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Vom Internet zum Outernet – das Web springt auf die Straße

Das Internet verlässt den bislang abgetrennten Bereich des Cyberspace und legt sich wie eine zusätzliche Schicht über unsere Umwelt.
Torsten Rehder | 23.11.2011
Dieser Fachartikel erschien im Leitfaden Online-Marketing Band 2:
http://TopOnlineExperten.de



Unter dem Stichwort Outernet bahnt sich eine technologische Entwicklung an, die unser Verhältnis zueinander und zu den Objekten der Welt tiefgreifend verändern wird. Das Internet verlässt den bislang abgetrennten Bereich des Cyberspace und legt sich wie eine zusätzliche Schicht über unsere Umwelt.

Die Möglichkeiten, die wir aus dem Internet kennen – Verlinkung, Suchfunktion, Personalisierung und Interaktion – übertragen sich damit auf physische Objekte. Die Verbindungen zwischen Menschen und Dingen werden dadurch dichter, spezifischer und erhalten eine örtliche Komponente: Je nachdem, welche Interessen und Bedürfnisse wir haben, werden andere Informationen in der Umwelt sichtbar. Es entsteht eine neue Dimension der Wahrnehmung, in der sich Virtualität und Realität vermischen.

HSDPA, WiBro und WiMAX heben die Trennung von Offline und Online konsequent auf. Damit sind wir in Zukunft always on und always connected! Das Phänomen Outernet bewirkt eine technologische Umwälzung, die enorme Auswirkungen auf unser Leben sowie das Marketing und Business von morgen haben wird.


Die Triebkräfte des Outernet

Triebkraft 1
Die Lokalisierung ist ein essenzieller Bestandteil des Outernets, denn erst dadurch wird die digitale Dateninfrastruktur mit der realen Welt verknüpft. Feststellen zu können, wo und in welcher Distanz sich Menschen und Dinge zueinander befinden, ist eine Voraussetzung für viele Outernet-Anwendungen.

Ortung durch GPS
Das Global Positioning System (GPS) erlaubt es, Personen und Gegenstände geografisch zu lokalisieren. Digitalkameras und Foto-Handys sind immer häufiger mit GPS ausgestattet und versehen Fotos oder Videos automatisch mit den entsprechenden Geokoordinaten.

Triangulation als Alternative zu GPS
Um mobile Geräte zu lokalisieren, kann neben GPS auch die Triangulation von GSM-Sendemasten oder WLAN-Hotspots eingesetzt werden. Im Vergleich zu GSM ermöglicht die Lokalisierung per WLAN eine weitaus genauere Positionsbestimmung in Stadtgebieten und vor allem in geschlossenen Gebäuden. WLAN-Hotspots spielen deshalb für die Verbreitung des Outernets eine wichtige Rolle.

Genaueste Ortung mit Galileo
Wenn die EU Anfang 2014 wie geplant mit dem Betrieb des Satellitennavigationssystems Galileo startet, wird es zu einer deutlichen Verbesserung der Lokalisierungsgenauigkeit kommen: Im frei verfügbaren Dienst könnten dann Menschen und Gegenstände auf circa vier Meter genau geortet werden, gegen Bezahlung sogar auf weniger als einen Meter. Galileo wird damit das Outernet entscheidend vorantreiben.

Triebkraft 2: Web of Things
Das Web of Things (Internet der Dinge) vernetzt physische Objekte und macht sie zu Informationsträgern. Alltagsgegenstände funktionieren dadurch wie eine Webseite: Sie sind mit den Inforessourcen des Internets verknüpft und können wie Hyperlinks mit dem Handy angeklickt werden.

Object-Hyperlinking per Barcode und Bilderkennung
Visuelle Codes wie der QR-Code, Semacode oder Aztec-Code stellen eine Möglichkeit dar, Objekte mit dem Internet zu verlinken. Eine Weiterentwicklung dieser Technologie ist die Erkennung von Objekten an ihrer Form: Mit der Handy-Kamera werden Objekte abfotografiert und mit einer Bilddatenbank abgeglichen, worauf sich ein entsprechender Link öffnet (Beispiel: kooaba.com). Einen gewaltigen Push wird das Web of Things aber vor allem durch RFID-Technologie, NFC und Sensorik erfahren.

