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Sichtbarkeit in Suchmaschinen

Den Gesamtüberblick bei der Fülle der zur Verfügung stehenden Kennzahlen und Daten zu behalten, ist manuell relativ schwierig.
Sören Bendig | 25.10.2011
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de



Den Gesamtüberblick bei der Fülle der zur Verfügung stehenden Kennzahlen und Daten zu behalten, ist manuell relativ schwierig. Um eine erste Aussage über den Status einer Domain treffen zu können, ist eine aggregierte Kennzahl in Form eines Visibility Ranks (Sichtbarkeitsindex) hilfreich. Dieser zeigt neben der allgemeinen Sichtbarkeit einer Domain in Suchmaschinen auch an, ob die letzten SEO-Bemühungen Früchte getragen haben oder die eigene Domain eventuell von einer (Teil-)Penalty getroffen worden ist. Mit Einzeltools würde sich dieser Erkenntnisgewinn oftmals aufwendig gestalten.

Betrachtet man den deutschen Markt für Tools zur Suchmaschinen-Optimierung, so berechnen die professionellen Anbieter alle einen Visibility Rank. Der Visibility Rank gibt auf Landesbasis die Sichtbarkeit einer Website in den Suchergebnissen der jeweils marktführenden Suchmaschinen wieder – er zeigt also, wie oft eine Domain in den Suchergebnissen auftaucht und vom Suchenden potenziell wahrgenommen wird. Der Visibility Rank ist eine mittels statistischer Methoden errechnete Kennzahl, die sich aus verschiedenen Faktoren zusammensetzt. Zu den wichtigsten dieser Faktoren gehören die Platzierung einer Domain zu wirtschaftlich relevanten Keywords sowie die durch die Platzierung zu erwartende Klickrate [1]. Anhand des Visibility Rank lässt sich die Sichtbarkeit der eigenen Website überwachen, die Stärke der Kennzahl liegt jedoch in der Beobachtung und im Vergleich von Mitbewerbern.


Wie wird ein Visibility Rank berechnet?

Um den Visibility Rank korrekt berechnen zu können, müssen die Resultate von Google & Co. zu einer Vielzahl an Suchbegriffen kontinuierlich beobachtet werden. In der Regel sind dies mehrere Millionen Keywords pro Land, die von Anbietern professioneller SEO-Tools überwacht werden. Auf der Basis dieses festen Referenz-Keyword-Sets wird dann der Visibility Rank errechnet. In diesem Keyword-Set finden sich die interessantesten und wirtschaftlich relevantesten Suchbegriffe wieder. Hierunter fallen in erster Linie Keywords, die vergleichsweise häufig gesucht werden (zum Beispiel „Jeans kaufen“, „Nachrichten“, „Fußball Bundesliga“). Dagegen werden solche Suchbegriffe, die sehr selten gesucht werden (wie zum Beispiel „Die Rolle der Frau im Römischen Reich“), nicht zur Berechnung des Visibility Rank herangezogen.

Einige Anbieter, wie beispielsweise SEOlytics, beziehen zusätzlich solche Keywords in die Berechnung mit ein, die zwar ein geringes Suchvolumen, aber aus einer kommerziellen Perspektive eine hohe Relevanz haben. Die Kennzahl, die zur Bestimmung der kommerziellen Relevanz herangezogen wird, ist der durchschnittliche Preis für einen Klick auf eine Textanzeige zu dem jeweiligen Keyword. In diese Kategorie an Keywords fällt etwa der Suchbegriff „Vergleich private Krankenversicherungen“.


Gewichtung der Suchbegriffe und der Position

Grundsätzlich ist eine Platzierung in den Resultaten zu Suchbegriffen mit einem hohen Suchvolumen oder einem hohen kommerziellen Wert wertvoller als zu Suchbegriffen mit geringem Suchvolumen oder geringem kommerziellen Wert. Des Weiteren spielt die Position innerhalb der Resultate eine große Rolle: Eine Platzierung auf Position 1 hat den höchsten Stellenwert, eine Platzierung auf Position 100 den niedrigsten. Die Gewichtung bevorteilt dabei die ersten Positionen deutlich, da diese auch die meisten Klicks und damit den meisten Traffic erhalten.

