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Deutschland macht kaum Fortschritte bei der Förderung von Frauen am Arbeitsplatz

PwC-Studie zum Internationalen Frauentag 2019: Deutschland fällt beim „Women in Work Index“ auf Rang 18 von 33 OECD-Ländern zurück.
Deutschland macht kaum Fortschritte bei der Förderung von Frauen am Arbeitsplatz © Pixabay / hamonazaryan1
 
Deutschland gelingt es nicht, Frauen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren und Diskriminierung beim Gehalt abzuschaffen: Frauen verdienen hierzulande im Schnitt immer noch 22 Prozent weniger als Männer. Damit ist Deutschland in puncto „Gender Pay Gap“ eines der Schlusslichter unter den 33 OECD-Ländern, die PwC für den „Women in Work Index“ zum Internationalen Frauentag am 8. März analysiert hat.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Einkommenslücke in Deutschland kaum verringert (2000: 21,0 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr sind die Lohndifferenzen sogar leicht gestiegen (21,5 vs. 21,7 Prozent). Nur in Estland, Japan und Korea sind die Unterschiede noch größer. Bei der Lohngleichheit steht Luxemburg an der Spitze: Dort ist die Gender Pay Gap mit rund 4 Prozent nur gering.


Deutschland rutscht im Gesamtranking einen Platz ab



Aber nicht nur bei den Lohnunterschieden schneidet Deutschland schwach ab, auch die gesamte Arbeitssituation von Frauen ist hierzulande nur mittelmäßig: Mit einem Indexwert von 62 Punkten (Vorjahr: 61,4 Punkte) konnte sich Deutschland nur marginal verbessern. Im „Women in Work“-Ranking fällt Deutschland damit einen Platz zurück und liegt nur noch auf Rang 18 – knapp unter dem Durchschnitt der 33 analysierten OECD-Länder. Im Vorjahr belegte Deutschland immerhin noch Platz 16. Spitzenreiter ist wie in den vergangenen Jahren Island mit 79,1 Punkten, gefolgt von Schweden (76,7), Neuseeland (73,6), Slowenien (73,5) und Norwegen (72,3 Punkte). Ebenfalls in die Top 10 und damit weit vor Deutschland schaffen es andere EU-Länder wie Luxemburg, Dänemark, Polen, Finnland und Belgien. Schlusslicht ist Korea.

„Deutschland kommt bei der Förderung von Frauen im Arbeitsleben, wenn überhaupt, nur sehr langsam voran. Besonders beim geschlechtsspezifischen Lohngefälle und bei der Repräsentation von Frauen in Führungspositionen haben wir in den vergangenen Jahren kaum Fortschritte gemacht“, kommentiert Petra Raspels, Partnerin und Head of People & Organisation bei PwC Deutschland. „Will Deutschland den Anschluss nicht verpassen, muss hier dringend etwas passieren. Wir können es uns in Zeiten des Fachkräftemangels schlicht nicht leisten, auf gut ausgebildete weibliche Beschäftigte zu verzichten“, warnt die Personalexpertin.


Nur jeder fünfte Chefsessel ist weiblich besetzt



Denn auch bei der Vertretung von Frauen in Führungspositionen fällt Deutschland weiter zurück: 2017 stellten Frauen gerade einmal 21 Prozent der Vorstandspositionen. Das sind zwar 10 Prozentpunkte mehr als noch im Jahr 2010, aber ein Rückschritt im Vergleich zu 2016, als 27 Prozent der deutschen Chefsessel mit Frauen besetzt waren. Wie es gehen kann, zeigen auch an dieser Stelle die nordischen Länder: In Island sind Frauen mit 43 Prozent in den Chefetagen präsent. In Norwegen liegt der Anteil bei 42 Prozent; in Schweden immerhin bei 38 Prozent.

Ein möglicher Faktor, warum Frauen hierzulande weniger verdienen als Männer und seltener in Führungspositionen kommen: „Sie arbeiten häufiger in schlecht bezahlten Branchen wie Gesundheit, Pflege oder Bildung oder nehmen befristete Jobs an. Dazu kommt: Viele reduzieren ihr Arbeitspensum und arbeiten zugunsten der Familie in Teilzeit“, resümiert Petra Raspels. Während in Schweden und Island 83 bzw. 76 Prozent der Frauen ihren Beruf in Vollzeit ausüben, sind es in Deutschland nur 63 Prozent.


BIP ließe sich um 8 Prozent steigern



Dabei ist die Förderung von Frauen in der Arbeitswelt auch aus volkswirtschaftlicher Sicht sinnvoll: Die PwC-Studie hat berechnet, dass sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um acht Prozent steigern ließe, wenn Deutschland Beschäftigungsquoten von Frauen wie in Schweden erreichte. Wenn der Anteil der weiblichen Beschäftigung so hoch läge wie bei den Männern, würde das BIP um andere Faktoren bereinigt sogar um 12 Prozent zulegen.

„Arbeitgeber sind sich heute zwar viel bewusster, wie wichtig es nicht nur aus gesellschaftlicher, sondern auch aus ökonomischer Sicht ist, auf Diversität und Inklusion zu setzen. Diese Erkenntnis aber umfassend im eigenen Unternehmen umzusetzen und Unterschiede zu eliminieren, fällt vielen noch schwer. Nachhaltige Veränderungen in der Welt der Arbeit erfordern eine Mischung aus strategischer Klarheit, Verantwortung, Messbarkeit und Transparenz“, sagt Petra Raspels.

Einen kleinen Lichtblick gibt es: Deutlich mehr Frauen gehen heute einer bezahlten Arbeit nach als noch vor 20 Jahren. Die Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt ist in Deutschland seit dem Jahr 2000 gestiegen – von 63 Prozent auf 74 Prozent. Bei den Männern liegt dieser Wert seit Jahren konstant bei rund 82 Prozent.

Zur Berechnung des „Women in Work“ Index:
Der „Women in Work“-Index von PwC setzt sich aus fünf Indikatoren zusammen:
1. „Gender Pay Gap”, also Verdienstunterschiede zwischen Mann und Frau
2. Partizipation von Frauen am Arbeitsmarkt
3. Lücke zwischen der Partizipation von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt
4. Arbeitslosigkeit bei Frauen
5. Vollzeitbeschäftigung von Frauen