RFID ist auf dem Vormarsch
RFID-Tags sind winzig kleine Funkmodule, die eine automatische Identifizierung von Gegenständen aus der Ferne ermöglichen. Bekannt sind RFID-Tags bereits aus Skipässen oder elektronischen Etiketten. RFID-Tags können auch genutzt werden, um Objekte mit Informationen zu verknüpfen. Es ist etwa vorstellbar, dass in Zukunft jedes physische Objekt eine Webseite hat, die mittels RFID-fähiger Handys direkt aufgerufen werden kann.

Mobile Payment per NFC
Near Field Communication (NFC) funktioniert ähnlich wie die RFID-Technologie mit dem Unterschied, dass der Datenaustausch über eine Strecke von nur wenigen Zentimetern erfolgt. Da diese Distanz praktisch einem physischen Kontakt gleichkommt, wird NFC als Schlüsseltechnologie im Bereich des Mobile Payment gehandelt.

Sensoren „erfühlen“ die physische Welt
Sensoren funktionieren gewissermaßen als „Sinnesorgane“ von Objekten. Ob Helligkeit, Geräusche, Temperatur oder Druck – Sensoren ermöglichen es, die Umweltsituation auf verschiedenen Ebenen sensibel auszulesen. Auf der Basis dieser Informationen können mobile Geräte interpretieren, in welchem Kontext sich eine Person befindet.

Triebkraft 3: Smarte Informationsverarbeitung
Im Outernet kommt es zu einer exponentiellen Zunahme an Informationen. Um dieser Informationsflut Herr zu werden, braucht es eine neue Generation der intelligenten Informationsverarbeitung – das Smart Web.

Semantische Informationsverarbeitung im Smart Web
Durch das Smart Web erhalten Computer die Fähigkeit, Informationen semantisch zu verstehen. Gibt man etwa in der semantischen Suchmaschine Powerset.com die Frage „How tall is Queen Elizabeth II?“ ein, erhält man eine echte Antwort – nämlich „1.63 metres“. Semantische Tools können auch eingesetzt werden, um Gespräche mit Zusatzinformationen anzureichern: Thoughttrail.com etwa analysiert Chat-Unterhaltungen und spielt automatisch dazu passende Inhalte ein.

Das Web der Vielfalt wird zum Web der Bedeutung
Durch Berücksichtigung von Kontextinformationen wie Zeit, Ort und Benutzerprofil erhöht sich die Relevanz von Suchergebnissen. Dies geschieht heute bereits in Ansätzen: Googles Handy-Applikation „Voice Search“ berücksichtigt bei Suchanfragen automatisch den Aufenthaltsort. Wer beispielsweise „Movie Showtimes“ in sein Handy spricht, erhält alle Kinoprogramme in der unmittelbaren Umgebung angezeigt.

Smart Web + Social Software = Enduring Communities
Wird das Smart Web mit Social Software (Social Netwoks, Wikis, Blogs et cetera) kombiniert, entsteht eine spezifischere und intensivere Verbindung zwischen den Menschen. Die Community-Funktionen, die wir aus dem Internet kennen, gelangen hinaus auf die Straße und hinein ins echte Leben. Da im Outernet Online- Communities mit den Faktoren Zeit und Ort aufgewertet werden, wandeln sie sich zu permanent andauernden Gemeinschaften – es entstehen Enduring Communities.

Triebkraft 4: Next-Generation-Devices
Damit sich das Outernet erfolgreich durchsetzen kann, braucht es mobile Geräte, die intuitiv bedienbar sind. Alle Welt schaut deshalb auf die neue Generation mobiler Input- und Output-Devices.