Zusätzlich wird bei einigen Anbietern nach den drei Arten von Suchanfragen unterschieden: Navigations- („eBay“ oder „Otto Versand“), informations- („Nachrichten Japan“ oder „Windows installieren Anleitung“) und transaktionsorientiert („Damenpullover kaufen“ oder „Stromanbieter wechseln“). Bei navigationsorientierten Suchen wird Platz 1 noch stärker gewichtet als bei informations- oder transaktionsorientierten Suchen, da der Nutzer hier in der Regel auf der Suche nach der Website eines bestimmten Anbieters ist. Weil diese sich zumeist auf Platz 1 befindet, bekommt sie auch den überwiegenden Teil des Traffics.


Aussagekraft des Visibility Rank

All diese Daten werden letztendlich zu einer Kennzahl, dem Visibility Rank, aggregiert. Sie ist umso höher, je häufiger eine Domain in den Resultaten zu wichtigen Keywords auf den ersten Plätzen gefunden wird und gibt die relative Stärke von Websites im Vergleich zueinander wieder.

Dabei muss jedoch beachtet werden, dass der Visibility Rank gewissen Einschränkungen unterliegt. Dies gilt insbesondere für Nischenmärkte und den Bereich Universal Search. Universal Search-Elemente werden für die Berechnung des Visibility Ranks oft nicht oder nur teilweise berücksichtigt, was insofern nachteilig ist, als dass Universal Search-Elemente die Aufmerksamkeit des Betrachters in hohem Maße auf sich ziehen und diese Aufmerksamkeitsverzerrung nicht durch den Sichtbarkeitsindex abgebildet wird. Auch für Nischenmärkte hat der Visibility Rank nur eine beschränkte Aussagekraft, da Long Tail-Keywords, die häufig zu den wichtigsten Suchbegriffen für Nischenmärkte gehören, (zum Beispiel „Modellbau Märklin Ersatzteil“) in der Regel nicht in die Berechnung einfließen. Für Website-Betreiber aus einem Nischenmarkt oder Websites, die häufig in den Universal Search-Suchergebnissen auftauchen, empfiehlt es sich daher, nicht ausschließlich mit dem Visibility Rank als Kennzahl zu arbeiten. Außerdem überprüfen die gängigen SEO-Tools nur die Top 100-Resultate, was dazu führen kann, dass bei entsprechend schlechtem Ranking zu bestimmten Keywords diese nicht in die Berechnung mit einfließen, obwohl die Domain dazu rankt.


Vergleichbarkeit der Werte

Die Werte verschiedener Tools sind dabei nicht direkt miteinander vergleichbar. Dies liegt daran, dass die Keywordsets, welche für die Berechnung des Visibility Ranks herangezogen werden, bei verschiedenen Anbietern unterschiedlich gewichtet sind.

Auch die Daten für Suchvolumina, sowie die Gewichtung der Positionen in den Suchergebnissen können voneinander abweichen. Dadurch sind die Werte, welche die verschiedenen SEO-Tools ermitteln, nicht identisch, die Markttrends sollten sich jedoch auch bei verschiedenen Anbietern entsprechend widerspiegeln.


Praktische Anwendung des Visibility Rank

Wie lässt sich der Sichtbarkeitsindex in der Praxis anwenden und welche Rückschlüsse lassen sich daraus für die eigene Arbeit ziehen? Der Visibility Rank bietet eine Übersicht über Marktbewegungen, ist ein Indikator für Probleme bei Websites, kann für den Vergleich mit der Konkurrenz genutzt und kann zur Bewertung von Domains herangezogen werden. Wie das im Einzelnen funktioniert, sollen die folgenden Beispiele zeigen.


Übersicht über Marktbewegungen

Der SEOlytics Visibility Rank (im folgenden SVR genannt) bietet eine schnelle Übersicht über die Verschiebungen im Bereich der organischen Suche. Welche Website hat sich verbessert, welche hat sich verschlechtert?

