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Unternehmen haben es immer schwerer aufzufallen

Inmitten der Informationsinflation wird es immer schwieriger, Kunden aufzufallen und sich vom Wettbewerber abzuheben. Ein Interview das Auffallen.
Mirko Kaminski | 29.08.2008

Warum ist es für Unternehmen so schwer geworden aufzufallen?

Weil es eine Inflation an Informationen, Produkten, Anbietern gibt. 3000 Werbebotschaften prasseln täglich auf jeden von uns ein. Etwa 50 können wir überhaupt nur wahrnehmen. Sie können heute aus 400 Joghurtsorten auswählen – mit 68 Geschmacksrichtungen. Bei Handytarifen gibt es heute in Deutschland 300.000 Tarifoptionen. In den vergangenen 10 Jahren hat sich die Zahl der Produktvarianten um mehr als 400% erhöht. Wir leben in Zeiten des Multioptionismus und eines regelrechten Info-Dickichts. Inmitten dieses Dschungels fällt es immer schwerer aufzufallen.

Wie schafft es ein Unternehmen wahrgenommen zu werden?

Zunächst einmal indem es seine Besonderheit erkennt und die Blicke darauf lenkt. Jedes Unternehmen trägt eine bedeutende Besonderheit in sich. Es geht darum, diesen Diamanten freizulegen und dann unter hellem Scheinwerferlicht auszustellen, um damit aufzufallen und sich eben abzuheben.

Was kann denn besonders sein?

Vieles. Das Unternehmen hat zum Beispiel als einziges seiner Branche eine große eigene Forschungsabteilung. Oder es tut wesentlich mehr für Mitarbeiter als andere, bietet innovative Teilzeitmodelle, einen Betriebskindergarten und außergewöhnlich umfassende Fortbildungsmöglichkeiten. Oder es wird bereits in siebter Generation als Familienunternehmen geführt. Wichtig ist es dann, deutlich zu machen, inwiefern sich die Besonderheit für den Kunden, den Geschäftspartner oder auch einen potenziellen Mitarbeiter auswirkt, wie sich also der Nutzen ausdrückt. Bei einem Familienunternehmen mit langer Tradition kann dies beispielsweise Verlässlichkeit sein.

Wie sollte die Kommunikation des Unternehmens gestaltet sein?

Drei Dimensionen sind entscheidend: Intensität, Kontinuität und Konsistenz. Intensität meint, dass die Kommunikation auf einer kraftvollen Idee fußen sollte und dass sie konzentriert erfolgen sollte. Es sollte mit hoher Intensität auf ein zentrales Thema gesetzt werden, statt sich mit vielerlei Themen und Botschaften zu verzetteln. Kontinuität bedeutet, dass nicht jede Woche eine neue Botschaft vermittelt oder alle 12 Monate die Positionierung geändert werden sollte. Es braucht Zeit und Redundanz, bis eine Botschaft im Bewusstsein der Zielgruppe oder gar der gesamten Öffentlichkeit verfängt. Wenn man sie im Unternehmen selbst schon nicht mehr hören kann, fängt sie erst an, „da draußen“ zu wirken. Und Konsistenz heißt, dass das Unternehmen widerspruchsfrei kommunizieren muss, dass also nicht die Werbung etwas anderes vermittelt als das Direktmarketing oder die Öffentlichkeitsarbeit.

Gibt es ein gutes Beispiel?

Einige. Nehmen wir einmal Dove mit der Initiative für wahre Schönheit. Es ist eine starke und mutige Idee, mit dem hergebrachten Kommunikationsmuster der Kosmetikbranche zu brechen und auf normale Menschen statt auf Models zu setzen. Das ist ehrlich und sympathisch. Es spricht normalen Menschen wie Ihnen und mir aus der Seele. Eine Creme macht einen eben nicht gleich zum Supermodel. Dove setzt seit Jahren auf dieses Thema, also kontinuierlich. Und das über alle Kanäle wie Werbung, Internet, PR hinweg, also konsistent.

Woran liegt es, dass dies viele Unternehmen nicht schaffen?

Hierfür gibt es viele Gründe. Mal unterschätzt die Unternehmensführung, wie stark Kommunikation Werte schöpfen kann. Dann fehlt es unter Umständen am Mut für die starke Idee. Oder die Innensicht überwiegt und es werden Botschaften adressiert, die für den Empfänger da draußen gar keine Relevanz haben. Manchmal behindern sich die Abteilungen im Unternehmen gegenseitig. Jede verfolgt ein anderes Ziel. Die Kommunikation ist voller Widersprüche, das eigene Profil verschwimmt. Das ist insbesondere bedauerlich bei Marken. Denn gerade sie sollten in dem Produkt- und Informationsdickicht Orientierung geben – wie Leuchttürme.

Zur Person:
Mirko Kaminski ist Gründer und Geschäftsführer von achtung! kommunikation (www.achtung-kommunikation.de). Die Kommunikationsagentur mit Sitz in Hamburg und München beschäftigt rund 70 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.