Das iPhone macht es vor
Das iPhone kann als einer der Hauptgründe angesehen werden, warum über das Mobile Web und seine Anwendungen nicht mehr geschmunzelt wird. Doch die Multitouch-Usability des iPhone – und mittlerweile auch des iPad – ist erst der Anfang: Zahlreiche neue Materialien, Medien und Technologien sind in Entwicklung, die die mobile Kommunikation noch intuitiver machen werden.

Von OLEDs zu tragbarer Elektronik
Bewegungssensoren, flexible LED-Displays (OLEDs) und Spracherkennungssysteme haben bereits den Weg in mobile Endgeräte gefunden. In Zukunft kommen Technologien wie Gestensteuerung, Gesichtserkennung und elektronische Tinte (E-Ink) hinzu. Auch haptische Displays, die digitale Informationen auf der Display-Oberfläche ertastbar machen, sind nicht mehr weit von der Umsetzbarkeit entfernt. Da die Technologie nicht nur leistungsfähiger, sondern auch immer kleiner wird, rückt das Konzept des Wearable Computing immer näher: Es ist denkbar, dass eines Tages auch smarte Brillen, Retina-Implantate oder sogar die Steuerung über Gehirnströme Realität sein werden.

Die virtuelle Erweiterung der Realität
Augmented Reality (AR) beschreibt keine Technologie, sondern vielmehr einen Modus der Umweltwahrnehmung – die virtuell erweiterte Realität. Augmented Reality kann als ein Layer-Modell verstanden werden, das die Realität mit virtuellen Ebenen anreichert und so die reale und digitale Lebenswelt zusammenführt. Ein Beispiel für ein AR-System ist der Handy-Reiseführer „Wikitude“. Er erweitert die Umweltwahrnehmung der User, indem er digitale Zusatzinformationen über das Kamerabild des Handys legt.


Thesen zum Outernet

These 1: Die ganze Welt wird zum Hyperlink
Im Zeitalter des Outernets funktioniert die physische Welt wie eine Webseite. Jedes Objekt kann wie ein Hyperlink angeklickt werden, um so auf Informationen, Services und Kommunikationsangebote zuzugreifen.

Die technologische Infrastruktur hierfür steht schon bereit: Die derzeitigen mobilen Endgeräte sind hinreichend ausgestattet und die Produktionskosten für RFID-Tags, Mikrochips und Sensoren haben sich auf ein betriebswirtschaftlich akzeptables Niveau verringert. Angesichts des rapiden technologischen Fortschritts zweifelt kaum noch jemand an der Voraussage von Marc Weise, dem leitenden Wissenschaftler am Xerox-Forschungszentrum, aus dem Jahr 1991: „In the 21st century the technology revolution will move into the everyday, the small and the invisible“.

Gegenstände werden zu Verkaufsflächen, Orte zu Ankerpunkten
Das Outernet wird unser Verhältnis zueinander und zu den Objekten der Welt radikal verändern: Wenn reale Objekte – wie zum Beispiel Autos, Plakatwände oder die einfahrende S-Bahn – zu Hyperlinks werden, treten Menschen, Objekte und Informationen in eine neue Beziehung zueinander. Objekte müssen daher in Zukunft als Interface und – mehr noch – als potenzielle Verkaufsfläche verstanden und designt werden.

Durch die Möglichkeit zur Verlinkung werden physische Orte zu Ankerpunkten, um die sich lokale Gemeinschaften bilden und an denen kontextrelevante Informationen ausgetauscht werden.

These 2: Computer werden unsichtbar
Computer werden in Zukunft so klein sein, dass sie praktisch unsichtbar sind. Es wird damit möglich, Computer in Alltagsgegenstände, in unsere Kleidung und sogar in unseren Körper einzubetten.

