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Verbündete schaffen und Blutsauger bezwingen

Tut uns jemand einen Gefallen, tun wir ihm auch einen. Schenkt uns jemand etwas, überlegen wir, was wir ihm schenken könnten
Stefanie Demann | 15.09.2009
Vampirfledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die sich ausschließlich vom Blut anderer Tiere ernähren. Und sie geben anderen, deren Jagd vergeblich war, davon ab. Aber wehe, eine Fledermaus, die einmal etwas von den anderen bekommen hat, behält das nächste Mal ihre Beute für sich, während andere hungern! Dann wird sie von der Gruppe geächtet – und tut dies nicht noch einmal.

„Ich bin Ihnen sehr verpflichtet“
Das Fledermaus-Prinzip gibt es auch beim Menschen. Hier heißt es nur weniger anschaulich die Reziprozitätsregel. Auch Menschen fühlen sich verpflichtet, sich zu revanchieren. Tut uns jemand einen Gefallen, tun wir ihm auch einen. Schenkt uns jemand etwas, überlegen wir, was wir ihm schenken könnten. Läd uns jemand ein, sprechen wir die Gegeneinladung aus. Das Fledermaus-Prinzip ist mächtig, weil es fest in uns verankert ist und unsere Gefühle beherrscht: das Sich-Verpflichtet-Fühlen (und manchmal auch das schlechte Gewissen).

Das ist OK. Das Gefühl, dem anderen verpflichtet zu sein, stärkt die Gemeinschaft. Wenn Sie sich also Verbündete schaffen wollen, machen Sie es wie die Fledermaus: Tun Sie anderen Gutes! Geben Sie anderen Tipps, machen Sie sie auf Dinge aufmerksam, die sie interessieren könnten, leiten Sie Informationen weiter, die ihnen weiterhelfen. Interessieren Sie sich für die Anliegen ihrer Wunsch-Verbündeten und helfen Sie, ihnen das Leben zu erleichtern.

Lassen Sie sich nicht unfreiwillig zu Verbündeten machen
Das Fledermaus-Prinzip zu kennen, lohnt sich noch aus einem weiteren Grund: Wenn Sie sich davor schützen wollen, von anderen ausgenutzt zu werden und zu Verbündeten von Menschen zu werden, die Sie nur aussaugen wollen.

Denn diese Menschen kennen den Mechanismus ganz genau und ziehen ihren Eigennutz daraus, dass andere sich ihnen verpflichtet fühlen. Selbstsüchtige Blutsauger geben deshalb erst, bevor sie nehmen. Ein Geschäftspartner macht ein großzügiges Geschenk und erzeugt so das unangenehme Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein. Um dieses Gefühl wieder loszuwerden, willigen Menschen dann oft ein, eine bedeutend größere Gegenleistung zu erbringen. Zum Beispiel einen Auftrag zu erteilen ohne die Angebote anderer Anbieter zu prüfen.

Aber wenn das Fledermaus-Prinzip so mächtig ist, wie verhindern wir dann, dass wir in diese Verpflichtungsmasche hinein geraten und unfreiwillige Verbündete von Blutsaugern werden?

Skrupellose Blutsauger trocken legen
Der erste Gedanke, den Sie jetzt wahrscheinlich haben, ist: künftig Geschenke und Gefälligkeiten abzulehnen. Das ist möglich, aber problematisch, da wir viele gute Menschen vor den Kopf stoßen würden.

Wirkungsvoller ist die zweite Methode: Angebote von anderen anzunehmen und eine mentale Umdeutung vorzunehmen, wenn wir merken, dass das Geschenk oder die Gefälligkeit reine Taktik war. Ein Kollege, der mit einer wichtigen Information aushilft, dann aber die Zustimmung für ein unsinniges Projekt verlangt, manipuliert mit dem Fledermaus-Prinzip. Wenn wir den Gefallen als Trick entlarven, verliert es seine Macht über uns. In diesem Fall schlagen Sie ihn mit seinen eigenen Waffen: Nehmen Sie den Gefallen an und entbinden Sie sich dann von der Verpflichtung etwas zurück geben zu müssen. Denn das Fledermaus-Prinzip besagt, dass wir Gutes mit Gutem vergelten sollen, aber nicht, dass wir Tricks mit einem Gefallen honorieren müssen.


Kasten:

Das Fledermaus-Prinzip
Das Fledermaus-Prinzip bewirkt, dass die kleinen Blutsauger stets bemüht sind, ein ausgeglichenes Geben und Nehmen zu betreiben – zum Wohle aller. Denn eine Vampirfledermaus stirbt, wenn sie zwei Nächte hintereinander kein Blut aufnimmt. Wenn die Tiere untereinander nicht teilen würden, läge die Sterblichkeit bei 82 Prozent. Tatsächlich liegt sie nur bei 24 Prozent. Wo wäre der Mensch ohne das Fledermaus-Prinzip? Aber Vorsicht: Es sind auch immer Pseudo-Verbündete unterwegs, die nur ihren Eigennutz im Sinn haben!