Abb. 1 zeigt die Gewinner und Verlierer der KW 10/2011, die stark an Sichtbarkeit gewonnen beziehungsweise verloren haben. Die Domain antag.de hat beispielsweise um 410 Prozent an Sichtbarkeit im Vergleich zur Vorwoche gewonnen, das bedeutet, sie erreicht in den Suchmaschinen bessere Positionen für mehr Keywords. Diese Bewegungen nach oben oder nach unten können verschiedene Ursachen haben. Einem starken Zugewinn an Sichtbarkeit liegen häufig Veränderungen an der eigenen Website oder besonders einflussreiche Backlinks zugrunde. Der Sichtbarkeitsverlust einer Domain begründet sich häufig in einer manuellen oder algorithmischen Abstrafung, einem Duplicate Content-Problem oder einem Umzug der Website auf eine andere Domain. Gewinn oder Verlust können jedoch auch in einer generellen Veränderung des Google Algorithmus begründet sein. Die Gewinner und Verlierer sind immer ein Indikator für Veränderungen, welche Gründe allerdings tatsächlich ausschlaggebend für die Bewegungen sind, kann nur eine nähere Analyse zeigen.


Indikator für Probleme

Wie bereits erwähnt, kann der SVR auch ein Indikator für eventuelle Probleme oder Abstrafungen, die die Domain betreffen, sowie für Änderungen am Google Algorithmus sein. Zwei Beispiele können dies verdeutlichen:

Beide Domains verfügen über denselben Inhalt (Duplicate Content), das heißt die gleiche Website ist unter beiden Adressen erreichbar. Dies ist problematisch, da so für Google & Co. ein Relevanzproblem entsteht. Das verständliche Ziel der Suchmaschine ist es, dem Nutzer möglichst viele unterschiedliche Inhalte anzubieten, die möglicherweise die Information bereitstellen, die er sucht. Finden sich nun auf zwei Websites die gleichen Inhalte, ist es für die Suchmaschine schwierig zu entscheiden, welche nun die relevante Seite ist und welche im schlimmsten Fall nur kopiert. Findet sich nun kein eindeutiger Hinweis, welche der Domains dem Nutzer angezeigt werden soll und welche nicht, dann wird dies von Google algorithmisch entschieden.

Die Grafik zeigt, dass in den meisten Fällen die Domain frankfurt-airport.de indexiert und in den Suchergebnissen angezeigt wurde. Allerdings gab es Ausnahmen: In den Kalenderwochen 21, 33, 34, 36 und 48 war es jeweils die Domain flughafenfrankfurt.de, die indexiert wurde und eine höhere Sichtbarkeit in den Suchmaschinen hatte. In einigen Kalenderwochen sind beide Domains indexiert und angezeigt worden.

Dieses Problem wäre durch den Seitenbetreiber auf zwei verschiedenen Wegen leicht zu lösen: Er könnte entweder eine der beiden Seiten (im Idealfall die schwächere der beiden Domains, also flughafen-frankfurt.de) über die robots.txt für die Crawler der Suchmaschinen sperren, so dass diese Seite nicht mehr indexiert würde. Oder der Seitenbetreiber könnte eine Weiterleitung von der schwächeren auf die stärkere Domain einrichten. Beide Maßnahmen sind jedoch versäumt worden.

Das zweite Beispiel ist die Domain mister-wong.de. Diese Domain hatte zu Spitzenzeiten einen SVR von 591, sank dann stetig ab und hat seit Kalenderwoche 23/2010 einen SVR, der sich zwischen drei und maximal zwanzig bewegt. Was ist in KW 23 passiert, wovon die Domain sich bis heute nicht erholen konnte?

In der Zeit rund um die Kalenderwoche 23 wurde von Google das Mayday-Update durchgeführt. Dieses Update war eine dauerhafte Veränderung des Suchalgorithmus, die vor allem Long Tail-Keywords getroffen hat – jene Keywords, die jedes für sich kein hohes Suchvolumen haben, aber in der Summe ein hohes Suchvolumen aufweisen und damit auch für eine große Anzahl an Besuchern sorgen können. Nach dem Mayday-Update verloren viele Domains, darunter eben auch mister-wong.de als vermutlich prominentestes Opfer, massiv an Sichtbarkeit. Der aktualisierte Suchalgorithmus legte von diesem Zeitpunkt an bei Long Tail-Keywords größeren Wert auf die Qualität der Inhalte der rankenden Seiten. Da Mister Wong letzten Endes nur eine Linksammlung für die verschiedensten Long Tail-Keywords war, entsprach die Seite in Googles Augen nicht mehr den Qualitätsstandards und wurde durch das Update entsprechend abgewertet.


