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TV-Spot, PoS, Facebook & Co: Was wirkt wirklich?

Zielgruppen danach zu beurteilen, was sie gerade kaufen, lohnt sich. Schließlich liegen zwischen Joghurt und Auto Welten.
Christoph Spengler | 16.12.2010
Mithilfe der gemessenen Relevanz der Touchpoints können Marketing- und Vertriebsmaßnahmen so ausgerichtet werden, dass entsprechende Zielgruppen optimal erreicht werden. Wie das geht, beschreiben Christoph Spengler und Mona Issa vom Beratungs- und Researchunternehmen Accelerom.

Einen Wochenendtrip mit Freunden buchen, eine Versicherung abschließen, eine neue Kamera kaufen, das perfekte Sushi-Restaurant für das Rendezvous reservieren, das Traumauto zum besten Preis leasen oder einfach nur Joghurt kaufen. So alltäglich diese Beispiele erscheinen, so wichtig sind sie für die Bestimmung des optimalen Marktbearbeitungsmixes und die Ausgestaltung eines markentypischen Kundenerlebnisses. Um zu verstehen, in welchen „Touchpoint-Universen“ sich Junge und Ältere, mobile Internetnutzer, aber auch Kunden und Nicht-Kunden jeweils bewegen, wird es für Entscheider immer erfolgsrelevanter, Transparenz über das komplexe Beziehungsgeflecht zwischen Kaufkontext, Kontaktpunkten und Zielgruppen zu haben. Und dies in einer ganzheitlichen 360-Grad- Betrachtung: von Vertrieb (Point of Sale bzw. Point of Interaction), klassischer Massenkommunikation über indirekte Kommunikation (Public Relations, Word of Mouth, Social Media usw.) bis hin zur persönlichen One-to-One- Kommunikation – on- und offline.

Für die Evaluation, die Analyse und Bewertung von Touchpoints empfiehlt sich eine Outside-in-Betrachtung im Sinne der Zielgruppenorientierung und -nähe. Dabei ist Touchpoint-Analyse nicht gleich Touchpoint-Analyse: Eine rein qualitative oder auch isolierte Beurteilung von Maßnahmen reicht in dieser dynamischen Kommunikationswelt nicht mehr aus. Die Interaktion aller prioritären Maßnahmen und somit die vernetzten Kommunikationsleistungen bringen Erfolg. Wie aber kann man messbar machen, was auf den ersten Blick nicht vergleichbar erscheint?

Um Wirkungstransparenz für den optimalen Marktbearbeitungsmix zu erzielen, werden innerhalb einer 360-Grad-Touchpoint- Analyse rund 70 on- und offline Kontakt- und Interaktionspunkte untersucht. Zur Beurteilung des Leistungsvermögens jedes einzelnen Touchpoints ist eine einheitliche Währung notwendig: Neben der (passiven und aktiven) Reichweite ist dies insbesondere der Touchpoint Value (TP Value). Der Touchpoint Value setzt sich aus einem emotionalen, einem rationalen und einem transaktionalen Element zusammen. Diese dreidimensionale Erfassung entspricht damit dem anerkannten tripartiten Einstellungskonzept aus der Persuasionsforschung.

Die Mess- und Vergleichbarkeit der Touchpoints über die Metrics Breiten- und Tiefenwirkung, respektive Reichweite und Touchpoint Value, ermöglicht eine systematische Optimierung des Marktbearbeitungsmix’. Die Touchpoint-Metrics werden über eine repräsentative Befragung der (potenziellen) Kunden erfasst. Neben den besonders relevanten (Core), den die Markenpräsenz stärkenden (Covering) und den wirkungslosen Touchpoints (Question Mark) werden in der Matrix innovative Kontaktpunkte (Potenzial) für eine zukunftsgerichtete Ausgestaltung des Marktbearbeitungsmix’ herausgefiltert. Diese Touchpoint-Matrix bildet die Grundlage für eine Umgestaltung oder sogar eine Neuausrichtung des Marktbearbeitungsmix’.

Ob etwa neue Medien und Kommunikationsplattformen zur Vermarktung eines Produkts sinnvoll sind, kann über die ganzheitliche Betrachtung aller Kontakt- und Interaktionspunkte ermittelt werden. Nicht die Frage, ob on- oder offline kommuniziert werden sollte oder ob eine Präsenz auf Facebook wichtig ist, ist vorrangig, sondern welche Kontaktpunkte für den konkreten Kaufkontext und die anvisierten Zielgruppen markenstärkend und handlungsauslösend sind. Für den Informations- und Entscheidungsprozess macht es eben einen Unterschied, ob man eine Reise bucht oder ein Joghurt kauft. Aufgrund der gemessenen Relevanz der Touchpoints können Marketing- und Vertriebsmaßnahmen so ausgerichtet werden, dass entsprechende Zielgruppen optimal erreicht werden. Mit dieser direkten – vom Kaufkontext abhängigen – Wirkungsmessung können nachweislich effektivere Entscheidungen hinsichtlich Marketingmix und -budget getroffen werden. Zielgruppenrepräsentative Touchpoint- Untersuchungen aus unterschiedlichsten Branchen bringen für die verschiedenen Kontakt- und Interaktionspunkte bemerkenswerte Ergebnisse zu Tage:

