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SCM: Die Erfolgsfaktoren bei Konzeption und Durchführung - Mit Strategie zum Ziel

Wo sind die Knackpunkte einer funktionierenden Supply Chain und welche Software bietet die optimale Lösung für die jeweilige Aufgabenstellung?
Cathrin Ferus-Leßner | 15.02.2008
Der Kunde ist König – das gilt heute mehr denn je. Nie waren Käufer an-spruchsvoller, nie so wenig bereit, lange Lieferzeiten in Kauf zu nehmen. Die größtmögliche Verkürzung der Lieferfristen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Folge: Große Lagerbestände und ent-sprechend hohe Kosten durch Kapitalbindung und Lagermanagement.
SCM: Die Erfolgsfaktoren bei Konzeption und Durchführung

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Mit Strategie zum Ziel

Ein anderes wichtiges Thema, das den Unternehmern unter den Nägeln brennt, ist die sogenannte Mass Customization, im Klartext: Die Nachfrage nach individualisierten Produkten steigt. Die Folge: Die Variantenanzahl steigt, die Produktionseinheiten werden entsprechend kleiner, Maschinen müssen häufiger umgerüstet werden. Die beiden angeführten Trends belegen, dass die Wünsche des Kunden heute verstärkt in den Vordergrund treten - während gleichzeitig die Unternehmen zunehmend unter Kostendruck geraten. Daraus resultiert die Notwendigkeit, Einsparungen vornehmlich im Produktionsbereich und bei der Lagerhaltung zu erzielen. Die Erreichung dieser Ziele – Sicherung der gewünschten Lieferbereitschaft und Liefertreue bei gleich-zeitig möglichst kosteneffizienter Abwicklung - bedeutet jedoch Veränderungen an jedem Glied der Wertschöpfungskette: von der Beschaffung der Rohstoffe und Vormaterialien über die Herstellung der Halbfabrikate und Fertigwaren bis hin zur Verteilung der Enderzeugnisse an den Endkunden. Genau an dieser Stelle setzt Supply Chain Management an.

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Grundlagen eines zielführenden SCMs

Supply Chain Management ist dann erfolgreich, wenn es gelingt, eine durchgängige Planung aller beteiligten Prozesse über alle Stufen und Abteilungs- bzw. Unternehmensgrenzen zu realisieren. Die allgemeine SCM-Diskussion hat sich in den vergangenen Monaten in verstärktem Maße auf die Verbesserung der involvierten Informationstechnologie fokussiert.

Dabei ist dies nur ein Faktor, der effizientes Supply Chain Management möglich macht. Ein anderer jedoch – und dieser ist häufig viel ausschlaggebender für Erfolg oder Misserfolg des aufgesetzten Projekts - ist die organisatorische Neu- bzw. Umstrukturierung der bestehenden Prozesse. Erst wenn diese zumindest im Konzept steht, kann über den Einsatz unterstützender Softwarelösungen nachgedacht werden. Die Hauptanforderung für erfolgreiches SCM liegt in der Harmonisierung aller an der Wertschöpfung beteiligten Prozesse. Grundlage hierfür ist Transparenz im Daten- und Informations-fluss. Das bedeutet, dass jede Information zu jedem Prozess zu jeder Zeit von jedem Beteiligten eingesehen werden kann. Dies betrifft zum Beispiel Informationen über Kundenbedarfe, Prognose- und Auftrags-werte sowie Bestands- und Lagerbewegungsdaten im Produktionsbereich. Die Koordination der Kette erfordert also eine stärkere Öffnung der Beteiligten hinsichtlich der detaillierten Informationsbereitstellung über ihre Herstellungsprozesse, die aktuelle Kapazitätssituation und auch die Kostensituation.
Harmonisierung aller am Wertschöpfungsprozess Beteiligten bedeutet aber noch mehr: Die Neudefinition aller einzelnen Planungsziele sowie die Auswahl geeigneter Instrumentarien und Methoden für jede beteiligte Abteilung oder Unternehmung. Die Festlegung eines übergeordneten Ziels, beispielsweise Gewinnmaximierung, und dessen konsequente Verfolgung über alle Stufen des Wertschöpfungsprozesses hinweg ist ein wichtiges Thema. In der Praxis bedeutet dies, dass Einzelziele der Beteiligten, die nicht selten in einem Konkurrenzverhältnis zu einander stehen, diesem einen großen Ziel unterzuordnen sind. In der Konsequenz heißt das, dass zugunsten des Erreichens des Gesamtoptimums einzelne Effektivitätsziele unter den Tisch fallen. Dies jedoch darf wiederum nicht zu Lasten der für den jeweiligen Bereich Verantwortlichen gehen, denn deren Koope-rationsbereitschaft und Sensibilisierung für die Wichtigkeit und die Möglichkeiten, die ein effizientes Supply Chain Management für die Zukunft bietet, entscheiden oft maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg des gesamten Projekts.

