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Ungenutzte Potentiale in Onlineformularen erschließen

Ihre Website bietet Onlineformulare, Checkout-Prozesse, über die man Produkte bestellen, sich registrieren oder Self-Services vornehmen kann?
Christopher Mai | 18.10.2011
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de



Ihre Website bietet Onlineformulare, Checkout-Prozesse, über die man Produkte bestellen, sich registrieren oder Self-Services vornehmen kann?

Damit haben Sie automatisch auch Abbrecher, also User, die den Ausfüllvorgang vorzeitig beenden. Und mit diesen Abbrechern verlieren Sie Geschäft. Das ist umso schmerzlicher, weil Sie direkt oder indirekt Geld investiert haben, um die User überhaupt auf Ihre Website zu bringen.

Anstatt diese Verluste als gegeben hinzunehmen, sollten Sie das Potential der Abbrecher als Ihren sprichwörtlichen Goldesel verstehen, der bisher im Schatten stand. Dieser Artikel will Methoden aufzeigen, wie man aus diesen Abbrechern Kunden machen kann.

Abbrüche, der Schattenwert Ihrer Konversionsrate
Von welchem Potential reden wir hier? Wenn Sie die Konversionsrate Ihres Onlineformulars von hundert Prozent abziehen, haben Sie das Potenzial, das Ihnen im Formularprozess verloren geht. Gehen wir einmal von dreißig Prozent Konvertierung von Einstieg bis Ende eines Formulars aus, dann steckt hier also grundsätzlich noch siebzig Prozent Business-Potential drin. Das ist der Schattenwert Ihrer Konvertierung – Ihr Goldesel, um den es hier geht. Und auch wenn Sie diese siebzig Prozent nie erreichen werden, sollte dieser Wert genug Motivation darstellen, sich ausgiebig mit der Zielgruppe der Abbrecher zu beschäftigen.

Keine Patentrezepte, aber jede Menge Ansätze!
Mit diesem Artikel soll gezeigt werden, wie Sie als Online-Marketer durch Formularoptimierungen und Nachfassprozesse diesen Goldesel in Geschäft umwandeln können. Hierbei werden Strategien, Tools und Techniken im Überblick vorgestellt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne zu tief in die fachliche Diskussion einzusteigen.

Wir konzentrieren uns hier auf ein pragmatisches Herangehen, Empfehlungen und Tricks aus der Praxis. Die Kernbotschaften sind hierbei für alle Branchen gleich, denn die User unterscheiden sich nicht in ihrem Verhalten: Niemand füllt gerne lange und komplizierte Formulare aus. Das gilt für die Besucher einer Behördenwebsite, genauso wie für die User eines smarten Onlineshops.

To Dos
Priorisierung der Prozesse und Onlineformulare aus betriebswirtschaftlicher Sicht erfolgt? Wo verlieren Sie am meisten User und welche Marge geht Ihnen durch Abbrüche verloren?


Onlineformulare: Alle reden mit und viel Abhängigkeiten

Wer ernsthaft beschließt, seine Onlineformulare zu optimieren und effiziente Nachfassprozesse zu bauen, der stößt zwangsläufig ein großes Projekt an. Denn mit den Onlineformularen sind häufig DIE Kernprozesse des Unternehmens betroffen und jede Änderung muss in ihrer Auswirkung genauestens getestet und nach Live-Stellung im Betrieb überwacht werden.

Auch das Aufsetzen von effektiven Nachfassprozessen ist zeitaufwendig, da es in der Regel mehrere testenswerte Optionen gibt. Und diese Tests brauchen in der Regel Zeit, um auf ausreichend große Fallzahlen zu kommen.

Ein Onlineformular – viele Sichtweisen
Onlineformulare sind das Ergebnis unterschiedlicher Disziplinen und damit unterschiedlicher Sichtweisen. Das geht von der fachlichen Verantwortung eines Produktmanagers über die Rechtsabteilung bis hin zur rein technischen Sichtweise der IT.

Sie als Online-Marketer müssen versuchen, den Prozess möglichst schlank zu halten. Die business-kritischen Anforderungen der Stakeholder übersetzen Sie so in den Onlineprozess, dass sie für den User keine Hürden darstellen, die zum Abbruch führen.

Das Thema Onlineformulare hört sich langweilig an, aber wer sich darauf einlässt und Zeit und Energie investiert, der wird ganz direkt mit der Steigerung der Konversionsrate belohnt.

„Topfgucker“: Abbrecher aus Neugier
Schauen wir uns das Potential der Abbrecher genauer an. Da gibt es die „Topfgucker“: Das sind die User, die, sobald sie einen Button sehen wie „Abschließen“, „Beantragen“ oder „In den Warenkorb“, einfach mal klicken. Seien wir ehrlich, das macht jeder von uns einfach aus Neugierde, um zu sehen, wie die Prozesse umgesetzt wurden. Also einfach mal in den Topf schauen, ohne wirklich essen zu wollen.

Aber diese Klicks beeinflussen Ihre Konvertierungsquote, da sie mit in die Anzahl der Einsteiger in das Formular gerechnet werden. Daher sind auch in einem mehrseitigen Formularprozess die Abbrüche am Anfang sehr hoch.