Die Umwelt wird sensibel und reaktionsfähig
Fortschritte in der Mikroelektronik und Nanotechnologie lassen die Vision einer umfassenden Informatisierung der Welt immer näherrücken. RFID-Tags, Sensoren und Mikrochips sind mittlerweile so klein und kostengünstig zu produzieren, dass sie in Alltagsgegenstände und Kleidungsstücke integriert werden können. Computer verschwinden damit aus unserem Sichtfeld und betten sich nahtlos in die dingliche Welt ein. Unsere Umwelt wird sensibel und reaktionsfähig und passt sich automatisch an unsere Bedürfnisse an.

Smarte Objekte erlauben eine intuitive Bedienung
Auch wenn Computer sprichwörtlich von der Bildfläche verschwinden, sind sie dennoch stets allgegenwärtig. Sie operieren unsichtbar im Hintergrund und funktionieren als intelligente Helfer im Alltag. Beispiele für smarte Objekte sind etwa ein Autoreifen, der mitteilt, dass er an Luft verliert, oder ein Medikament, das sich bemerkbar macht, wenn es das Haltbarkeitsdatum überschritten hat. Da smarte Objekte über eine intuitive Nutzerführung verfügen, sind sie auch für technisch unerfahrene Nutzer problemlos zu bedienen – im Gegensatz zum klassischen Internet.

Computer und Informationen werden intim
Indem sich Computer in unsere Umwelt einbetten, wird die räumliche Distanz zwischen Benutzer und Desktop aufgehoben. In Textilien integrierte Computer, intelligente Kontaktlinsen und Retina-Implantate machen die Beziehung zwischen Mensch und Computer um ein Vielfaches intimer: Medieninhalte und Informationen kommen viel näher an den Rezipienten heran – sie „berühren“ uns im wahrsten Sinne des Wortes.

These 3: Informationen und Netzwerke sind allgegenwärtig
Netzwerke sind das Kapital der Zukunft, denn nicht der Besitz, sondern vielmehr der Zugang zu Ressourcen wird in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein. Das Mobile Web und entsprechende Endgeräte erlauben uns einen allgegenwärtigen Zugang zu Informationen, Services und Netzwerken.

Unterschiedliche Sphären der Identität vermischen sich
Im Outernet ist der Zugang zu digitalen Informationen nicht mehr räumlich beschränkt. Während im Internet noch zwischen Online und Offline – und damit zwischen der realen und virtuellen Identität – unterschieden wird, verschwindet diese Grenze im Outernet. Damit vermischen sich die unterschiedlichen Teilaspekte unserer sozialen Identität. Im Zeitalter des Outernets entsteht deshalb die Notwendigkeit, ein einheitliches Selbstbild herzustellen, das die verschiedenen Sphären der Identität schlüssig integriert.

Communities werden spontaner
Im Outernet werden Communities spontaner, dynamischer und spezifischer. Denn der Zusammenschluss der Community-Mitglieder basiert nicht nur auf gemeinsamen Interessen, sondern auch auf dem Aufenthaltsort. Die „online“ organisierten und „offline“ durchgeführten Flash-Mobs sind ein gutes Beispiel für ein Instant-Community-Building im Zeitalter des Outernets.

Communities werden aber auch beständiger
Da im Outernet der Faden zur virtuellen Gemeinschaft nie mehr abreißt, entsteht eine „Ambient Intimacy“. Der Begriff beschreibt das Gefühl, sich Personen nah zu fühlen, obwohl sie sich an einem anderen Ort befinden. Die Praxis, über digitale Kommunikationstechnologien in stetigem Kontakt mit seinen Freunden zu stehen, kann zur Festigung von Communities führen. Im Outernet werden Communities somit einerseits sprunghafter, andererseits aber auch beständiger.

These 4: Die Realität wird reintegriert und augmentiert
Im klassischen Internet sind Informationen von den Dimensionen Ort und Zeit entkoppelt – im Outernet hingegen bekommen sie einen unmittelbaren kontextuellen Bezug. Instant Messenger wie Skype, Microblogging-Dienste wie Twitter und Social Communities wie Facebook haben den Zeitfaktor bereits erfolgreich aufgegriffen. Der örtliche und zeitliche Kontext steigert die Relevanz von Informationen dramatisch – und wird damit zur Killerapplikation.

