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Wir haben verstanden?

Kundenbindung ist in aller Munde. Doch erfolgreiche Beispiele gibt es nur wenige.
Stephan Metzger | 30.09.2005
„Kundenbindung ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Da sind wir sehr aktiv.“ „Kundenbindung? Das ist doch gerade in schwierigen Zeiten ein wichtiges Thema.“Rein rational haben viele Unternehmen das Thema Kundenbindung bereits in Angriff genommen. In der Praxis jedoch laufen viele Aktionen ins Leere. Das hat vor allem zwei Gründe: Dem Kunden wird kein konkreter Nutzen geboten und er muss oft zu lange auf die in Aussicht gestellte Prämie warten.

Dabei zahlt es sich vor allem in wirtschaftlich schwierigen Phasen aus, die Kundenbindungsmaßnahmen zu intensivieren. Das konsequente Ausschöpfen des vorhandenen Kundenpotenzials bietet – im Vergleich zur relativ kostspieligen Neukundengewinnung – die Chance
zu „preiswertem“ Wachstum.

Doch die Verunsicherung ist groß:„Wie führe ich unrentable Kunden in die Gewinnzone?“oder „Wie intensiviere ich die Kundenbeziehung ohne Mehrkosten?“ sind nur einige Fragen, die vielen Unternehmen derzeit unter den Nägeln brennen.

Für die Schweizer Optikerkette Kochoptik, mit 15 Filialen eine der größten Optikerketten der deutschsprachigen Schweiz, steht derzeit vor allem die Frage „Wie aktiviere ich meine bestehenden Kunden?“ im Vordergrund. Denn was die Kundenbindung in der Optikerbranche erschwert, ist eine geringe Wiederkaufrate: Alle vier bis fünf Jahre entscheidet sich der Durchschnittskunde für den Kauf einer neuen Brille.

Ein langer Zeitraum, den die Schweizer Optikerkette durch gezielte Mailing-Aktionen verkürzt. Über zielgruppenspezifische Angebote wird der Kunde zu einem Besuch in einer Kochoptik-Filiale angeregt, wo ihm kostenlose Service-Leistungen wie beispielsweise eine ausführliche
Sehanalyse angeboten werden und wo er sich im Idealfall zum Kauf einer neuen Brille entschließt.

Welche Kunden sind die richtigen?

Doch wie lassen sich aus dem Gesamtpotenzial der Kundenadressen, diejenigen herausziehen, die als kaufaffin gelten? Die detaillierte Analyse des Kundenstamms über das Entscheidungsbaumverfahren grenzt die Faktoren ein, die einen Kauf zum aktuellen Zeitpunkt am
wahrscheinlichsten machen. Relevant sind demnach die Anzahl der Käufe insgesamt, das Datum und der Wert des letzten Kaufs. Damit wird deutlich: Die klassischen Versandhandelskennzahlen, ermittelt nach der RFMR-Methode, gelten auch im Einzelhandel beziehungsweise
in einer Branche mit langen Kaufintervallen. Bei Kochoptik hat sich etwa ein Drittel des gesamten Adressbestands als mailing-relevant erwiesen.
Die Frage nach dem Kundenwert gehört zu den „Basics“ effizienter Kundenbindungsmaßnahmen. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht.Viele Kundenbindungsprogramme scheitern, weil sie auf die falsche Zielgruppe abheben.

Der Kunde gibt die Richtung vor.

Erfolgreiche Kundenbindung setzt voraus, dass die Bedürfnisse der Zielgruppe analysiert und daraus die passenden Angebotsformen entwickelt werden. Im Fall Kochoptik heißt das: vier verschiedene Angebotselemente, verpackt in einem Mailing. Damit werden je
nach Bedürfnis des Kunden verschiedene Anknüpfungspunkte geboten. Preisbewusste finden sich in dem Angebot „Pro Lebensjahr 1% Rabatt auf jedes Brillengestell“ wieder, das aufgrund des relativ hohen Altersdurchschnitts der Zielgruppe den größten Nutzwert liefert. Da der Kunde sein Alter mitteilt, ergibt sich dadurch eine wertvolle Zusatzinformation für weitere Aktionen wie zum Beispiel ein Geburtstagsmailing.

Um die Besuchsfrequenz in den Filialen zu erhöhen, wird ein Gewinnspiel integriert, das ebenfalls Elemente für die weitere Qualifizierung des Adressbestands enthält. Anhand der Frage „Welcher Brillentyp sind Sie?“ kann sich der Kunde in die Kategorien „klassisch“, „sportlich“ und „ausgefallen“ einordnen und künftig noch zielgerichteter angesprochen werden.

Die Beratungskompetenz der Spezialisten bei Kochoptik wird durch das Angebot einer Sehanalyse mit kostenlosem Sehtest kommuniziert. Zusätzlich erhöht auch dieses Element die Besuchsfrequenz in den Filialen.

Das gilt auch für den vierten Angebotspunkt „Ihre zweite Fassung gratis“, der in erster Linie aber eine Upselling-Funktion hat. Angebote, die beim Kunden ankommen – die ursprünglich anvisierte Response-Quote jedenfalls wurde schon im Lauf der Aktion deutlich übertroffen.

Erschienen in ONEtoONE Jahrbuch 2004