Egal wie viel Mühe Sie sich mit Optimierungen geben, diese User wird es immer geben und das ist auch okay, denn wer dreimal den Topfdeckel anhebt, bekommt dann irgendwann vielleicht doch Appetit. Wir werden an dieser Stelle nicht weiter auf sie eingehen. Alle anderen User, die abbrechen, sind genau das Potenzial, mit dem wir uns hier beschäftigen wollen und dem wir uns in drei Stufen nähern wollen.


Effizientere Onlineformulare in drei Stufen

Startpunkt sollte immer eine Formularoptimierung sein. Von offensichtlichen Verbesserungen bis hin zu strukturellen und prozessualen Grundsatzfragen können Sie – je nach Umfang und Komplexität des Onlineformulars – zwischen zwei und vier Monaten rechnen. Danach sind Sie an einen Punkt angekommen, an dem sich eine Online-Marktforschung lohnt, um herauszufinden, warum User jetzt noch abbrechen. Je nach Abbruchzahlen und Bereitschaft der User, an einer Umfrage teilzunehmen, können Sie hier zwischen vier und acht Wochen Laufzeit einplanen. In der Erhebung können Sie durchaus wieder Erkenntnisse generieren, die auch wieder zu Formularoptimierungen führen. Die Projektphasen haben häufig Rückkopplungen auf vorhergehende Phasen, weil immer neue Learnings generiert werden.

Das Entwickeln, Testen und Aufsetzen von Nachfassprozessen ist eine höchst individuelle Projektphase und kann durchaus zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen. Das hängt davon ab, wie viele Optionen Sie gegeneinander testen wollen und wie aufwendig die Testszenarien umzusetzen sind. Im Folgenden werden die drei Stufen aus der Nähe betrachtet.


Stufe 1: Onlineformular-Optimierung – Aufräumen und vereinfachen!

Über Onlineformular-Optimierung schaffen Sie es, mehr User im Prozess zu halten. Das sollte Ihr primäres Ziel sein, denn damit sparen Sie Kosten und Aufwand für Nachfassprozesse. Die Mission lautet also: Den User direkt im Prozess konvertieren!

Grundsätzlich gilt, dass man im ersten Schritt auch schon ohne große finanzielle Mittel seine Onlineformulare optimieren kann. Die folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Aufzählungsreihenfolge kann aber grundsätzlich auch als sinnvolle Umsetzungsreihenfolge verstanden werden.


1. Desk Research: Sie wissen schon mehr als Sie denken!

Nahezu jedes Unternehmen hat für seine Traffic-Analyse Tools im Einsatz, um Werte wie Pageimpressions und Visits statistisch auswerten zu können. Das geht von einfachsten Freeware-Tools bis hin zu hochprofessioneller Software, deren Implementierung ein eigenes Projekt darstellt. Folgende Auswertungen können aber in der Regel alle Tools:

Abbrüche im Formularverlauf
Analysieren Sie die Webstatistiken Ihrer Onlineformulare und prüfen Sie, wie sich die Abbrüche im Verlauf des Onlineformulars entwickeln. Hierbei kann man die Konversionsrate von einer Seite zur anderen messen und die Gesamt-Konversionsrate, also die vom Einstieg in das Formular bis zur letzen Seite. Über eine grafische Aufbereitung, die den Verlauf der Konversionsrate über alle Masken visualisiert, identifizieren Sie ganz einfach die Masken, die zu überdurchschnittlichen Abbrüchen führen. Hierbei können Sie Pageimpressions oder Visits Ihrer Analyse zugrunde legen.

Womit surfen Ihre User?
Ihr Webanalyse-Tool bietet in der Regel auf anonymisierter Basis Auswertungen, die Ihnen schon eine Menge über Ihre User verraten.

• Welche Browser sind in welcher Verteilung im Einsatz?
• Mit welchen Bildschirm-Auflösungen surft der Großteil der User?
• Welche Betriebssysteme sind im Einsatz?
• Wie stark ist schon die Anwendung mobiler Devices?

Und setzen Sie diese Merkmale mit der Konversionsrate in Beziehung. Ein Beispiel: Gibt es Auffälligkeiten im Abbruchverhalten unterschiedlicher Browser in den Formular-Strecken?

Scheitern hier User ganz einfach, weil ihr Browser Probleme mit einem Onlineformular hat? Oder Sie stellen einmal die Auflösung Ihres Monitors auf die, die der Großteil Ihrer User im Einsatz hat, und versuchen Sie, Ihre Onlineformulare auszufüllen.

Fehlerprotokolle – Die Blackbox für Onlineformulare
In der Regel werden Fehleingaben der User, die bei einem Wechsel von einer Maske zur anderen vorkommen, protokolliert. Diese sind in der Regel nicht in den Standard-Reportings enthalten und müssen gesondert angefordert werden. Mit diesen Protokollen kommen Sie an wertvolle Informationen. An welchen Feldern und warum scheitern die User am häufigsten? Was sind typische Fehleingaben? Sie werden überrascht sein, was eine solche Analyse schon zutage fördern kann.