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Eigener Bereich für SCM

Wie lassen sich alle Beteiligten auf das große Ziel einschwören und die Rahmenbedingungen wie Transparenz und ständigen Informa-tionsaustausch in der Praxis tatsächlich umsetzen? Am einfachsten durch die Einrichtung einer gesonderten und übergeordneten Instanz, die mit der Koordination des Gesamtprojekts betraut ist und über die nötigen Vollmachten verfügt, Einzelziele zugunsten des Gesamtopti-mums zurück zu stellen bzw. um zu definieren. Hier empfiehlt sich die Einrichtung einer speziellen Abteilung für Supply Chain Management. Was in den USA und in Europa auf Konzernebene bereits Gang und Gebe ist, ist nun auch im Mittelstand auf dem Vormarsch. Die Vorteile liegen auf der Hand, denn die übergeordnete Abteilung koordiniert alle Abläufe und Prozesse im Hinblick auf das zu erreichende Gesamtziel. Der Supply Chain Manager ist für die Um- bzw. Neudefinition bzw. Priorisierung von Einzelzielen zuständig und hat weitreichende Entscheidungsbefugnisse, zum Beispiel über die Zuteilung begrenzter Produktionsmengen bei Nachfrageüberhang auf die einzelnen Kunden. Und er hat einen vollständigen Überblick über alle Stufen des Wertschöpfungsprojekts – von der Produktionsplanung über die Netzwerkplanung bis hin zum Kundenservice. Dementsprechend muss der SCM-Manager über hervorragende Managementfähigkeiten verfügen, um den notwendigen Veränderungsprozess aktiv zu gestalten, zwischen den Prozessbeteiligten zu vermitteln und alle Mitarbeiter auf das gemeinsame große Ziel auszurichten.

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Mit Strategie zum Erfolg

Am Anfang eines jeden erfolgreichen Supply Chain Managements steht das Gesamtkonzept. Hier müssen alle Informations- und Material-flüsse und alle Prozessstufen abgebildet sein. Dazu gehören unter anderem Absatzprognose, Kundenservice, Grob- bzw. Netzwerkplanung, operative Planung sowie Rohstoffbeschaffung und Arbeitsvorbereitung. Diese ganze Kette muss der SCM-Verantwortliche komplett durch-planen und die Zuständigkeiten für die einzelnen Prozesse klar definieren. In vielen Unternehmen gibt es bereits eine Langfristplanung, die jedoch häufig nicht mit dem operativen Tagesgeschäft koordiniert wird. Als Folge davon klaffen ursprüngliche Langfristplanung und die Realität weit auseinander. Häufiges Not-fallmanagement ist die logische Konsequenz. Bei der Erstellung eines schlüssigen SCM-Konzepts sollten daher alle einzelnen Prozesse mit den jeweiligen Verantwortlichen genau durchgesprochen werden – inklusive von What-if-Szenarien. Der Konzeptphase sollte ohne große zeitliche Verzögerung die organisatorische und systemische Umsetzung folgen. Empfehlenswert ist dabei der Start mit der Optimierung des operativen Tagesgeschäfts. Grund hierfür sind positive Veränderungen in diesem Bereich, die der Kunde als erstes zu spüren bekommt, und messbare Ergebnisse, die bereits nach relativ kurzer Zeit vorliegen. Auf Basis dieser vorliegenden und tatsächlich umsetzbaren Planungsergebnisse lässt sich nun eine strategische Planung durchfüh-ren. Ein Grundproblem an dieser Stelle sind die immer komplexer werdenden Produktionsprozesse und die Vielzahl der zu berücksichtigenden Stufen. Die Verantwortlichen verlieren zunehmend den Überblick. Da die Erstellung von Produktionsplänen und das Durchspielen von Szenarien viel Zeit in Anspruch nimmt, bleibt zu wenig Spielraum für flexibles unternehmerisches Handeln. An dieser Stelle stellt sich die Frage, in wiefern der Einsatz von Informationstechnologie effizientes Supply Chain Management unterstützen kann.