Vergleich mit der Konkurrenz

Auch für einen Vergleich mit der Konkurrenz eignet sich der SVR. Er zeigt, wie die eigene Website im Vergleich zur Konkurrenz positioniert ist und ob an Sichtbarkeit gewonnen oder verloren wurde. Zur Orientierung: Ein SVR von 7,5 aufwärts bedeutet, dass die Domain unter den Top 1000 der deutschen Websites rangiert. Die folgende Grafik zeigt die E-Commerce-Unternehmen amazon.de, ebay.de, ciao.de und idealo.de im Vergleich.

Amazon liegt mit einem ständig steigenden SVR vorerst uneinholbar vorne. In der Anordnung der anderen drei Anbieter ist jedoch ständig Bewegung. Man sieht, dass ciao.de seit KW 30/2010 kontinuierlich an Sichtbarkeit verloren hat. Idealo konnte dagegen gegenüber eBay Boden gutmachen und hat seit KW 47/2010 sogar eine höhere Sichtbarkeit als eBay.


Bewertung einer Domain

Der Vorteil professioneller SEO-Tools liegt darin, dass diese immer von außen auf Webseiten sehen, unabhängig davon, wem das Projekt gehört. Deshalb ist der SVR auch ein geeignetes Instrument fremde Domains zu beurteilen und zu bewerten und so potenzielle Linkquellen auszumachen. Eine Domain mit einer guten Sichtbarkeit (bei einem SVR größer als 1 kann man von einer guten Sichtbarkeit sprechen) ist hervorragend als Linkquelle geeignet. Allerdings muss hier die Einschränkung für Nischenmärkte beachtet werden: Da die für Nischenmärkte relevanten Keywords (häufig aus dem Long Tail-Bereich) nicht oder nur eingeschränkt in die Berechnung des SVR eingehen, haben Domains aus Nischenbereichen häufig einen trügerisch niedrigen SVR. Es wäre falsch, in diesem Fall den Rückschluss zu ziehen, dass solche Domains nicht als Linkgeber in Frage kommen.


Was kann ein Visibility Rank nicht?

Der Visibility Rank ist praktisch für die erste Analyse einer Domain, doch seine Anwendung unterliegt gewissen Einschränkungen. Einschränkungen gibt es für die bereits erwähnten Nischenmärkte und Domains mit vielen Universal Search-Suchergebnissen, da Keywords für Nischenmärkte und die Aufmerksamkeitsverschiebungen durch Universal Search-Ergebnisse nicht durch den Visibility Rank abgebildet werden.


Traffic und aktuelle Suchtrends

Doch auch Rückschlüsse vom Visibility Rank auf den Traffic einer Domain sind nur in eingeschränktem Maße möglich. Bei den zugrunde liegenden Werten für Suchvolumina handelt es sich meist um Jahresdurchschnittswerte, die keine Trafficspitzen abbilden. Ein massiv gestiegenes Interesse an bestimmten Themen über einen begrenzten Zeitraum lässt sich daher nicht identifizieren. Hierfür können jedoch andere Tools herangezogen werden, beispielsweise Google Insights for Search (http://www.google.com/insights/search/#), Google Trends oder der Alexa Rank (http://www.alexa.com). Trend Keywords, die aktuelle Suchtrends abbilden, werden von einigen Anbietern regelmäßig bei der Berechnung des Visibility Rank berücksichtigt.


Fazit

Durch den Visibility Rank lässt sich die Sichtbarkeit einer Domain in den Suchergebnislisten beurteilen, sowie auch die Entwicklung im zeitlichen Verlauf beobachten. Gibt es Probleme mit einer Domain, so weist ein sinkender Visibility Rank darauf hin. Zieht ein Konkurrent am eigenen Projekt vorbei, zeigt das der direkte Vergleich mit dem Konkurrent sofort.

Eine solche Überwachung wäre auch mit vielen manuellen Einzelmaßnahmen möglich, der große Vorteil des Visibility Ranks ist jedoch, dass sich ohne größeren Aufwand mehrere Projekte überwachen lassen.


Literatur

[1] Vergleiche 2011 Optify, Inc. – The Changing Face of SERPs: Organic Click Through Rate.


Den gesamten Artikel mit Abbildungen finden Sie im Anhang zum Download.