User-Feedback und Beschwerden – Eine Goldgrube!
Ein Teil unzufriedener User, der in der Formularstrecke auf Probleme stößt, meldet sich per Mail oder Call. Die Informationen, die Sie hieraus generieren können, sind für Sie goldwert. Aber um sie auswerten zu können, müssen Sie sie erst einmal bekommen. Daher ist es wichtig, alle betroffenen Schnittstellen zu sensibilisieren, wie mit solchen Beschwerden umgegangen werden soll. Ziel ist es, ein möglichst umfängliches und aussagekräftiges Fehler-Reporting zu gewährleisten. Was ist damit gemeint? Sorgen Sie dafür, dass bei Kundenproblemen mit dem Onlineformular, so strukturiert wie möglich und so viel Infos wie möglich abgefragt werden. Auf welcher Maske und bei welchem Eingabefeld hatte der User Probleme? Kann der User einen Screenshot schicken oder kennt er die genaue Fehlermeldung? Welches Betriebssystem und welchen Browser-Typ in welcher Version benutzte der User? Für die Fehlerrekonstruktion und -beseitigung sind diese Infos unerlässlich.


2. Formulargestaltung: Dos und Don’ts

Aus Ihrer Analyse werden Sie schon eine Menge an Optimierungspotential für Ihre Formulare identifiziert haben, die im Rahmen von Quick Wins umgesetzt werden können. Im Folgenden werden Ansatzpunkte aufgeführt, die zum Teil die Struktur Ihrer Onlineformulare in Frage stellen und auch völlig neue Optionen aufwerfen.

Um hier eine saubere Entscheidung treffen zu können, hilft nur eins: Testen Sie, soviel es geht!

Im Idealfall testen Sie im Live-Betrieb die unterschiedlichen Ansätze im A/BVergleich indem Sie abwechselnd dem User das Onlineformular in Version A und dann in Version B ausliefern. Dann müssen Sie nur noch messen, welche Version besser konvertiert. Und auch hier gilt, dass die hier genannten Aspekte auch in der Reihenfolge, in der sie aufgezählt sind, sinnvoll anwendbar sind. Denn bevor Sie Eingabefelder in einem Labortest auf ihre Usability testen, sollten Sie erst einmal klären, ob diese Felder überhaupt notwendig sind für den Geschäftsprozess. Und im Rahmen der ersten Optimierungen gelangen Sie fast zwangsläufig zu ganz konkreten Fragestellungen, die Sie in einem Usability-Lab beantwortet haben wollen.

Medienbrüche – DER Konversionskiller
Überprüfen Sie Ihren Onlineprozess: Gibt es unnötige Medienbrüche? Häufig wird vom User verlangt, ein online erstelltes Formular auszudrucken, zu unterschreiben und dann per Post an das Unternehmen zu senden. Ebenso ist es Usus, eine Mail mit Bestätigungslink zu versenden, die der User aufrufen muss und den Link aktivieren muss, um einen Geschäftsvorfall abzuschließen.

Diese Prozessschritte mögen aus rechtlicher Sicht absolut notwendig sein. Aber genauso unbestritten ist, dass jeder Medienbruch Konversionsrate kostet. Jede Aktion, die den User aus dem Onlineprozess reißt oder einen zusätzlich Kanal notwendig macht – sei es auch nur der zusätzliche Aufruf seines E-Mail-Accounts – ist eine potenzielle Hürde und an dieser scheitern regelmäßig auch User. Sehen Sie einen Medienbruch in Ihren Onlineprozessen als einen Graben, über den der Goldesel springen muss. Also sollten Sie sich fragen: Gibt es Alternativen? Könnten Sie nicht im ersten Schritt auf die Unterschrift verzichten und nur auf Basis der digitalen Eingaben den Prozess beenden? Dann holen Sie in einem zweiten Schritt die Unterschrift ein. Könnte eine solche Umstellung des Prozesses die Gesamt-Konversionsrate positiv beeinflussen? Im Idealfall sollte man diese Option testen. In der Realität bedeutet ein solcher Test hohen Aufwand und Kosten.

Hier kann es dann Sinn machen, zunächst einen Business Case zu rechnen. In diesem Fall kennen Sie ja die Zahl der Abbrecher durch den Medienbruch. Schätzen Sie konservativ, realistisch und optimistisch den Anteil der User, die dann den Prozess zu Ende bringen werden, wenn Sie den Prozess umstellen würden. Welcher Ertrag erwächst dem Unternehmen daraus für die jeweiligen Szenarien? Dann halten Sie diesen Erträgen die Kosten der Prozessumstellung im Setup und in den Folgekosten gegenüber.

„Fasse Dich kurz!“
Für Onlineformulare gilt: „Je mehr Abfragen – umso mehr Abbrüche“. Jedes Eingabefeld, mit dem sich der User beschäftigen muss, ist wie ein Hindernis vor dem er „verweigern“ kann. Hierbei ist es nicht unbedingt das eine Feld, sondern die Summe der Felder und damit die Summe der potenziellen Irritationen und Unsicherheiten beim User, die dann letztlich zum Abbruch führen. Die individuelle Leidensbereitschaft definiert dann, wo und wann der einzelne User aussteigt. Also reduzieren Sie die Anzahl der Abfrage- und Eingabefelder, soweit es geht. Prüfen Sie, welche Abfrage-Felder sich in der Historie der Applikation eingeschlichen haben, die nicht für den Prozess notwendig sind.

Ein Beispiel: Die Rechtsabteilung wird im Zweifelsfall den Kunden am liebsten seitenlange rechtliche Bestimmungen anzeigen wollen, denen er dann einzeln explizit per Klickbox zustimmen soll. Das ist rein fachlich absolut verständlich, denn es muss sichergestellt sein, dass der Kunde der Speicherung seiner Daten zustimmt und dass er Ihre AGBs akzeptiert. Der Anspruch, den Sie als Online-Marketer aber haben sollten, ist es, den Onlineprozess für den User möglichst schlank und einfach zu halten. Konfrontieren Sie User nur mit dem Notwendigsten.

