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Wie man aus einem banalen Buchkauf ein emotionales Ereignis machen kann

Die Vorfreude auf ein neues Buch ist häufig Motivator für den späteren Buchkauf. Trotzdem wird dieser Zeitraum von den Verlagen bislang kaum genutzt.
Christina Walz | 09.10.2006
Jeder kennt doch dieses Gefühl: Wenn eine schöne Reise zu Ende gegangen ist, beginnt bereits die Vorfreude auf den nächsten Urlaub. Um dieses positive Lebensgefühl zu steigern, will sich der Urlauber auf das Reiseziel einstimmen und seine Antizipation genießen. Die Freude auf das zukünftige Ereignis ist ebenso wichtig wie dessen spätere Realisierung.

Mit anderen Worten: Die Zeit vor dem Spiel ist das eigentliche Spiel. Hier wäre Platz für innovative Angebote, doch in der Verlagsbranche wird dieser Zeitraum von Vorfreude bislang kaum oder gar nicht genutzt.

Die Filmindustrie hat diesen Trend schon lange erkannt und promotet ihre neuen Streifen schon monate- ja, manchmal jahrelang im Voraus. Da stehen weder der konkrete Starttermin noch ist der Hauptdarsteller ausgewählt, trotzdem wird der Zuschauer immer wieder mit aktuellen Informationshäppchen zum neuen Film, etwa um den Serienhelden James Bond, gefüttert. Das hält das Thema in den Medien und der Zuschauer bleibt an die Marke „Bond“ gebunden.

Damit auch die Buchbranche aus diesem Marketingansatz kreative Lehren zieht, ist seit 1. September 2006 das neue Internetportal www.buchregal.com online. Christina Walz; Mitgründerin der Verlags- und Medienberatung walz 2 consult GbR hat sich über ein Jahr Zeit gelassen, bis sie und ihr Team mit der Entwicklung des Portals endgültig zufrieden waren und es jetzt offiziell an den Start gebracht haben.

Informieren und binden bevor die Vorschau erscheint

Ziel von buchregal.com ist es, den Verlagen ein völlig neuartiges Marketinginstrument zur Verfügung zu stellen. Der Erstverkaufstag steht nicht mehr alleine im Mittelpunkt des Geschehens. Nicht der Zeitpunkt des Vorschauversands markiert den Werbestart für ein Buch, denn buchregal.com setzt wesentlich früher an. Ausgehend von der Annahme, ein Buch wurde gekauft oder verschenkt und vom Adressaten begeistert zu Ende gelesen. Das positive Erlebnis, ein Buch aus einer spannenden oder fachlich interessanten Reihe oder eines inspirierenden Autors gelesen zu haben, weckt den Wunsch, möglichst rasch wieder in diese Erlebniswelt eintauchen zu können. Leider ist dies aber nicht immer unmittelbar möglich. Folgebände erscheinen häufig erst im nächsten Jahr oder noch später. Oder aber schon kurz darauf, nur bekommt dies der Leser gerade nicht mit. Und wer macht sich schon die Mühe, monatelang am Ball zu bleiben oder intensiv zu recherchieren?

Christina Walz hat in diesem Sommer 175 Vielleser interviewt. 69% gaben an, den Fortsetzungsband einer Reihe kaufen zu wollen, wenn sie ihnen denn gefallen hat. Bei der Frage nach der Autorenbindung lag dieser Wert sogar bei 79%. Nun wurden die Umfrageteilnehmer gefragt, wie schnell sie denn über weitere Neuerscheinungen eines Lieblingsautors oder einer Lieblingsserie informiert werden möchten: 41% sagten sofort, 25% in den nächsten Tagen, 15% in den nächsten Wochen und nur 20% war der Zeitpunkt hierfür egal.

30% der Leser würden ein solches Buch, auf das sie sehnsüchtig warten sofort kaufen, wenn sie denn die Information über den Erscheinungstermin hätten und immerhin 49% innerhalb der nächsten vier Wochen.

Wo bekommen Vielleser eigentlich ihre Informationen her? Man könnte ja vermuten, dass diese Gruppe gut informiert ist. 9% der Befragten holt sich seine Informationen im Buchhandel, nur jeweils 2 % beziehen ihre Kenntnisse von Verlagen oder über Werbung. 6% werden immerhin von Rezensionen erreicht, doch sage und schreibe 79% recherchieren im Internet.


Verlagsnewsletter wandern oft ungelesen in den Papierkorb

Nun werden viele Verlage sagen: Bingo! Wir haben ja unsere Internetseite und Newsletter verschicken wir auch. Da können sich die Leser wunderbar informieren. Leider wird dieses Angebot aber offensichtlich nicht in dem gewünschten Maße genutzt. Alle befragten Leser waren auch intensive Internetnutzer. Lediglich 1% gab an „immer“ Verlagsseiten zu besuchen. 42 % surft „sehr oft“ bis „eher oft“ vorbei und 46% selten bis nie.

