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Wie bedeutend ist denn heute noch gutes Benehmen?

Stil & Etikette - Interview mit der Knigge-Trainerin Frau Betül Yaman zu der Frage : "Wie bedeutend ist denn heute noch gutes Benehmen?"
Andreas M. BRUNS | 09.02.2008
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AMB: Frau Yaman, Sie sind seit über einem Jahrzehnt als Knigge-Trainerin aktiv. Welche Berufsgruppen gehören zu Ihrem Kundenkreis?

BY: Menschen aus den unterschiedlichsten Dienstleistungsbranchen erkennen immer mehr den Zusammenhang zwischen der Kundenzufriedenheit und einem dauerhaft erfolgreichen Unternehmen. Von Finanzexperten, Servicepersonal und fachmedizinischem Personal bis hin zu Wirtschaftsprüfern, Empfangspersonal und natürlich auch im Managementbereich entwickelt sich immer mehr ein kundenorientiertes Bewusstsein. Der Bedarf erstreckt sich sogar in die traditionell technischen Branchen wie dem Maschinenbau, wo ganz klar eine zukunftsorientierte Wandlung stattfindet.

AMB: Sie sagen, dass der Bedarf an Business-Knigge Schulungen immer mehr erkannt wird. Was hat diese Erkenntnis ausgelöst?

BY: Ich spreche nicht nur von einem Trend, sondern von einem tiefen Verlangen, wenn ich das Thema Achtung und Respekt anbringe. Schon Freiherr von Knigge hat im 18. Jahrhundert sein Buch "Über den Umgang mit Menschen" geschrieben und hat offensichtlich aus den Herzen von Millionen von Menschen gesprochen; warum sonst ist "Knigge" heute noch weltweit als ein kategorischer Begriff erhalten geblieben? Um auf dem heutigen Markt dauerhaft erfolgreich zu sein, reicht ein gutes Produkt mit dem dazu gehörigen Know-how nicht mehr aus. Der Kunde hat eine grosse Auswahl und den Luxus, sich nach zwischenmenschlichen Faktoren für ein Untenehmen entscheiden zu können.

AMB: Legen Kunden so viel Wert auf die Dienstleistung eines Unternehmens?

Yaman: Ja. Nicht anders als bei uns daheim, wenn wir unsere eigenen Gäste empfangen, fühlen auch sie sich am wohlsten, wenn ihnen mit einem angenehm sympathischen Auftreten und höflichen Umgangsformen Achtung entgegengebracht und gleichzeitig der Aufenthalt versüßt wird. Wer die Benimmregeln beherrscht, räumt sämtliche zwischenmenschliche Hindernisse aus dem Weg und steuert sein Leben beruflich als auch privat auf Erfolgskurs.

AMB: Auf welche Themen haben Sie sich spezialisiert?

Yaman: Mein ehemaliger Coach Peter Isler, ein ehrwürdiger Butler, der in der berühmtesten Butlerschule Englands - der Ivor Spencer School - seine Ausbildung absolviert hat, entflammte meine Leidenschaft für das Thema Stil und Etikette. Ich liebe und lebe auch die Themenbereiche, auf die ich mich aus Leidenschaft spezialisiert habe: moderne Umgangsformen, Geschäftsessen, Dresscode und Körpersprache im Verkauf.

AMB: Je höher einer die Karriereleiter erklimmt, desto mehr werden perfekte Umgangsformen als Selbstverständlichkeit voraus gesetzt. Trauen sich denn die Teilnehmer in Ihren Seminaren, von den "eigenen Patzern" zu erzählen?

Yaman: Sie können sich sicher vorstellen, dass in einem Business-Knigge Seminar solche Geschichten das Salz in der Suppe sind! Erstaunlicherweise erlebe ich größte Offenheit in meinen Kursen. Vielleicht auch, weil ich selbst über unzählige Anekdoten berichte, die mir im Laufe der Jahre und bis heute passieren. Wir lachen viel. Sie wissen ja: Tragik + Zeit = Komik.

AMB: Erzählen Sie uns etwas Spannendes aus Ihren Seminaren.