Also: Können mehrere Abfrage-Felder möglicherweise zusammengeführt werden und die AGB in voller Textform in einem Layer überführt werden?

Auch schon kleinere Verbesserungen helfen in der Regel. Reduzieren Sie die Auswahlmöglichkeiten innerhalb einer Abfrage, das erleichtert den Überblick und die Orientierung. Ein häufig betrachtetes Phänomen ist über die Zeit eine „Formular-Verfettung“. Formulare, die im Setup zehn knackige Abfragen hatten, sind nach zwei Jahren auf 18 Fragen (mit zusätzlichen Unterabfragen), vier Fußnoten und drei Textfelder mit Erläuterungen der Felder angewachsen. Die Begründung liegt darin, dass häufig versucht wird, mit den Onlineformularen auch das letzte Problem und das kleinste Detail, das nur eine Splittergruppe der User interessiert, abzufangen. Dies ist der Worst Case: Sie „belästigen“ neunzig Prozent der User mit einer Konstellation, die diese nicht interessiert und womöglich führt genau das zu Irritationen und Abbrüchen.

Formulare zu kürzen ist der Königsweg, aber auch die Königsdisziplin. Sie werden im Unternehmen vermutlich immer jemanden finden, der sich dafür einsetzt, ein Eingabefeld zu behalten. Hier braucht es Beharrlichkeit und Überzeugungskraft. Gehen Sie hier ruhig schrittweise vor. Wenn Ihre ersten Feldreduzierungen eine Erhöhung der Konversionsrate zeitigen, haben Sie gute Argumente auf Ihrer Seite. Erst wenn das für den nackten Geschäftsprozess absolut notwendige Set an Abfragen erreicht ist, sind Sie am Ziel.

Möglicherweise kommen Sie auf einen völlig neuen Onlineprozess, der viel schlanker ist als der Standard-Prozess. Wenn ein Test auf Live nicht möglich ist, wäre dies ein optimales Testszenario für Ihr Usability-Lab. Der Prozess ließe sich als Dummy-Anwendung aufsetzen, ohne damit verbundene Folgeprozesse im Backoffice für eine nur kurze Testphase aufwendig umstellen zu müssen.

Beratungsintensive Produkte – wirklich onlinefähig?
Onlineformulare sollten im Idealfall nur einfache und eindeutige Abfragen beinhalten. Onlineformulare sind nicht der Ort, dem User komplexe fachliche Zusammenhänge zu erklären. Akzeptieren Sie auch, dass das Web nicht das Allheilmittel ist. Manche Produkte oder Dienstleistungen sind fachlich und inhaltlich so komplex und brauchen so umfassende individuelle Beratung, dass Sie sie nicht in ein allgemeinverständliches Onlineformular umsetzen können. Hier kann es durchaus sinnvoll sein, nicht direkt den Auftrag im Onlineprozess erfassen zu lassen sondern nur das Produktinteresse – den Lead – und erst im Nachgang den User zu konvertieren.

Und nach wie vor gilt, dass die Abfrage sensibler Daten wie zum Beispiel Einkommen, Familienstand oder laufende Kreditverpflichtungen eine besondere Hürde im Prozess ist. Einige User werden mit der Eingabe keine Probleme haben, für andere ist es ein absolutes „No Go!“. Bei der Entwicklung von Nachfassoptionen kann dies ein interessanter Aspekt sein.

Clever: Formulare, die mitdenken
Machen Sie Ihre Formulare so intelligent wie möglich, gehen Sie so individuell wie möglich mit den Usereingaben um. Ein User, der den Auftrag allein erteilen möchte, sollte nicht standardmäßig mit den Abfragedaten für einen zweiten Auftraggeber konfrontiert werden. Wählt der User eine Option nicht an, müssen ihm die dazugehörigen Unteroptionen gar nicht erst angezeigt werden. Überprüfen Sie so alle Masken und reduzieren Sie durch einen „Ziehharmonika-Effekt“ bei Aktivierung einer untergeordneten Auswahl dynamisch den Umfang und die Tiefe der Abfragen.

Formatieren, Clustern – Alles in Reih‘ und Glied!
Unstrukturierte Formulare sind ein Graus. Schon auf den ersten Blick erfasst man, dass da etwas nicht ganz stimmt. Die optische Unruhe und die fehlende Ordnung machen den Ausfüllvorgang zum Kraftakt. Helfen Sie Ihren Usern und räumen Sie auf. Legen Sie möglichst wenig Fluchtlinien in der Grundordnung des Formular-Layouts an und richten Sie alle Elemente daran aus. Normieren Sie Feldlängen und Eingabefelder so gut es geht. Sortieren Sie auch nach Inhalten. Alle Abfragen zur Person in einem Cluster zusammenführen, alle Fragen zur Bestellung in einen anderen Cluster integrieren. So kann der User beim Ausfüllen sich jeweils auf ein Thema konzentrieren. Auch marginale Eingriffe können hier zu einem echten „Aha-Erlebnis“ werden.

