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Service im Internet – neue Anforderungen, neue Möglichkeiten

Dirk Zimmermann | 29.08.2007
Vielfältige Möglichkeiten

In der Weiterentwicklung des Internet („Web 2.0“) wird es einem breiten Publikum immer leichter möglich, im Internet nicht mehr nur anzuschauen, zu lesen, zu hören, zu beobachten, sondern mitgestaltend und öffentlich kommunizierend teilzunehmen.

Die beiden Aspekte „Gestaltung“ und „Kommunikation“ bieten dabei spezifische Vorteile des Internets, welche eine Sogwirkung auf andere Medien verstärken. Mediale Inhalte können im „Web 2.0“ an einer Schnittstelle von Konsumieren und Mitgestalten, Betrachten und Kommunizieren verortet werden.

Eine besondere Stärke des „neuen Internets“ sind Angebote für sehr „spitze Zielgruppen“, mit einem klar abgegrenzten Interessensgebiet. Theoretisch kann hier jeder mediale Angebote zu seinem eigenen sehr speziellen Interesse finden und sich mit Gleichgesinnten austauschen.

Dies bedingt eine Entwicklung in Richtung der verstärkten „Subjektivität der Mediennutzung“, die durch die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit noch weiter geprägt wird. Immer mehr stehen die Bedürfnisse jedes Einzelnen im Mittelpunkt seiner Mediennutzung, bei der Wahl des gerade gewünschten/genutzten Inhalts oder bei der Wahl des Nutzungszeitpunktes.

Eine grundlegende Frage für die anderen Medien entsteht durch die Verwendung des Internets als Kommunikationsplattform und die Möglichkeit, mediale Inhalte in diesem Kommunikationsprozeß aufzugreifen und einzubinden.

Aus der Perspektive der Nutzungsmotivation zeigt sich dabei eine starke Bindung an das Internet als Kommunikationsmittel. Das bedingt eine permanente Verfügbarkeit und eine damit gekoppelte Nutzung des Internets – als Inhalt oder Transportweg – für andere Anwendungen (vgl. RESULT, Studie „Web 2.0, 2007).


Neue Perspektiven

Nach Ansicht der Zukunftsforschung erzeugen die neuen Webtechnologien vielfältige Möglichkeiten für alle Nutzergruppen.

So verändern sich Benutzerschnittstelle, Informationsqualitäten und Informationsverteilung:

Das Web wird zur Service-Plattform.

Viele Nutzer plagen sich mit dem Aufwand für die Pflege der Software (Updates, Virenschutz) und für die Synchronisierung der Daten Mit webbasierten Anwendungen kann dieses Bedürfnis eingelöst werden. Inzwischen gibt es zahllose Services, die in dieser Weise abrufbar sind, von Kalendern über Projektsoftware bis zur Textverarbeitung. Für den User bedeutet das: Das Web wird umfassender und zugleich bequemer.

Das Web wird zum "Live Space".

Daten werden automatisch aktualisiert, indem Programmierschnittstellen genutzt werden und automatisch aktuelle Informationen auf die Websites der Nutzer holen.
Ein "Echtzeit-Feeling" ist hierbei charakteristisch für viele Webanwendungen– Web und Wirklichkeit treten stärker als bisher in Wechselwirkung. Das Web und die physische Realität gehen eine intimere Verbindung ein, indem beispielsweise die aktuellen Wetterdaten oder der Aufenthaltsort von Freunden „live“ abgebildet werden. Für den User macht diese Dynamisierung das Web aktueller und lebendiger.

Das Web wird zum Mitmach-Web.

Der User ist heute nicht mehr nur Konsument, er wird zunehmend zum Produzenten. Die bekanntesten Formen für sogenannten User-Generated Content sind Weblogs, Wikis, Sharing-Portale für Bilder und Videos. Für den User wird das Web zunehmend zum Aktiv- und Kreativraum – statt passivem Medienkonsum zählt das Einbringen von Können und Wissen.

Das Web wird zum sozialen Über-Raum.

Auf den Social-Networking-Portalen wird die eigene Reichweite für soziale oder Business-Kontakte gigantisch gesteigert, da diese erlauben, Kontakte zweiten oder höheren Grades aufzurufen. Auf diesem Wege ist es möglich, Gleichgesinnte für Beruf oder Freizeit im sozialen Nahraum anzusprechen. Das Web wird also sozialer. Interaktionen wie Kommentieren-im-Blog, Austauschen-im-Chat, Empfehlungen-Abgeben werden selbstverständlich. (vgl. Z_Punkt, „Web 2.0 – Was ist dran“, 2006)


Einzelne Bedürfnisse

Das Internet wird immer persönlicher. Um so interessanter wird es, sich mit Eigenschaften der Web 2.0-Nutzer zu beschäftigen.