Yaman: Eine Seminarteilnehmerin erinnerte sich an ein Geschäftsessen, bei dem der Vorstandsvorsitzende zu ihrem entsetzen die Suppentasse mit Henkel plötzlich zum Mund führte und aus ihr trank "als wäre er unbeobachtet daheim gewesen"! Als sie dann im Knigge Seminar erfuhr, dass man offiziell aus der Henkeltasse trinken darf, viel sie aus allen Wolken.

Ein Teilnehmer gestand einen Fauxpas, der ihm heute mit Sicherheit nicht mehr passieren wird: Bei einem wichtigen Verkaufsgespräch im Restaurant griff er fälschlicher Weise das Brötchen seines Tischnachbarn, der rechts von ihm saß und eigentlich ein Vertrag unterschreiben sollte. Dieser sagte nur trocken: "Sie essen gerade mein Brötchen." Plötzlich wurde er unsicher am Tisch. Der Teilnehmer sagte mir, er glaube, dass das Geschäft nicht zu Stande kam, weil er sich nicht korrekt verhalten und sicher noch weitere Dinge ahnungslos verkehrt gemacht habe und der Geschäftsführer offensichtlich sehr viel Wert auf Umgangsformen legte.


AMB: Für welche Anlässe empfehlen Sie ganz besonders eine Schulung der Mitarbeiter und Führungskräfte?

Yaman: Sobald Firmen in der Öffentlichkeit ihre Souveränität und Kompetenz sichtbar machen möchten, empfehle ich, die schon vorhandenen Knigge Kenntnisse aufzufrischen und sich auf den neuesten Stand zu bringen. Nur mit einem selbstsicheren Auftreten und einem gepflegten Erscheinungsbild gewinnen Unternehmen das Vertrauen Ihrer Kunden. Messeauftritte, Firmenpräsentationen, Geschäftsessen mit Kunden oder Gästen aus dem Ausland, Firmenfusionen, Kongresse, Presseauftritte…ich könnte endlos weiter aufzählen.

AMB: Frau Yaman, eine vielleicht etwas persönlichere Frage: halten Sie sich immer an die Knigge Regeln?

Yaman: Ich freue mich, dass Sie mir diese Frage stellen. Vergleichbar mit einem Komponisten, der erst die Noten beherrschen muss, um dann ein bravouröses Stück komponieren zu können, so ist es auch mit den Knigge Kenntnissen: Sie beherrschen souverän die Business-Knigge Regeln, um dann entscheiden zu können, wann und ob Sie diese anwenden möchten oder nicht. Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Ich liebe es, ab und an zuhause auf der Couch zu sitzen mit einem Teller Spaghetti Bolognese auf dem Schoss und nebenbei durch die Fernsehkanäle zu zappen. Knigge möge mir verzeihen ;-)

AMB: Was geben Sie unseren Lesern mit auf den Weg?

Yaman: Menschen sind nicht perfekt, und das ist auch gut so. Wir alle treten immer wieder mal in Fettnäpfchen. Das Entscheidende ist, auch mit Peinlichkeiten souverän umzugehen.
Umgangsformen sind wie ein Werkzeug, das Sie einsetzen können, um Ihre Kompetenz und Achtung vor Ihrem Gegenüber sichtbar und spürbar zu machen. Warum sich Stolpersteine in den Weg legen und sich das Leben beschwerlicher gestalten, wenn es doch so einfach ist, mit einem souveränen Auftreten erfolgreich zu sein?


AMB: Frau Yaman, ich danke Ihnen für das Gespräch und Ihre Zeit.

Yaman: Es war mir ein Vergnügen. Vielen Dank.


Frau Betül Yaman ist innerhalb der AMB Akademie auf STIL & ETIKETTE sowie BUSINESS-Knigge spezialisiert. Ihre Qualifikationen hat Sie unter anderem durch ehrwürdige Butler der "Ivor Spencer School GB" in Zürich erworben. Heute unterstützt Sie Geschäftsführungen und Vorstände auch bei internationalen Verhandlungen.

KONTAKT: Betuel.Yaman@AMB-Training.com

Profil über unsere Website: http://www.AMB-Akademie.com
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Über Andreas M. BRUNS

Die AMB-Akademie Berlin, gegründet 1998, ist ein international tätiges Trainings- & Beratungsunternehmen mit dem Schwerpunkt der "SoftSkills"