Orientierung: Sie sind hier – und hier geht es lang!
Häufig fehlen für ein einfaches Durchlaufen von Onlineformularen nur klare Hinweise. Ein auffälliges „Weiter“ rechts unten im Onlineformular ist gelernt und hilft beim Seitenwechsel. Vermeiden Sie es, auf einer Seite mehrere „Callto-Actions“ zu setzen, die in Konkurrenz miteinander stehen, das verwirrt nur. Entscheiden Sie sich, was der User tun soll. Setzen Sie einen eindeutigen „Callto-Action“!

Zeigen Sie dem User mit einer Fortschrittsanzeige an, wo er sich im Prozess befindet, was er schon geschafft hat und was er noch vor sich hat. Damit schaffen Sie Transparenz und vermeiden Frustration beim User.

Maskenreihenfolge – nicht in Stein gemeißelt!
Ist die Maskenarchitektur Ihres Onlineprozess schon optimal? Testen Sie, wie sich die Variation von Maskenreihenfolgen und Maskenlängen auf die Konversionsrate auswirkt. Grenzen sind hier durch eine logische Reihenfolge der Masken und technische Restriktionen gesetzt. Genannt sei hier zum Beispiel ein Webservice, der Daten nur in einer bestimmten Reihenfolge verarbeiten kann. Im Idealfall testen Sie so unterschiedliche Szenarien im A/B-Verfahren gegeneinander. Hier gibt es Softwaresysteme und Spezialisten, die Ihnen gerne helfen. Ein weites und aufwendiges Feld, aber es lohnt sich.

Aber je enger Ihre Onlineprozesse an starre Backoffice-Prozesse gekoppelt sind, um so mehr sind diesem Testfeld im Live-Betrieb Grenzen gesetzt.

Unabhängig davon sind solche strukturellen Fragestellungen ideal für ein Usability-Lab. Hier können Sie Maskenreihenfolgen und -längen beliebig als Dummy-Anwendung aufsetzen, ohne dass aufwendig Backoffice-Prozesse für einen Live-Test angepasst werden müssen. Mit den Erkenntnissen dieser Tests kommen Sie der Möglichkeit, einen Business Case zu rechnen, schon wieder ein Stück näher.

„Hausfrauentests“ – Einfach, aber effektiv!
Akzeptieren Sie, dass Sie als Mitentwickler oder fachlicher Betreuer einer Formularstrecke mittlerweile wahrscheinlich betriebsblind sind. Sie gehen mit schlafwandlerischer Sicherheit durch Ihre Masken, kleine und große Ungereimtheiten kennen Sie in- und auswendig und blenden sie einfach aus. Bevor Sie ein professionelles Usability-Labor aufsuchen, lohnen sich sogenannte „Hausfrauentests“. Bitten Sie ein paar unbedarfte Kollegen oder Bekannte, den Onlineprozess zu durchlaufen. Setzen Sie sich daneben und schauen dem User über die Schulter. Dies hat zwar nichts mit einem professionellen Usability-Lab zu tun, aber für erste Erkenntnisse sind solche Tests absolut geeignet. Neben den oben vorgestellten Optimierungsansätzen folgen hier ein paar Klassiker, die bei solchen „Hausfrauentests“ regelmäßig auffallen:

Feldbeschreibungen sind nicht verständlich, die Hilfetexte nicht eindeutig oder werden erst gar nicht gefunden.

Unklare Benutzerführung. Der Benutzer ist sich über die Funktionsweise des Formulars im Unklaren. Was muss er jetzt machen, worauf muss er klicken?

Fehlertexte werden nicht am Feld angezeigt sondern am Ende der Seite, der User muss mühselig Fehlerhinweis und Feld in Verbindung setzen.

Gleiche Elemente im Formular werden unterschiedlich präsentiert – Lerneffekte beim User werden damit zunichte gemacht.

Die Liste an Usability-Aspekten ließe sich hier unendlich erweitern. Wenn Sie also all die oben beschriebenen Maßnahmen durchgeführt haben und Sie ganz konkrete Fragen und Optionen identifiziert haben, die getestet werden sollen, ist der Zeitpunkt für ein Usability-Lab gekommen.


3. Usability-Lab – Lernen Sie von den Usern!

Im Rahmen von vordefinierten Tests mit ausgewählten Probanden können Sie nachvollziehen, wie sich Ihre Onlineformulare so schlagen. Und der Vorteil zum Live-Test oder zum A/B-Test ist, dass der Interviewer den Probanden befragen kann und die Motivation herausfinden, warum er sich für einen Klick entscheidet oder eben nicht. In der Regel können Sie hier auf externe Dienstleister zurückgreifen, die die komplette Organisation, Koordination, Durchführung und Dokumentation der Ergebnisse übernehmen. Unbestritten sind die Ergebnisse eines Usability-Labs in der internen Diskussion für Sie goldwert. Theorien wie „Ach, das versteht der User schon!“, können Sie dann Fakten entgegensetzen.

To Dos
Mit Web-Analytic-Tools können Sie das User-Verhalten im Onlineprozess analysieren. Fehlerprotokolle und User-Feedback sind vorhandene Quellen, um offensichtliche Probleme in den Onlineprozessen zu identifizieren. Goldene Regeln der Formulargestaltung: Kurz, einfach, keine Medienbrüche und viel testen. Nutzen Sie alle Gestaltungsspielräume, um Formulare zu vereinfachen. Improvisierte „Hausfrauentests“ geben ersten wertvollen Input. Identifizieren Sie die Kernfragen und Testszenarien, die Sie im Usability-Lab beantwortet/getestet haben wollen.