Reale Interaktion wird reintegriert
Im Outernet kommt es zu einer umfassenden Reintegration von realen Interaktionsprozessen in die digitale Lebenswelt. Indem man via Twitter in Echtzeit über ein Erlebnis berichtet, wird ein unmittelbarer Link zwischen Realität und Virtualität hergestellt – es kommt zur „Reality Reintegration“.

Mehrere Versionen der realen Welt
Die Reintegration der Realität in die digitale Welt wird im Outernet wieder zurück in die reale Welt gespiegelt. Dies erfolgt durch eine Anreicherung und Erweiterung der realen Welt mittels Augmented Reality. Indem Augmented Reality unsere Wahrnehmung um digitale Schichten ergänzt, wird unsere Umwelt personalisierbar: Je nachdem, welche Filter wir verwenden, nehmen wir die Umwelt anders wahr.

These 5: Die Umweltwahrnehmung wird selektiver
Die Verschmelzung zwischen Online und Offline lässt die Komplexität unserer Welt scheinbar ins Unermessliche steigen. Doch im Outernet kommt es vielmehr zu einer Komplexitätsreduktion: Ähnlich einem Ad-Blocker können per Augmented Reality unwichtige Informationen aus- und wichtige Informationen eingeblendet werden.

Selektive Umweltwahrnehmung ist ein natürlicher Vorgang
Die Möglichkeit zur bewussten Selektion von Informationen lässt die Welt im Zeitalter des Outernets optionaler und dadurch übersichtlicher werden. Das Phänomen der selektiven Umweltwahrnehmung ist ein natürlicher Vorgang und uns allen bekannt: Je nachdem, welche Interessen und Bedürfnisse wir haben, fokussieren wir unsere Aufmerksamkeit auf bestimmte Details der Umwelt. Der Umgang mit den verschiedenen Filtern, durch die wir im Outernet unsere Umwelt wahrnehmen, muss also nicht neu erlernt werden. Indem Augmented Reality Informationen visuell hervorhebt, wird die Selektion der Wahrnehmung aber expliziter und spezifischer.

Interessengemeinschaften werden zu Wahrnehmungsgemeinschaften
Was für Auswirkungen hat eine selektive Umweltwahrnehmung auf das Zusammenleben? Eine Konsequenz könnte die Bildung von Gemeinschaften auf der Basis des jeweils aktivierten Wahrnehmungsmodus sein: Beatles-Fans etwa, die im „Beatles-Modus“ durch Liverpool schlendern, nehmen die Umwelt durch denselben Filter wahr. Die Interessengemeinschaft der Beatles-Fans wird damit zu einer Wahrnehmungsgemeinschaft an den realen Schauplätzen. Soziale Gemeinschaften werden im Outernet somit spezifischer und gemeinsame Erfahrungen exklusiver.


Auswirkungen des Outernet

Das Outernet wird unser Leben noch stärker verändern als das Internet. Dies geschieht nicht von heute auf morgen, sondern in einem stetigen, evolutionären Prozess. Die Chancen des Outernets kristallisieren sich jedoch bereits heute heraus.

Das Outernet fördert die Individualität
Das Outernet fördert die Individualität, indem es für uns maßgeschneiderte Informationen bereitstellt. Wir können dadurch effizienter agieren und informierter Entscheidungen treffen.

Ein virtueller Personal Assistant unterstützt uns im Alltag, indem er unsere Vorlieben (Context-Layer) sowie unsere Stimmung (Mood-Layer) berücksichtigt.

Das Outernet fördert die Unabhängigkeit älterer Menschen
Das Outernet wird selbst für kleine Kinder und ältere Menschen beherrschbar sein. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die älter werdende Gesellschaftsstruktur relevant: Konzepte wie Ambient-Assisted-Living oder Home-Monitoring erlauben es, selbst in hohem Alter ein angstfreies und selbstbestimmtes Leben jenseits überforderter Pflegeheime zu führen.

