Callcenter