Online-Marktforschung im Abbruch
Nachdem Sie die genannten Optimierungsansätze umgesetzt haben, lohnt es sich über die dritte Zielgruppe nachzudenken: Das echte Nachfasspotential! Denn egal, wie gut Sie Ihre Onlineprozesse und Formulare bauen, es wird immer Abbrecher geben. „Aber, warum brechen Sie ab?“ – das ist die Kernfrage, die es erst einmal zu beantworten gilt. In Usability-Labs erfahren Sie viel über die Schwächen Ihrer Formulare, aber warum Ihre User in der Realität abbrechen und welche Gründe in welchen Ausmaß dafür verantwortlich sind, werden Sie so nicht herausfinden. Für diese Aufgabe empfehlen sich Onlinebefragungen im Abbruch. Auf grundsätzliche Fragestellungen und Regeln der Marktforschung soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Vielmehr möchte ich hier auf Besonderheiten bei der Konzeption und der Umsetzung einer Online-Marktforschung im Formular-Abbruch eingehen.

Layer, Pop-up, Pop-under – Die Technik macht den Unterschied
Wer hat das noch nicht erlebt, dass man eine Seite verlässt und sofort geht ein Layer oder ein Pop-up auf und wir werden aufgefordert eine Frage zu beantworten oder, oder, oder …. Erst wenn wir der Aufforderung nachkommen oder den „Schließen“-Button klicken, können wir weiter machen.

Und genau diese Grund-Mechanik wollen wir nutzen, um bei Ausstieg aus einer Formularstrecke die User zu einer Online-Marktforschung einzuladen. Ein Begriff, der für eine solche Befragung genutzt wird, ist die OnExit-Befragung. Hierbei können Sie dann im Detail unterschiedliche Mechanismen wählen, wie die Marktforschung technisch umgesetzt wird.

Wir wollen hier kurz die Vor- und Nachteile der unterschiedlicher Umsetzungsoptionen betrachten:

Layer
Eine einfache Lösung sind die beschriebenen Pop-up-Layer, die sich beim Verlassen des Prozesses öffnen und sehr prominent Ihr Anliegen kommunizieren. Aber das funktioniert leider nur, wenn sich das Ziel der User-Aktion auf IHRER Website befindet. Wird eine fremde Website aufgerufen, greift der Mechanismus nicht und der User surft einfach weiter. Durch diese technische Restriktion kann die Zahl Ihrer Probanden, die Sie mit dieser Mechanik erreichen, im Zeitverlauf möglicherweise nur langsam anwachsen.

Pop-up
Pop-up-Fenster können grundsätzlich auch verwendet werden, sind aber wirkungslos, wenn User ihre Pop-up-Blocker eingeschaltet haben – wovon man heute ausgehen sollte. Außerdem sind Pop-ups, selbst wenn sie nicht blockiert werden, beim User von der Wahrnehmung mit „Werbung“ belegt und finden daher nur wenig Aufmerksamkeit. Für Pop-ups gilt dieselbe Einschränkung wie für die Layer-Lösung: Nur Abbruch-Ziele, die auf Ihrer Website liegen, können mit dieser Mechanik versehen werden.

Pop-under
Auch sogenannte Pop-under-Lösungen – also Fenster, die sich hinter dem aktuellen Browser unbemerkt öffnen – sind denkbar. Der Pop-under wird mit der ersten User-Aktion zum Beispiel dem Aufruf der Formularstrecke im Hintergrund aufgerufen und kommuniziert die OnExit-Befragung. Wenn der User den Prozess mit der letzten Aktion abschließt, wird auch der Pop-under unbemerkt geschlossen. Ansonsten – also wenn der User an irgendeiner Stelle abgebrochen hat – sieht der User beim Schließen seines aktiven Browserfenster den Pop-under. Ideal ist diese Lösung, wenn der User Ihre Website über seine Favoritenliste oder einen Handeintrag einer fremden URL in der Adresszeile vornimmt. Auch dann wird der User im Nachhinein den Pop-under sehen. Sie erreichen mit dieser Mechanik alle Abbrecher.

Der grundsätzlich Nachteil der Pop-under-Lösung ist, dass Sie den User in der Regel nicht im Abbruchmoment „kriegen“, sondern im Worst Case erst Stunden später, wenn er seinen Rechner herunterfährt und er längst mit dem Ausfüllprozess innerlich abgeschlossen hat. Auch wenn die Taskleiste geöffnet ist, wird dem aufmerksamen User im Ausfüllvorgang bewusst, dass sich ein zusätzliches Browserfenster geöffnet hat und die Irritation ist groß, wenn er dieses aktiviert.

Online-Marktforschung – Fragestunde mit dem User
Im Idealfall steht Ihnen ein externes Unternehmen mit einer entsprechenden Softwarelösung zur Seite, das Ihnen bei der Konzeption, Umsetzung und Auswertung mit Rat und Tat zur Seite steht. Unabhängig davon bringen Sie aber das fachliche Know-how mit, das für die Konzeption der Onlinebefragung wichtig ist.

Zunächst einmal sollten Sie sich jede potenzielle Abbruchstelle detailliert ansehen, denn die Exits können sich inhaltlich drastisch unterscheiden. So kann eine Maske mit der Abfrage sensibler Kundendaten völlig andere Abbruchgründe haben, als eine Maske, die noch einmal den aktuellen Warenkorb zur Bestätigung anzeigt. Neben einem Standard-Set an Fragen sollte immer die spezielle Abbruchsituation im Fragenkatalog berücksichtigt werden.

