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Deutsche Medienhäuser suchen nach neuen Investitionsfeldern für digitales Wachstum

Anzahl nicht-markenbezogener Online-Aktivitäten steigt 2016 deutlich um 13%.
Die größten deutschen Medienhäuser verstärken 2016 ihre Investitionen in nicht-markenbezogene Online-Aktivitäten. Die betrachteten Verlage und TV Sender steigern ihre Engagements in digitale Geschäftsmodelle mit +13% mehr Online-Aktivitäten. Doch Optionen für große Deals in Deutschland werden seltener. Daher schauen sich die Unternehmen nach alternativen Investitionsfeldern um: Verstärkte Auslandsinvestitionen sowie zuvor weniger beachtete Kategorien wie Technical Support & Platforms stehen zunehmend im Fokus. B2C-Paid Content und B2B-Services sind die am stärksten wachsenden Geschäftsmodelle. Zudem nutzen die meisten Medienhäuser mittlerweile professionelle Strukturen, um digitale Unternehmen in ihrer Frühphase zu identifizieren und zu fördern. Dies sind zentrale Ergebnisse der aktuellen Studie „Gute Saat, goldene Ernte“ von OC&C Strategy Consultants. Das internationale Strategieberatungsunternehmen untersucht bereits im zehnten Jahr die Entwicklung nicht-markenbezogener Online-Aktivitäten großer Medienhäuser auf dem deutschen Markt[1]. Dabei werden Investitionen und Beteiligungen betrachtet, die jenseits des eigentlichen Kerngeschäfts liegen.

„Der Großteil des Wachstums geht auf das Konto der digital schon sehr aktiven Medienhäuser. Die Schere zwischen den aktiven und abwartenden Playern geht daher immer weiter auseinander. Die Unternehmen verfolgen mit ihren Investments vielfach eine strategische Fokussierung auf bestimmte Felder und Kategorien. Hoch im Kurs stehen derzeit Rubriken, Technical Support & Platforms sowie E-Commerce-Marktplätze. Daneben folgen einige Medienhäuser dem Trend, B2C-Paid Services und B2B-Services als Geschäftsmodelle auszubauen und integrieren sich somit stärker in die Wertschöpfungskette“, erklärt Andreas von Buchwaldt, Partner bei OC&C und Co-Autor der Studie.

Springer, ProSiebenSat.1 und Ströer sind besonders aktiv und erweitern ihre Portfolios

Das Verlagshaus Axel Springer hält 2016 mit einem Nettozuwachs von elf Beteiligungen bei 19 Zugängen das größte Portfolio mit insgesamt 90 Online-Aktivitäten. Einen Nettozuwachs von jeweils zwölf Beteiligungen verbuchen ProSiebenSat.1 sowie Ströer. Beide Medienhäuser zählen auch hinsichtlich der Anzahl an Online-Aktivitäten zu den führenden Unternehmen. ProSiebenSat.1 hat mit 83 Beteiligungen das zweitgrößte Portfolio der untersuchten Medienhäuser. Ströer (44 Beteiligungen) folgt hinter Burda (46 Beteiligungen) mittlerweile auf Platz vier. ProSiebenSat.1 baut das Portfolio quantitativ vor allem mit E-Commerce Angeboten wie Foodist, Vitafy oder AsanaYoga aus. Das größte Investment der Unterföhringer waren indes die gut 100 Mio. Euro für die Übernahme von 50% plus einer Aktie der Hamburger Parship Elite Group im Bereich Online-Dating. Axel Springer erweitert die erfolgreiche Kategorie „Rubriken“ mit neuen Plattformen wie CareShip, BookAStreetArtist oder TraumFerienwohnung. Die größte Investition hat der Berliner Medienkonzern in den USA getätigt und für eMarketer über 200 Mio. Euro in die Hand genommen. Ströer, mittlerweile der größte deutsche Digital-Vermarkter, konnte einige große Deals in Deutschland verbuchen: Anfang des Jahres wurde mit der OMS Vermarktungs GmbH ein Schwergewicht der Digitalvermarktung übernommen. Zudem hat Ströer in Beteiligungen wie Statista, StayFriends und Asam Kosmetik kräftig investiert.