Das Outernet stärkt Subkulturen
Das Outernet ermöglicht es, die Welt jeden Tag aufs Neue zu entdecken. Eine Folge davon ist, dass sich Subkulturen weiter ausdifferenzieren. Denn der Eintritt in Nischen kann sprunghafter erfolgen und ist meist nur temporär: heute Gothic, morgen Öko – je nach Zeit, Ort und Stimmung.

Wer wird zum Trusted Partner?
Bei aller Convenience wirft das Outernet aber auch Fragen hinsichtlich der Datensicherheit auf: Wer wird der Trusted Partner, dem ich meine Daten anvertraue, und der mir dabei hilft, den Überblick zu behalten? Wird es eine TÜV-ähnliche Instanz geben, die persönliche Daten verwaltet, oder übernehmen private Anbieter diese Aufgabe? Den Zuschlag wird wohl derjenige erhalten, der das schlüssigste Konzept zum persönlichen Identity-Management bereitstellt. Denn die situationsabhängigen Teilidentitäten (zum Beispiel Beruf, Shopping, Party) müssen schließlich irgendwie verwaltet werden.

Marketing
Das Outernet erweitert unsere Kommunikationsmöglichkeiten in sämtliche Richtungen und macht Interaktion noch persönlicher, selektiver und optionaler. Das Marketing ist sich dieses Paradigmenwechsels bereits seit dem Web 2.0 bewusst. Im Outernet wird es fürs Marketing darum gehen, noch individueller und sensibler als bisher auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. Denn im Outernet erfolgt die Kommunikation primär über das bisher persönlichste Medium – das Handy.

Contextual Targeting als Ausgangspunkt
Das Handy ermöglicht es Marken, die Kunden zielgerichteter zu erreichen (Ubiquitous-Advertising). Das kontextuelle Targeting (zum Beispiel Ort, Zeit, Profil, Stimmung, Status) wird in Zukunft den Ausgangspunkt sämtlicher Marketingaktivitäten darstellen. Damit wird es möglich, die Kunden auf Basis der aktuellen Situation und Stimmung anzusprechen – es kommt zum Mood-Marketing in seiner reinsten Form.

Marken als Orientierungspunkte
Wie kann kontextuelles Targeting eingesetzt werden, ohne dass sich die Kunden belästigt fühlen? Orientierung ist das Stichwort: Sorgen Marken bereits in der realen Welt für Orientierung, sollten sie dies auch in einer Mischwelt aus Realität und Virtualität leisten. Der richtige Tipp zur richtigen Zeit am richtigen Ort – so entsteht ein konkreter Mehrwert mit Kontextbezug. Auch zeitlich und örtlich limitierte Sonderangebote (zum Beispiel Mobile Coupons) können ein probates Mittel sein, um mit den Kunden in Kontakt zu treten.

Advertising as a Service
Werbung wird zum Service und die Marke zum guten Freund. Die Applikation „Passport to Greatness“ von Guinness oder der „Soundwalk“ von Louis Vuitton machen vor, wie so etwas konkret aussehen kann. Mobile Augmented Reality- Applikationen wie zum Beispiel Layar oder Wikitude.me lassen zudem erahnen, wie im Outernet eine Mixed Reality entstehen kann, die nicht nur durch die Nutzer, sondern auch durch kommerzielle Anbieter mit Inhalten befüllt wird.

Marketing wird zu Transparency-Marketing
Im Outernet nimmt die Transparenz dramatisch zu. Findige Technologien wie die iPhone-Applikation „Amazon mobile“ fordern das Marketing bereits heute zu mehr Transparenz heraus: Mit „Amazon mobile“ können Nutzer Produkte in Geschäften fotografieren und bekommen umgehend den günstigsten Anbieter des Produkts angezeigt. Mit einem Klick kann das Produkt anschließend gekauft werden. Auch in Sachen Relevanz wird das Marketing immer stärker gefordert, da im Outernet Kontextfaktoren wie geografische Lage und Nutzerprofil zu berücksichtigen sind. Marketing wird sich deshalb immer mehr in Richtung Transparency-Marketing entwickeln und sich als effizienter Komplexitätsreduzierer positionieren.