Entwickeln Sie hierzu Theorien, warum ein User auf einer Maske abbrechen könnte und formulieren Sie diese zu ganz konkreten Fragestellungen. Zusätzlich zu dem geschlossenen Fragenkatalog sollten Sie dem User immer auch die Möglichkeit zur offenen Beantwortung geben.

Nach der Umsetzung und dem Ansammeln genügend großer Fallzahlen an ausgefüllten Fragebögen können diese dann ausgewertet werden.

Hierbei werden Sie einerseits wieder Input für Formularoptimierung erhalten und andererseits werden sich ganz konkrete Abbruchgründe herauskristallisieren, die durch keine Formularoptimierung geheilt werden können.

Hier folgt eine branchenunspezifische Liste an möglichen Abbruchgründen:

„Ich wollte meine Daten nicht über das Internet senden.“
„Ich wollte noch eine Nacht drüber schlafen ...“
„Ich war mir unsicher, ob das Produkt X/Y doch das Richtige für mich ist.“
„Es wurde keine Kreditkartenzahlung akzeptiert.“

To Dos
Welche technische Implementierung einer Onlinebefragung im Abbruch ist für Ihre Onlineprozesse am sinnvollsten?
Sammeln Sie Input für mögliche Abbruchgründe und nutzen Sie diese zusätzlich zu offenen Fragen für die Konzeption der Onlinebefragung.

Nachfassprozesse: Kreativität beim Entwickeln, Objektivität beim Testen!
Wenn Sie die in einer Marktforschung erhobenen Abbruchgründe näher betrachten, werden Ihnen fast zwangsläufig schon erste sinnvolle Optionen einfallen, die Sie dem User im Abbruch anbieten können. Für die obigen Antwortbeispiele seien einmal beispielhaft folgende Optionen genannt, die als Angebot an den User Sinn machen könnten: „Ich wollte meine Daten nicht über das Internet senden.“

• Verweisen Sie auf ein ausdruckbares PDF-Formular zum Ausfüllen und Einsenden.
• Verdeutlichen Sie, dass Ihre Prozesse technisch sicher sind und Ihr Unternehmen die Datenschutzbestimmungen einhält.
• Bieten Sie den postalischen Versand eines Info-Packages mit Vertragsunterlagen an. „Ich wollte noch eine Nacht drüber schlafen ...“
• Bieten Sie dem User eine Speicheroption seiner unfertigen Antragsdaten an. „Ich war mir unsicher, ob das Produkt X/Y doch das Richtige für mich ist.“
• Zeigen Sie dem User im Abbruch noch einmal alle Vorteile Ihres Produktes an, nutzen Sie Testsiegel oder Testergebnisse, in denen Ihr Produkt besonders hervorsticht.
• Bieten Sie dem User ein artverwandtes Produkt an.

Nachfassprozesse: Die Besten, nicht die Erstbesten
Lassen Sie sich bei der Entwicklung von Nachfassoptionen Zeit und lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf. Vermeiden Sie es, die einfachste, weil schon bestehende Option – wie zum Beispiel einen E-Mail-Newsletter – standardmäßig an allen Abbruchstellen den Usern anzubieten. Im Rahmen eines Brainstormings kommen Sie schnell pro Abbruchstelle und Abbruchgrund auf mehrere potenziell sinnvolle Optionen.

Aber die Nachfassoption – also die Möhre, die Sie dem Goldesel hinhalten – darf nicht nur dem User schmecken, sie muss sich auch rechnen! Stellen Sie Ihre Nachfassideen auf den Prüfstand. Für eine Vorauswahl sinnvoller Nachfassoptionen sollten vier Aspekte herangezogen werden:

Wie hoch ist die „Qualität“ des Abbrechers?
In die Zielgruppe der oben beschriebenen „Topfgucker“ sollten Sie keinen Aufwand und kein Geld investieren. Abbrecher auf der letzten Maske, wo der Prozess mit nur einem Klick abgeschlossen werden kann, sind natürlich „heiße“ Kandidaten. Hier gehört der Fokus hin!

Sind die Kosten der Nachfassoption angemessen?
Nachfassoptionen sind in der Regel Businessprozesse, an denen natürlich auch Kosten hängen. Ein Beispiel: Eine Funktion, um bei Ausstieg aus einem Onlineformular unvollständige Antragsdaten speichern zu können, ist mit erheblichem Aufwand und Kosten in Setup und Pflege verbunden. Also rechnen Sie für Nachfassoptionen den Business-Case.

• Wie viele User steigen an der Abbruchstelle aus?
• Wie viele User werden das Nachfassangebot annehmen? Schätzen Sie optimistische, realistische und konservative Szenarien.
• Wie viele dieser User werden daraufhin konvertieren? Greifen Sie wenn möglich auf bestehende Erfahrungswerte zurück. So kennt man in der Regel die Konversionsrate für ein Beratungsgespräch im Call.
• Welcher Ertrag kommt dadurch zustande und welche Kosten sind damit verbunden?

Einige Optionen fallen damit ganz schnell aus der engeren Wahl oder bestätigen sich als Favoriten.