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Die richtige Lösung finden

Nicht jede Software ist für jede Aufgabenstellung geeignet. Daher lohnt eine genaue Analyse der internen Anforderungen, bevor man sich auf die Suche nach einem Softwareanbieter begibt. Viele Lösungen unterstützen das Supply Chain Management durch eine Verbesserung der operativen Prozesse. Neben Systemen für Bestandsverwaltung oder Produktionssteuerung wie ERP- oder PPS-Systeme gibt es eine Reihe von Softwarelösungen, die speziell für die Koordination der gesamten Lieferkette sowie die Planung und sogar Optimierung aller beteiligten Prozesse entwickelt wurden. Sie lassen sich zwei Kategorien zuordnen: den SCM-Lösungen und den Advanced Planning-Lösungen. Die SCM-Lösungen basieren auf dem Ansatz, dynamische Planungsszenarien zu realisieren und die Reichweite der kontrollierten Prozessschritte über Unternehmens- und Werksgrenzen hinweg auszuweiten. DerSchwerpunkt liegt jedoch im Bereich der Grobplanung. Wie sich in praktischen Anwendungen gerade in jüngster Zeit gezeigt hat, sind allerdings die auf dieser Basis erstellten Produktionspläne nur bedingt umsetzbar oder erfordern aufwändige Nachplanungen, da die Einbeziehung unternehmensspezifischer Restriktionen nicht automatisch in die notwendigen Berechnungen einbezogen werden können. Besser geeigent ist dagegen eine Advanced Planning Software, die beide Bereiche abdeckt: Grob- und Feinplanung. Im Gegensatz zuden klassischen SCM-Lösungen könnenim operativen Bereich auch komplexe Prozesse inklusive Randbedingungen realitätsnah abgebildet und optimiert werden. Erstellte Produktionspläne sind dmit realisierbar. Folglich können Planungsverantwortliche sichere Zusagen über geplante Zugänge auf die jeweiligWarenkonten machen und der Kunde erfährt genau, wann sein Auftrag erfüllt werden kann. Alle dem Produktionsprozess übergelagerten Stufen im Wertschöpfungsprozess profitieren also von der exakten Planung der Produktion.

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Resümee

Für ein umfassendes SCM-Projekt sollte für Konzeption und Umsetzung ein Zeitraum von ein bis zwei Jahren einkalkuliert werden. Dabei darf auf keinen Fall vergessen werden, dass die hierfür eingesetzten Mitarbeiter aus den betroffenen Fachabteilungen für eine bestimmte Zeit nur in begrenztem Maße für die Erfüllung ihrer eigentlichen Kernauf-gaben zur Verfügung stehen. Ansonsten ist der reibungslose Ablauf im Tagesgeschäft gefährdet – und damit das große Ziel der größtmöglichen Zufriedenheit beim Kunden wieder ein Stück weiter in die Ferne gerückt. Andererseits stehen am Ende eines erfolgreich durchgeführten SCM-Projektes optimale Geschäftsprozesse in allen Produktionsbereichen der betrachteten Wertschöpfungskette und die nachhaltige Sicherstellung der entsprechenden Abläufe durch anwenderfreundliche Software-Lösungen.


ERSCHIENEN in IT Management 4/2004, geschrieben für die Axxom Software AG, München.