Nach einer Studie lassen sich acht Nutzertypen nach Gestaltungs- bzw. Kommunikationsgrad unterscheiden:
Produzenten: Nutzer, denen es in erster Linie darum geht, Inhalte zu veröffentlichen und die dafür die Möglichkeiten des Web 2.0 nutzen. Die „Produzenten“ sind an Kommunikation und Vernetzung nur insoweit interessiert, dass sie der Verbreitung ihrer Werke dient. Die Community an sich ist dabei zweitrangig.
Selbstdarsteller: Personen, denen es in erster Linie um die Darstellung der eigenen Person geht. Klassisches Beispiel für diese Nutzergruppe sind Verfasser von Weblogs oder Nutzer von Profilen auf MySpace.
Spezifisch Interessierte: Gruppe, die die Partizipationsmöglichkeiten des Web 2.0 im Kontext eines ganz bestimmten Interesses oder Hobbys nutzt. Das Web 2.0 bietet dabei den Vorteil, über Nutzergruppen etc. Gleichgesinnte kontaktieren zu können.
Netzwerker: „Netzwerkern“ geht es in erster Linie um den kommunikativen Aspekt, dem öffentlichen und vernetzten Austausch mit anderen Nutzern. Vor allem Nutzer von Social-Networking-Sites wie MySpace fallen in diesen Bereich.
Profilierte: Schnittmenge der vier vorher genannten Gruppen. Nutzen die Möglichkeiten der Kommunikation und der Mitgestaltung gleichermaßen.
Kommunikatoren: Nutzer, die im Kontext ihrer Mediennutzung Gebrauch von den Kommunikationsmöglichkeiten des Web 2.0 machen, aber kein originäres Interesse daran haben, etwas zu gestalten und zu veröffentlichen.
Infosucher: Nutzer, die das Web 2.0 nicht kommunikativ, sondern rein betrachtend nutzen. Öffentliche Kommunikation beschränkt sich auf sporadische Kommentare. Diese große Nutzer-Gruppe konzentriert sich auf den Informationsaspekte von Web-Angeboten (Beispiel: Wikipedia-Leser).

Unterhaltungssucher: In Abgrenzung zu den „Infosuchern“ steht für „Unterhaltungssucher“ vor allem der Unterhaltungsaspekt im Vordergrund. Auch diese Gruppe macht kaum von Kommunikations- und Mitgestaltungsmöglichkeiten im Internet Gebrauch. (vgl. RESULT, Studie „Web 2.0“, 2007)


Unterschiedliche Motivation

Jeder Nutzer hat seine eigenen Anliegen, Zwecke und Ziele im Umgang mit dem Internet
Diese können nicht nur Situation zu Situation variieren, sondern sich durchaus intentional und funktional im Zeitverlauf ändern.
Für das Internet der Zukunft sind daher verschiedene Szenarien vorstellbar:

- Das Internet wird die digitale Dorfkneipe und der globale Tante-Emma-Laden: Neue Technologien und hohe Bandbreiten minimieren die Distanz zum Kunden. Völlig neue Möglichkeiten des Dialogs und der Interaktion tun sich auf. Der User emanzipiert sich durch Netzwerke und Weblogs, die speziell auf seine Interessen ausgerichtet sind. Deren Einfluß auf Kaufentscheidungen nimmt zu.

- Der Kunde macht sich selbst zum König:
Blogs, Käuferportale etc. können über Erfolg oder Mißerfolg eines Produktes oder einer Dienstleistung mitentscheiden. Eigene Blogs helfen Unternehmen, in der Netzwelt relevant zu bleiben. Unternehmen müssen in die Rolle der Nutzer schlüpfen und diese direkt mit Informationen versorgen statt ihnen nur das fertige Produkt anzubieten. Die Unternehmen werden öffentlich.

- Kunden werden zu Lieferanten, Partnern oder auch Wettbewerbern:
Kunden und Geschäftspartner erwarten zunehmend Lösungen und Informationen aus einer Hand und werden künftig stärker in unternehmerische Prozesse eingebunden. Immer mehr Unternehmen erkennen, daß User-generated Content zur Kundenbindung beiträgt. Deshalb werden immer mehr Firmen solche Inhalte in ihre Websites integrieren. (vgl. ANXO, „Trends im eBusiness“, 2007)


Erfolgreiche Lösungen

Ein erfolgreicher Service kann sehr viel zur Gestaltung einer beständigen Kundenbeziehung beitragen. Immer mehr Kunden kaufen im Internet ein – und mit der Zahl der Kunden steigen auch die Anforderungen an den Service im Internet..

Nach wie vor ist es deshalb eine der wichtigsten Herausforderungen, diesen so zu
optimieren, daß der Kunde sich gut betreut fühlt.

Die wichtigsten Geheimnisse des erfolgreichen E-Service sind:

1. Die Internet-Seite muß dem Kunden „zuhören“
Internet-Seiten müssen dem Kunden zuhören. Sie müssen sowohl die expliziten als auch die impliziten Botschaften der Kunden erfassen. Explizite Botschaften sind in diesem Zusammenhang klare Anfragen nach speziellen Informationen. Unter impliziten Botschaften verstehen wir hier Frage- oder Nutzungsmuster, die anzeigen, daß der Benutzer ein Problem mit dem Finden der von ihm gewünschten Botschaft hat. Effektiver E-Service muß beide Arten von Botschaften erfassen. Nur so können Unternehmen adäquat beispielsweise per Mail oder Live-Chat reagieren.