Business
Das Outernet bietet vielfältige und branchenübergreifende Business-Chancen. Das Nachdenken über neue Produkte, Services und Geschäftsmodelle kann deshalb nicht früh genug beginnen.

Der Point of Sale wandert auf das Handy
Die Kombination aus Mobile Web und Web of Things führt dazu, dass sämtliche Objekte zu Kommunikationskanälen und Verkaufsflächen werden. Gefallen uns etwa die Schuhe unseres Sitznachbarn, werden sie mit dem Handy fokussiert und wir sehen sogleich Modell, Preis und eine Bestellmöglichkeit auf dem Display. Der Point of Sale wandert damit aufs Handy und lässt die Welt zu einer einzigen Shopping-Mall werden. Als Folge wird der stationäre Handel mit Millionen von Produkten konkurrieren müssen, die Schaufenster und Kasse zugleich sind. Physische Shops werden sich deshalb zu Orten des Erlebnisses entwickeln müssen – vom Point of Sale zum Point of Experience.

Neue Services entstehen
Die umfassende Vernetzung im Outernet lässt neuartige Services entstehen. Die Analyse von Bewegungsmustern erlaubt es etwa, Prämien von Kfz-Versicherungen viel genauer zu berechnen. Ortbasierte Services wie die Lokalisierung von Geschäften oder auf den Standort abgestimmte Mobilitäts- und Entertainment-Angebote erhöhen die zeitliche Effizienz und schaffen Transparenz. Auch Dating und Gaming werden einen Schub erfahren: Profile-Matching-Services basierend auf der unmittelbaren Umgebung laden zum spontanen Speed-Dating ein; Multiplayer-Games im Augmented Reality-Modus verlagern Computerspiele in die physische Umwelt.

Produkte werden zu hybriden Produkten
Physische Produkte werden im Outernet zu hybriden Produkten, indem sie zusätzlich zum ursprünglichen Produktnutzen weitere (gegebenenfalls auch kostenpflichtige) Services beinhalten.

Beispiele sind etwa Fußball-Sammelkarten, die über einen Zugang zur Online-Tauschbörse verfügen, oder Medikamente, die nicht nur Krankheitssymptome lindern, sondern auch über die geografische Verbreitung der jeweiligen Krankheit informieren.

Das Segment of One wird Wirklichkeit
Im Zeitalter des Outernet können Produkte und Services auf Basis von User-Profilen personalisiert werden. Zudem können Angebote an Ort und Zeit gebunden werden, so dass eine künstliche Verknappung entsteht und eine gewisse Einmaligkeit suggeriert wird. Dies stellt eine mögliche Strategie dar, um Preiskämpfen entgegenzuwirken, die als Folge der hohen Transparenz im Outernet entstehen.

Im Internet – oder genauer gesagt: im Web 2.0 – geht es primär um die Vernetzung von Menschen. Im Outernet erweitert sich dieses Spektrum um drei weitere Dimensionen, die bislang wenig bis gar keine Berücksichtigung gefunden haben. Hier gilt nun die unumgängliche Formel PTPT – People, Things, Places & Time. Nur wer es schafft, in seinen Produkten und Services diese vier Dimensionen sinnvoll miteinander zu kombinieren, wird auch im Outernet zu den Gewinnern zählen.


Literatur

GDI IMPULS Nr. 2.2008: Hilfe, mein Joghurt spricht! Wie der Trend zur „Hyperlocality“ Dinge, Menschen und Orte zu einer neuen Realität verknüpft. – Gottlieb Duttweiler Institute, 2008.
Fleisch, E./Mattern, F. (Herausgeber): Das Internet der Dinge: Ubiquitous Computing und RFID in der Praxis. Visionen, Technologien, Anwendungen, Handlungsanleitungen. – Springer, Berlin; Auflage: 1 (7. Juli 2005).