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Amazons wachsende Stärke auf dem digitalen Werbemarkt

Google und Facebook saugen einen großen Teil der Werbebudgets auf, für andere Player bleiben nur die Krümel. Doch jetzt bewegt sich etwas.
Gemius SA | 23.05.2018
Amazons wachsende Stärke auf dem digitalen Werbemarkt © Pixabay / geralt
 
Die Marktanteile der digitalen Publisher schienen auf lange Zeit festgelegt. Ob in den USA oder in Deutschland: Google und Facebook saugen einen großen Teil der Werbebudgets auf, für andere Player bleiben nur die Krümel. Doch jetzt bewegt sich etwas. Amazon will seine dominierende Stellung im Online-Handel nutzen, um auch in der Digitalwerbung eine Machtposition aufzubauen. Aktuelle Daten zeigen, wie Amazon im Jahresvergleich die Anzahl seiner ausgelieferten Ad Impressions und die Reichweite in Deutschland deutlich steigern konnte und z.B. gegenüber Ebay, der derzeit bei digitaler Werbung noch führenden E-Commerce-Plattform, stark aufholt.

Die Diskussionen um Viewability, Brand Safety und Ad Fraud, die Drohungen von Procter & Gamble wegen mangelnder Transparenz bei Sichtbarkeit und Effizienz Online-Werbebudgets zu kürzen – all das hat dem digitalen Werbemarkt in Deutschland bisher offenbar nicht geschadet. Laut Online-Vermarkterkreis (OVK) sind die Ausgaben für digitale Werbung im vergangenen Jahr um 8 % gewachsen. Für dieses Jahr wird eine weitere Steigerung von 10 % vorhergesagt, die Nettoumsätze würden damit auf 2,2 Milliarden Euro steigen.

Beherrscht wird dieser Markt derzeit noch von Google und Facebook, weltweit gingen 2017 ca. 60% der digitalen Werbeumsätze auf ihre Konten. Nach Angaben von Pivotal Research erzielen beide zusammen z.B. über 70 % der digitalen Werbeumsätze in den USA. Amazon liegt dort auf Platz 5 – mit gut 2 % Umsatzanteil. Hierzulande sieht es nach Schätzungen ähnlich aus. Doch jetzt will der E-Commerce-Gigant auch zum Werberiesen aufsteigen. Für dieses Jahr plant das Unternehmen einen weltweiten Vorstoß auf die digitalen Werbemärkte. Im Interview mit einer deutschen Marketingzeitung sprach Amazon-Werbechef Philip Missler auch für Deutschland von „ehrgeizigen Wachstumsplänen“.

Ist diese Entwicklung auf den deutschen Webseiten der großen Player schon ablesbar? Bei einem Jahresvergleich von Kampagnen auf Facebook, Amazon oder Ebay mit gemiusAdReal™ - einem Tool, das erstmals eine vollständige, repräsentative Analyse der Reichweite von Online-Kampagnen zulässt - hat das Medienforschungsunternehmen Gemius zumindest einige auffällige Trends entdeckt. So konnte Amazon hierzulande unter den Publishern seinen Marktanteil bei den Ad Impressions innerhalb eines Jahres um fast ein Drittel steigern: Im Februar 2018 erzielte das Unternehmen über alle Anzeigenformate 3,3% aller Ad Impressions in Deutschland. Das bedeutete Platz 8 aller Publisher im digitalen Werbemarkt in Deutschland. Die wahre Stärke liegt jedoch in der Reichweite, die Amazon seinen Werbekunden bieten kann. Laut gemiusAdReal™ werden durchschnittlich 55% aller Internetnutzer in Deutschland mit Anzeigen bei Amazon erreicht.* Im Jahresvergleich verbesserte sich Amazon damit vom fünften auf den dritten Platz bei der Reichweite aller Publisher auf dem deutschen Online-Markt.

Derzeit erzielt Amazon laut gemiusAdReal™ noch drei Viertel aller Impressions auf seiner Seite mit eigenen Kampagnen. Die Präsenz von Kleinunternehmen und globalen Konzernen wie Philips oder Procter & Gamble jedoch wächst. So ist Amazon.de die Nummer 1 bei den von P&G-Kampagnen angesteuerten Webseiten: 4,5 Millionen Menschen und damit fast 30 % aller Real User, die mit ihren Online-Kampagnen im Februar 2018 in Deutschland in Kontakt kamen, wurden bei Amazon erreicht. Philips erreichte im Februar 2018 mit Anzeigen bei Amazon.de 3,8 Millionen Real User, das waren ca. 80 % der vom Unternehmen insgesamt hierzulande mit Online-Werbung erreichten Menschen. Bei der Deutschen Post DHL Group löste Amazon sogar Ebay als wichtigsten Digitalwerbekanal ab: 2017 hatte DHL noch fast doppelt so viele User über Ebay erreicht wie über Amazon. Im Februar 2018 aber betrug die Reichweite 3,1 Millionen bei Amazon vs. 2,4 Millionen bei Ebay. Auch WPP-Chef Martin Sorrell gab auf CNBC offen zu, dass sein Netzwerk die Ad Spendings für Kunden bei Amazon in diesem Jahr weltweit um 50% erhöhen wird.

Für Werbetreibende liegen die Vorteile von Kampagnen bei Amazon auf der Hand: Google kennt zwar unseren Suchverlauf und Facebook weiß, was wir mögen – damit können Vorhersagemodelle unsere möglichen Shopping-Präferenzen errechnen. Aber niemand weiß mehr darüber, was wir kaufen wollen oder gekauft haben, als Amazon. Bei weltweit über 300 Millionen aktiven Kundenkonten ist das ein enormer Datenschatz, auch für Werbetreibende. „Die Nutzung von anonymisierten Käuferdaten bei der Aussteuerung von Kampagnen führt zu besseren Conversion Rates und erzielt erwiesenermaßen höhere Verkaufserlöse als ein rein demografisches Targeting“, sagt Vesna Gordon, CEO bei Ace Research, dem exklusiven Vertriebspartner von gemiusAdReal™ auf dem deutschen Markt. Für die Werbebranche ist mehr Wettbewerb im Online-Markt ganz sicher positiv. Auf der anderen Seite wächst die Marktmacht der US-Giganten insgesamt. Schon heute gehen 80 % aller zusätzlichen Ausgaben in der digitalen Werbung an Google und Facebook. Nach Prognosen werden es zusammen mit Amazon dann 95 % sein.

*Alle genannten Daten gelten für Desktop-Internetnutzer in Deutschland ab 14 Jahren