An den verlagseigenen Newslettern wurde bemängelt, dass sie häufig „Titel bewerben, die mich überhaupt nicht interessieren“ oder zu lange die gewünschte Information vermissen lassen. Solche Newsletter werden dann in der Regel zwar nicht abbestellt, aber ungelesen weggeclickt. Die Leser wünschen sich ganz spezifische und sehr selektive Informationen. Das Gießkannenprinzip lehnen sie ab und ist ihnen auch lästig. Hier wird auch wieder deutlich, dass die Bindung an den Verlag eher im Hintergrund bleibt, sondern die Affinität mit Titel, Reihe oder Autor überwiegt.

Eigenständige Kommunikation mit dem Leser fördern

Der Trendtag Buch „Was der Leser wirklich will“ im Mai dieses Jahres in München gab ebenfalls wertvolle Hinweise: Consumer Confusion [Konsumentenverwirrung] war hier das einleitende Stichwort gewesen. Recht schnell wurde klar, dass der Leser noch intensiver in den Mittelpunkt aller Aktivitäten gerückt werden muß. Zielstellungen wie „Begehrlichkeiten in der Nachkaufphase wecken“, wurden von Prof. Rudolph von der Universität St. Gallen in den Raum geworfen, und Georg Rieppel forderte den Markencharakter für Verlagsreihen und die eigenständige Kommunikation mit dem Leser zu verstärken. Nur: Wie macht man das?

Die Ideenschmiede von walz 2 consult hat die zurückliegenden Monate intensiv genutzt, um den Verlagen mit dem Internetportal buchregal.com nun ein Marketinginstrument an die Hand zu geben, mit dem

- sie dem Leser Orientierung geben und ihn frühzeitig an Ihre Reihen und Autoren binden. Das führt zu unmittelbarer Markenbildung.

- der Verlag ohne Streuverlust mit dem Leser in Verbindung treten und die „Informationshoheit“ über die Kommunikation behalten kann.

- dem Buchhandel am Erscheinungstermin punktgenau Käufer zugeführt werden und der Verlag damit für das Sortiment attraktiver wird.

- der Verlag harte Fakten für Verkaufsargumentation und Auflagenplanung an die Hand bekommt.

Die Verlage können Ihre Reihen gegen Gebühr auf buchregal.com einstellen. Die Kosten orientieren sich an den branchenüblichen Werbemitteln. Jedes Buch bekommt einen eigenen Link, mit dem in den bislang erschienenen Bänden geworbenen werden sollte. Es ist kein Titelbild notwendig und auch noch keine Bibliografie oder gar ein EVT. Dem Leser soll lediglich das Signal gegeben werden „es geht weiter“ und „Du bleibst dabei“. Sukzessive werden die Informationen ergänzt, sobald sie verfügbar sind. Der Leser kann sich nun in eine Mailingliste eintragen, die ihn über den weiteren Fortgang auf dem Laufenden hält. Er bekommt garantiert nur Informationen zu diesem Einzeltitel. Es erfolgt keine Werbung nach dem Prinzip „Kunden, die sich hierfür interessieren, interessieren sich auch dafür“.

Unterstützung für den Handel

Der Verlag kann verschiedene Pakete buchen. Das Komplettpaket informiert den Leser und bringt ihn per Newsletter auf den neuesten Stand. Dies können Informationen über das Titelbild, den Titel des Buches an sich, Leseproben oder Ausschnitte, Lesereisen oder ähnliches sein. Basis und Grundmodel ist die schlichte Information: Jetzt wurde das Buch ausgeliefert und kann im Handel erworben werden.

buchregal.com kann darüber hinaus ein wertvoller Indikator sein. Die Abonnentenzahlen übermitteln sehr schnell ein klares Bild, wie ein Titel überhaupt bei den Lesern ankommt und wie groß das Interesse an einer Fortsetzung ist. Die beteiligten Verlage erhalten regelmäßig die aktuellen Zahlen und können damit ihren Außendienst und den Buchhandel im Verkaufsgespräch unterstützen und ihre Auflagenzahlen besser absichern. Denn die Leser, die sich hier eintragen, sind nahezu hundertprozentig auch Käufer.

Es entsteht eine lückenlose Verbindung vom Verlag zum Leser unter Einbindung des Buchhandels. Denn buchregal.com betätigt sich nicht als Händler. Es bleibt dem Kunden überlassen, wo er sein Buch letztendlich kauft. Die Befragung von walz 2 consult ergab: 48% tun dies im stationären Handel und 40% kaufen im Internet.

Eine stichprobenartige Untersuchung am Rande ergab übrigens, dass sich auch der Buchhandel häufig noch mangelhaft informiert fühlt. Fast alle der befragten Buchhändler gaben an, ein solches Internetportal unbedingt auch nutzen zu wollen.

Oder wie die Autoren des Zukunftsinstituts in ihrer aktuellen Studie „Service-Märkte: Die neuen Dienstleister“ schreiben: „Die neue Service-Ökonomie, die sich herauszubilden beginnt, erlaubt es uns, endlich auf das Wesentliche zuzusteuern: auf uns selbst – auf unser Träume und Sehnsüchte – und auf unsere Beziehungen – auf unsere emotionalen Wünsche und Bedürfnisse“.

Es wird Zeit, dass auch die Buchbranche diesen Weg einschlägt.