2. Der Kunde erhält, was er will – und das schnell
Sobald Unternehmen wissen, welche Art von Information der Kunde wünscht, sollte die Lieferung schnell erfolgen. Das wichtigste Element im Internet ist Schnelligkeit. Ob Unternehmen nun direkt im Netz auf die Fragen Ihrer Kunden antworten oder ihnen eine E-Mail schicken: Ihre E-Service-Lösung muß ihnen das schnelle Antworten erleichtern.

3. Einfache Gestaltung der E-Service-Leistungen
Die besten Angebote und Inhalte bringen nichts, wenn der Nutzer sie nicht findet.
Deshalb müssen E-Service-Inhalte in hierarchisch geordneten Informationsgruppen,
die die Nutzungspräferenzen des Kunden widerspiegeln, angeordnet sein. Unternehmen sollten beispielsweise in der Rubrik „Unsere Produkte“ nicht nur Informationen anbieten, sondern dem Kunden auch gleich noch die Möglichkeit geben, Shops zu finden, in derer er die Produkte kaufen kann.

4. Mehrere Kommunikationskanäle zur Kontaktaufnahme
Nicht jeder Kunde bevorzugt die gleichen Kommunikationskanäle – deshalb ist es
wichtig, unterschiedliche Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung oder
Kontaktaufnahme zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise per Selbstbedienung – oder aber per Telefon oder Mail.

5. E-Service nach der 80/20-Regel
Erfolgreicher E-Service setzt nicht voraus, daß Sie jede mögliche Kundenfrage online beantworten können. Mehr als 80 % aller Kundenanfragen lassen sich normalerweise mit 20 % der Inhalte einer nach Kundenanfragen zusammengestellten
Wissensdatenbank beantworten. Studien belegen sogar, daß Unternehmen, die E-Service einsetzen, 86 % aller Anfragen mit einer kleinen, fokussierten Zahl von Informationen beantworten können.

6. Bewertung durch den Kunden
Unternehmen können nichts verbessern, wenn Sie ihre Leistung nicht messen. Deshalb ist es wichtig, daß Kunden mitteilen, wie zufrieden sie mit den gelieferten Informationen sind. Dies bezieht sich sowohl auf Inhalte, die sie auf der Webseite finden, als auch auf E-Mail-Antworten auf ihre Anfragen. Kunden schätzen es, die Möglichkeit zu erhalten, sich selbst zu artikulieren, wie die Antwort verbessert werden können. Dieses Feedback fließt dann in die Wissensdatenbank ein.

7. Mehrfach Nutzung von Informationen
Eine eigene Datenbank für internetbasierten E-Service lohnt sich. Doch erzielen Unternehmen einen größeren Return-on-Investment, wenn diese Datenbank an all Ihre Kommunikationskanäle angebunden wird. Denn die Antworten, welche die Kunden per Selbstbedienung auf Ihren Webseiten finden, können beispielsweise auch neuen Callcenter-Mitarbeitern helfen.

8. Navigation des Kunden
Eine der häufigsten Fragen, die auf den Webseiten (besonders auf denen von
Einzelhändlern oder Herstellern) auftauchen, ist die nach der nächsten Filiale oder dem nächsten Outlet, in dem der gewünschte Artikel erhältlich ist. Anbieter sollten es dem Kunden einfach machen: Ein Auswahlmenü hilft anhand seiner Postleitzahl oder seines Wohnorts die nächste Filiale oder den Laden in seiner Nähe, der das gewünschte Produkt führt, zu finden – am besten mit Wegbeschreibung.

9. Prinzip der Selbstbedienung
Ohne Automatisierung werden Unternehmen es nur schwer schaffen, den Anforderungen eines guten E-Service gerecht zu werden. Effektive Lösungen setzen darauf, dem Kunden das Prinzip Selbstbedienung so schmackhaft und einfach wie möglich zu machen. (vgl. TRENDLETTER – „9 Tips für effizienten Kundenservice im Web“, 2007)


Fazit

Der Service im Internet muß sich konsequent am Wandel der Kunden orientieren: Im Web 1.0 verhielten sich die Surfer konsumptiv und interaktiv – sie waren online, um zu überleben, im Web 2.0 sind die Nutzer produktiv und arbeiten zusammen, um in der sozialen Vernetzung zu überleben.

Intelligente und dynamische Servicelösungen können den Kunden darin unterstützen.

Mehr Lebensqualität, Individuelles Wohlergehen, Persönliches Wachstum und ein vielfältig strukturiertes Angebot um die Beziehung zum Kunden sind die Kernbedürfnisse, die es für Unternehmen in Zukunft wandlungsfähig zu erfüllen gilt.


Empfehlung

Weitere Überlegungen zur Entwicklung des Service im Internet finden Sie in der Studie "Service Communicates!" unter der Rubrik STUDIEN im Internet:
www.DieServiceForscher.de


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Über Dirk Zimmermann

Dirk Zimmermann interessiert besonders die Förderung des Wissens und die Stärkung der Kompetenzen für eine erfolgreiche Serviceentwicklung.