print logo

Eurovision stärkt Länderimage

ISM-Studie untersucht ESC-Effekt auf Tourismus und Sympathie.
Eurovision stärkt Länderimage © Pixabay / GregMontani
 
Der Eurovision Song Contest bringt auch kleine Länder auf die große Bühne und bietet gerade dem Austragungsort die Möglichkeit, seine weniger bekannten Facetten einem breiten Publikum zu zeigen. Doch kann er damit zum nachhaltigen Tourismusmotor werden? Seit dem letzten Jahr beschäftigen sich zwei Professoren der International School of Management (ISM) mit den Effekten des ESC. Die neuste Umfrage legt die Vermutung nahe, dass der ESC attraktive Regionen noch stärker hervorheben, aber keinen neuen Hype auslösen kann.

Der Sieger des Eurovision Song Contest 2019 heißt Duncan Laurence, bürgerlich eigentlich Duncan de Moor, und ist 25 Jahre alt. Viel wichtiger aber: Er kommt aus Südholland und hat den Niederlanden mit seinem Sieg die Austragung im nächsten Jahr gesichert. Wichtig ist das, weil Austragungsorte deutlich stärker in Erinnerung bleiben als die Gewinner, wie die Umfrage des ISM-Teams zeigt. So konnten rund 41 Prozent der Befragten richtig angeben, dass der Vorjahres-Wettbewerb in Portugal stattfand. Nur sechs Prozent kannten noch den Namen des Siegers.

Mit Israel hatte der ESC in diesem Jahr einen nicht unumstrittenen Gastgeber. Ein Drittel der Befragten sprach sich wegen der geographischen Lage überhaupt gegen Israels Teilnahme am Eurovision aus. Die Mehrheit argumentierte jedoch durch die Zugehörigkeit zum europäischen Kulturraum für die Integration. Konnte das Land durch die Austragung Fürsprecher gewinnen? "In unserer ersten Befragungswelle vor dem ESC wurden die politischen Entwicklungen im Land sowie die Sicherheitslage eher negativ bewertet, positiv stachen Tourismus und Kultur hervor", berichtet Prof. Dr. Jens Perret. "Einige derer, die den ESC verfolgt haben, gaben anschließend an, durch ihn motivierter zu sein, sich mit Israel zu beschäftigen. Auch hier überwiegen die Bereiche Tourismus und Kultur."

Obwohl der Fokus der Berichterstattung auf dem Gastgeberland lag, wurden alle Teilnehmerländer im Vorher-Nachher-Vergleich positiver bewertet. Signifikant sympathischer fiel die Bewertung bei Island aus. Die isländischen Vertreter Hatari sorgten nicht nur mit ihrer antikapitalistischen Performance für Aufsehen, sondern provozierten mit einem palästinensischen Banner sogar eine anschließende Petition für den Ausschluss Islands vom kommenden Wettbewerb. "Obwohl die Gastgeber die Austragung unpolitisch gestalten wollten, war absehbar, dass es zu Kontroversen kommt", so Perret. "Im Vorhinein haben ganze 79 Prozent der Befragten vorausgesagt, dass der Wettbewerb durch seinen Austragungsort stärker politisiert werden würde als in den letzten Jahren."

Dass Politisierung des Beitrags die Sympathie für ein Land durchaus steigern kann, zeigte im letzten Jahr schon Italien, dessen Vertreter in seinem Lied die Flüchtlingspolitik thematisierte. In der anschließenden Befragung wurde das Land dann deutlich sympathischer bewertet als im Vorhinein.

Ob sich der ESC-Faktor auch in einen Tourismus-Zuwachs umwandeln lässt, ist eher fraglich. Das einzige Land, das als Reiseziel deutlich an Attraktivität gewinnen konnte, ist Schweden. Das gehörte in der ersten Befragungswelle ohnehin schon zu den Top 5 der sympathischsten Länder und der beliebtesten Urlaubsländer. "Der ESC kann insbesondere attraktive Regionen noch stärker pushen", resümiert Perret. "Einen neuen Hype kann er aber scheinbar nicht auslösen."

Ein Tourismusmotor ist der Gesangswettbewerb nicht. Er kann aber zumindest kurzfristig zur Imagepflege dienen - und das nicht nur für die einzelnen Länder: "Interessant ist, dass dem ESC nach wie vor mehrheitlich zugesprochen wird, die Staaten Europas zusammenzubringen. Damit unterstützt er offensichtlich die Idee eines gemeinsamen Europas."