Abbruchgrund – Wie gut passt das Angebot?
Einem User, der nach vollständiger Eingabe seiner Daten diese dann doch nicht über das Internet schicken will, wird das Angebot, allgemeine Informationen anzufordern, nicht weiterhelfen. User, die abbrechen, weil sie unsicher sind, ob das Produkt wirklich das Richtige für sie ist, können Sie im Abbruch direkt ein Alternativprodukt anbieten. Fragen Sie sich: Was ist der konkrete Abbruchgrund, kann mein Angebot an den User dieses Problem heilen?

Rechtliche Rahmenbedingungen – Userdaten gehören dem User
Angebote an den User im Abbruch unterliegen wie andere Kommunikationsmaßnahmen rechtlichen Rahmenbedingungen und datenschutzrechtlichen Anforderungen. Grundsätzlich gilt, dass Sie sich für eine werbliche Maßnahme immer die Zustimmung des Users einholen müssen: Sie bieten dem User an, ihn telefonisch zurückzurufen – er muss dem Anruf explizit zustimmen und Sie müssen die Zustimmung im Zweifelsfall nachweisen können. Als grobe Richtlinie gilt, der User muss der Datenspeicherung und Ihrem Angebot immer zustimmen und der User muss verstehen, wofür seine Daten genutzt werden. Diese Spielregeln sollten Sie unbedingt einhalten. Ein laxer Umgang mit diesen kann zu Abmahnungen, Klagen und letztlich für Sie zum Reputationsverlust führen.

Pro Abbruchstelle wird in der Regel immer noch mehr als ein mögliches sinnvolles Nachfass-Angebot bleiben, das Sie dem Abbrecher anbieten können. Jetzt geht es ans Testen. Um einen A/B-Test zu gewährleisten, ist es sinnvoll, den Abbrechern in abwechselnder Reihenfolge die Nachfassoptionen anzubieten. Von der technischen Umsetzung her werden dafür wieder Layer, Pop-up- oder Pop-under-Flächen mit den in Frage kommenden Optionen abwechselnd bespielt. Hierbei müssen Sie sicherstellen, dass jede Option, die Sie testweise anbieten, getrackt und bis zum potentiellen Abschluss gemessen werden kann.

Wenn Sie zum Beispiel ein Info-Package per Post an den Abbrecher senden, sollte das beiliegende Bestellformular ein eindeutiges Kennzeichen enthalten, das dieser Maßnahme zugeordnet werden kann. Oder wenn Sie eine Telefonnummer im Abbruch anbieten, sollten die Anrufe die auf dieser Nummer eingehen, getrackt und die Umwandlungsquote dokumentiert werden können. Mitunter kann es mehrere Wochen dauern, bis die Fallzahlen eine solche Menge erreicht haben, dass die Konversionsrate der Nachfassoption aussagekräftig ist. So können Sie für die Nachfassoptionen den Business Cases rechnen. Bestandteil des Business Case pro Nachfassoption sollte die Menge der Abbrecher sein, die in einem definierten Zeitraum konvertiert werden konnten und die damit verbundenen Kosten.

Letztlich identifizieren Sie die Option, die am besten konvertiert und die dann einen festen Platz in Ihrem Onlineprozess beziehungsweise an der jeweiligen Abbruchstelle findet. Im Idealfall identifizieren Sie eine Nachfassoption, die für den gesamten Prozess am besten konvertiert. Anstelle die Option via Pop-up, Layer oder Pop-under anzubieten, ist es auch denkbar, die Option in den Formularprozess zu integrieren.

Im Idealfall gelingt es Ihnen, die Option als echten Mehrwert für den User zu kommunizieren, so dass die Mehrzahl der User automatisch zustimmt. Wichtig ist hierbei, dass dem User dieses Vorgehen transparent ist, er dieser Maßnahme explizit zustimmt und die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden.

To Dos
Auf Basis der Befragungsergebnisse und mit etwas Kreativität entwickeln Sie einen Ideenpool an Nachfassaktionen.
Bewerten Sie die Optionen nach Kosten, Ertrag, Abbruchkontext und rechtlichen Rahmenbedingungen, um zu einer Vorauswahl zu gelangen.
In auswertbaren Testszenarien müssen die effizientesten Nachfassaktionen identifiziert werden.


Fazit

In Onlineprozessen schlummert ungenutztes Business-Potential. Patentrezepte, diese zu aktivieren, gibt es nicht. Jedes Unternehmen muss hier seinen individuellen Weg gehen. Dieser Weg führt aber grundsätzlich über Analyse, Formular-Optimierungen, Online-Marktforschung und das Testen von sinnvollen Nachfassoptionen. Schnellschüsse und Quick Wins greifen in dem komplexen und business-kritischen Umfeld zu kurz. Beharrlichkeit, Kreativität und sauberes Testing sind die Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg.


Literatur

Usability / User Experience
www.usabilityblog.de – Wie der Name schon sagt: Aktueller Blog rund um das Thema Usability.
www.u-concept.de – Usability-Expertin im Rhein-Main Gebiet. Beratung, Planung und Umsetzung von Usability-Projekten.
http://www.eresult.de – Full-Service Agentur mit dem Fokus auf User Experience und Usability.
http://www.sensible.com – Website des amerikanischen Usability Experten Steve Krug.

Conversion.
http://www.conversiondoktor.de – Der Conversiondoktor bietet aktuelle Links, Infos und Experten Know-how rund um das Thema Conversion.
http://www.ebusinesslab.com – Conversion-Experten mit dem Fokus auf die Optimierung der Online-Bestellprozesse.