„Die Investitionen in Online-Beteiligungen machen sich für die Medienhäuser immer stärker bezahlt. Der digitale Anteil an Umsatz und Gewinn wächst bei fast allen Unternehmen. Herausragende Ergebnisse erzielt Axel Springer: Das Berliner Medienhaus generiert mittlerweile 62% des Umsatzes und 77% des EBITDA-Beitrags durch das Digitalgeschäft. Das sind auch international Spitzenwerte, die nur vom südafrikanischen Medienunternehmen Naspers mit einem Anteil von 67% des Umsatzes aus den digitalen Aktivitäten übertroffen werden“, ordnet Michael Rzesnitzek, ebenfalls Partner bei OC&C und Co-Autor der Studie, die Entwicklungen ein.

Auch Burda mit einem digitalen Umsatzanteil von 51% sowie Ströer (30%) und ProSiebenSat.1 (26%) erzielen signifikante Umsatzanteile mit Online-Aktivitäten und treiben so ihr Geschäft voran. Die Medienhäuser ernten nun finanziell, was sie zuvor in Form von Investitionen und strukturellen Voraussetzungen gesät haben.

Weitere aussichtsreiche Strategien: Startup-Förderung und Internationalisierung


Um das Wachstum der vergangenen Jahre auch weiterhin aufrecht zu erhalten bzw. auszubauen, suchen die deutschen Medienhäuser vermehrt nach neuen Investitionsfeldern. Neben dem Trend zu serviceorientierten Geschäftsmodellen und Investments in neue Kategorien, richtet sich der strategische Fokus der Medienhäuser auf die Frühphasenförderung von Unternehmen und die Suche nach internationalen Möglichkeiten. So versuchen die deutschen Medienhäuser ihre erfolgreichen Geschäftsideen auch international auszubauen. Aktivitäten in bislang weniger beachteten Kategorien nehmen zu und die Medienhäuser bieten vermehrt Angebote mit Services für Endkunden und Geschäftspartner an. Außerdem haben deutsche Medienhäuser ihre Investitionsstrategien und das Portfoliomanagement in den vergangenen Jahren deutlich professionalisiert.

„Umsatz und Gewinn werden bei immer mehr Medienhäusern vom Digitalgeschäft getrieben. Gute Optionen werden allerdings rarer – das gilt insbesondere für große Investitionen. Die bislang erfolgversprechenden Kategorien Content, E-Commerce und Marketing Support Services sind inzwischen so stark durchdrungen, dass die Medienhäuser sich vermehrt auf alternative Akquisitionsfelder konzentrieren. Auf der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten werden sich die Medienhäuser auch intensiv im Ausland umsehen müssen und neue Geschäftsmodelle mit Service-Schwerpunkt u.a. über Startups fördern“, so der abschließende Ausblick von Michael Rzesnitzek.

Über die Studie

Seit 2007 untersucht OC&C die Entwicklung der Online-Aktivitäten der großen Mediengruppen auf dem deutschen Markt. Hierbei werden alle Beteiligungen und Investitionen aufgenommen, die Medienunternehmen im digitalen Bereich getätigt haben und die keinen direkten Bezug zu den Medienmarken aufweisen. Die Begriffe „Beteiligung“ und „Investition“ beschränken sich dabei nicht allein auf formalrechtliche Beteiligungsverhältnisse, sondern schließen ausgewählte Eigengründungen und vereinzelte weitere Online-Aktivitäten mit ein. Sofern ein Medienunternehmen mindestens 50% an einer Tochter / einem Fonds hält, werden auch deren / dessen Beteiligungen aufgenommen. Selektiv werden auch internationale Aktivitäten erfasst – diese werden jedoch nicht in die quantitativen Auswertungen einbezogen.