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Autokäufer: Händler müssen sich grundlegend ändern

Internationale McKinsey-Umfrage unter Autokäufern: Testfahrt-Center und Superstores als Antwort auf Onlinehandel.
McKinsey & Company | 10.03.2014
Der klassische Autohandel ist durch Online-Angebote unter Druck. Er wird aber seine zentrale Rolle auch in Zukunft behalten, sofern er sich den veränderten Kundenwünschen anpasst. Autokäufer informieren sich zunehmend im Internet, 82 Prozent wollen aber auf die Probefahrt und damit den Besuch beim Händler vor der finalen Kaufentscheidung nicht verzichten. Dies ergibt eine aktuelle Branchenstudie mit dem Titel "Innovating Automotive Retail" der Unternehmensberatung McKinsey & Company. Für die internationale Vergleichsstudie wurden mehr als 4.500 Autokäufer in Deutschland, Großbritannien, Italien, China und den USA befragt.

Die Händler können punkten, indem sie auf die Veränderungen reagieren. "Der Markt wird sich auseinanderentwickeln: Händler, die Investitionen in neue Formate stemmen können, werden sich von den anderen deutlich absetzen", sagt Detlev Mohr, europaweiter Leiter der Automobilberatung bei McKinsey. Mehr als 80 Prozent der Neuwagenkäufer und fast 100 Prozent der Gebrauchtwagenkäufer beginnen ihre Überlegungen zum Kauf eines Fahrzeuges online. "Der Händler verliert in der Anfangsphase die Informationshoheit über das Produkt", so Mohr. Daher ist es für Händler sinnvoll, ihre eigenen Online-Aktivitäten (Websites, Blogs, Foren) besser mit den Angeboten im Laden zu verzahnen. Mohr: "Während der Kunde früher fünf Mal ins Autohaus kam, bevor er sich für ein Fahrzeug entschied, ist es heute oftmals nur noch ein Besuch."

Dabei zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen: Vor allem junge Autokäufer zwischen 18 und 34 beginnen ihre Recherche beim Autokauf online – bei den über 55-jährigen ist der Händler nach wie vor die wichtigste Informationsquelle, das Internet folgt jedoch schon auf dem zweiten Platz. Außerdem kommen die Kunden schon sehr viel besser informiert zu den Händlern. Dennoch macht es für 41 Prozent der Befragten einen wesentlichen Unterschied, ob der Verkäufer Erfahrung mit dem gesuchten Auto hat. 29 Prozent nennen die Information über die Lieferbarkeit als wichtigsten Grund für den Besuch im Autohaus statt sich nur online zu informieren.

Ein weiterer potenzieller Pluspunkt für Händler: Die Fahrzeuge werden immer komplexer und damit erklärungsbedürftiger. Die anspruchsvolle Ausstattung der heutigen Fahrzeuge mit zunehmender Elektrifizierung, Vernetzung von Smartphones und mobilem Internet sowie zahlreichen automatischen Funktionen erfordert ein hohes technisches Verständnis. Das alles vor Ort erklären zu können, kann zum entscheidenden Argument werden – wenn das Personal dazu in der Lage ist. "Die Verkaufsmitarbeiter müssen viel besser geschult werden als früher", sagt Marcus Hohmann, einer der Autoren der Studie.

"Händler sollten noch viel stärker ihre Vorteile ausspielen", ergänzt Detlev Mohr. Dazu gehören neue Formate, die den Kundenwünschen optimal entgegenkommen. So bietet beispielsweise der Bau von Testfahrt-Centern eine gute Möglichkeit, Kunden anzuziehen. Mit einer breiten Palette für Probefahrten verfügbarer Wagen lässt sich die Bedeutung des stationären Handels untermauern. Eine andere Möglichkeit sind so genannte Superstores, in denen eine hohe Anzahl verschieden ausgestatteter Modelle und Varianten für den Spontankauf ohne Lieferzeit bereitstehen, Marcus Hohmann: "Wenn die Händler in die richtigen Formate investieren, können sie ihre Marge auch in Zukunft halten."

Die Ausgangslage der Branche erzwinge ein Umdenken, so der Berater. Denn "die Margen der Händler sind zwar nach der Krise wegen der Ausdünnung des Händlernetzes wieder angestiegen – seit 2011 sehen wir aber einen erneuten Rückgang". Nur 1,3 Prozent Umsatzrendite wiesen die deutschen Händler 2013 aus, während ihre Anzahl seit 2006 von 16.000 auf 13.300 zurückgegangen ist. Nun gelte es, diesem Trend entgegenzuwirken.

Hintergrund
McKinsey & Company ist die in Deutschland und weltweit führende Unternehmensberatung für das Topmanagement. 28 der 30 DAX-Konzerne zählen aktuell zu den Klienten. In Deutschland und Österreich ist McKinsey mit Büros an den Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München, Stuttgart und Wien aktiv, weltweit mit 102 Büros in 52 Ländern.