TV-Spots: Will man einen Wochenendtrip buchen, so kann man sich online über Webcams das Hotel oder das dortige Wetter ansehen und sich inspirieren lassen. Bedeutet diese Zunahme an digitalen und unkonventionellen Touchpoints, dass klassisches Paid Media wie TV-Spots und Radiowerbung ausgedient hat? Nicht ganz. Klassische Kommunikationsmaßnahmen sollten keineswegs pauschal als ineffizient und unnötig abgetan werden. Gerade im FMCG-Kaufkontext erzielen diese nach wie vor Spitzenplatzierungen in Bezug auf Reichweite – je nach Produktkategorie zeigen sie sogar die höchsten Werte.

PoS: Ist der PoS auch für Online-Shopper noch der Moment of Truth? Ergebnisse aus der Consumer-Electronics-Branche zeigen, dass die Mehrheit der Konsumenten vor dem Kauf das Produkt im Geschäft nicht nur ansehen, sondern auch anfassen und ausprobieren und damit das Produkt real erleben möchten. Interessanterweise gilt dies sowohl für Online- und Offline-Shopper. Selbst für Marken und Produkte, die vorrangig junge Zielgruppen ansprechen, sind demnach herkömmliche Interaktionspunkte wie das Geschäft und Schaufenster mindestens genauso wichtig wie der Online-Shop und die Web-Seite des Produkts. Der Trend geht allerdings immer mehr in die Richtung: Kauft man online, informiert man sich offline und umgekehrt.

Social Media: Klar ist, dass die zunehmende soziale und mediale Vernetzung über Facebook, Twitter und Co. die Kommunikation verändert. Ob eine Marke beliebt ist oder nicht, wird mittlerweile nicht nur offline im engen Bekanntenkreis (klassisches Word of Mouth), sondern auch online, z.B. mit mehreren Facebook-Friends oder Followern gleichzeitig ausgetauscht. Für Unternehmen bietet dies den Vorteil, ihre Zielgruppen einfach zu erreichen oder mehr über sie zu erfahren und sie gezielt anzusprechen. Um beispielsweise ein Hotel zu buchen, nutzen immer mehr Konsumenten Online-Reviews oder auch Gruppen auf verschiedensten Online-Netzwerken. Wie bewerten andere User den Hotelservice oder das Angebot am Strand? Wie viele Fans hat das Hotel? Während Social Media also für den Tourismusbereich eine außerordentlich wichtige Rolle spielt, hat dies gegenwärtig noch für FMCG einen eher untergeordneten Stellenwert. Dieses Beispiel macht deutlich, dass sich je nach Kaufkontext die Relevanz von Social Media ändert. Welchen Stellenwert hat Twitter im Marktbearbeitungsmix? Wen erreiche ich damit? Denn nicht jeder eingeloggte Nutzer ist auch wirklich 24 Stunden am Tag aktiv und nutzt ausschließlich Online- Netzwerke und Reviews zur Recherche für den nächsten Urlaub – gerade die Aktivität der jungen Zielgruppen wird nicht selten stark überschätzt. Und: In vielen Fällen ist die persönliche Empfehlung von Freunden oder Familie immer noch einer der wichtigsten handlungsauslösenden Kontaktpunkte.

Fazit: In einem immer undurchsichtigeren Umfeld stellt sich die Frage, wie der optimale Marktbearbeitungsmix aussehen muss. Wie ändern sich Wirkung und Effizienz unterschiedlicher Touchpoints je nach Produkt und Kaufkontext? Welche Kontaktpunkte sind wirklich relevant und handlungsauslösend? Welche versprechen erfolgreiche Innovationen? Und welche sind eher zu hinterfragen? Ein analytisches und kreatives Touchpoint-Management liefert die Basis für eine erfolgreiche Steuerung von Maßnahmen und Investitionen. Mit der ganzheitlichen Transparenz aus der 360-Grad-Touchpoint-Analyse wird der Grundstein gelegt für die richtigen Investitionsentscheidungen in der Vermarktung und damit letztlich für das Wachstum von Umsatz und Profitabilität.
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Über Christoph Spengler

Founder and Managing Director of Accelerom AG