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Gutschein-Zwang schwächt Verbraucher

Verbraucherzentrale lehnt Corona-Vorhaben der Bundesregierung zu Reisen und Veranstaltungen ab.
Gutschein-Zwang schwächt Verbraucher © Pixabay / Bruno /Germany
 

Die Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) lehnt die Pläne ab, Verbrauchern ihr Recht auf Rückzahlung bereits gezahlter Beträge für Reiseleistungen und Veranstaltungstickets zu nehmen.

Nach geltender Rechtslage müssen Anbieter gezahlte Gelder an ihre Kunden zurück überweisen, wenn Reisen oder Veranstaltungen abgesagt werden. Plänen der Bundesregierung zufolge soll dies kurzfristig geändert werden: Verbraucher erhalten dann nach stornierten Reisen und abgesagten Veranstaltungen statt einer Rückzahlung nur noch einen Gutschein. Die neue Regelung soll offenbar rückwirkend durchgesetzt werden und für Reiseleistungen und Veranstaltungstickets gelten, die vor dem 8. März 2020 gekauft wurden und aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden.

Die Verbraucherzentrale Brandenburg hat bereits mehrere Beschwerden verunsicherter Verbraucher erhalten. Dr. Christian A. Rumpke, Geschäftsführer der VZB, dazu: „Hinter den derzeit diskutierten Gutscheinen verbergen sich in Wirklichkeit zinslose Zwangskredite für Unternehmen auf Kosten der betroffenen Kunden. Das lehnen wir entschieden ab und fordern die Politik auf, hier umzusteuern! Aus unserer täglichen Beratung wissen wir, dass viele Menschen gerade jetzt auf ihr Geld angewiesen sind. Zwangs-Gutscheine können Menschen in eine noch schwierigere finanzielle Lage bringen. Und es ist nicht sicher, ob Gutscheine nach einer Unternehmensinsolvenz überhaupt noch etwas wert sind.“

Bereits in den vergangenen Wochen haben immer mehr Reiseanbieter ohne gesetzliche Grundlage Rückzahlungen verweigert und nur Gutscheine ausgegeben, so die Erfahrungen aus der Beratung der Verbraucherzentrale. Gerade bei Pauschalreisen und Einzelreiseleistungen (z.B. Flugreisen, Hotelbuchungen, Mietwagen, Reisemobil- und Ferienhausvermietungen) geht es oft um sehr hohe Beträge, für die Menschen lange gespart oder sogar einen Verbraucherkredit aufgenommen haben. Wer dann noch um den eigenen Arbeitsplatz fürchten und das eigene Geld zusammenhalten muss, wird durch die neue Regelung in eine unmögliche Lage gebracht.

Auch die geplante Härtefall-Regelung ist Verbrauchern nicht vermittelbar: „Seit wann müssen Gläubiger ihren Schuldnern nachweisen, dass sie auf ihr Geld angewiesen sind“, fragt Rumpke. Die in den Plänen der Bundesregierung bislang sehr unkonkret gehaltene Härtefall-Regelung bringt Bedürftige in eine unwürdige Situation, die dann gegenüber Unternehmen möglicherweise persönliche Notstände belegen müssen, um doch Geld statt Gutschein zu erhalten.

„Bei Hilfen für Unternehmen in der Krise fordern wir, Fairness und Sozialverträglichkeit zu wahren. Hilfe in der Corona-Krise funktioniert nur partnerschaftlich, nicht gegeneinander“, so Rumpke. Statt Gutscheine verpflichtend zu machen, könnte der Rückzahlungszeitpunkt für fällige Beträge ausgedehnt werden. Zudem sollte die Bundesregierung einen Sicherungsfonds einrichten, der künftige Insolvenzen absichert, kurzfristig Liquidität zur Erstattung der Kundengelder ermöglicht und von den Unternehmen in den kommenden Jahren refinanziert wird. Zusätzlich darf das Modell nicht auf die Anbieter von Pauschalreisen beschränkt sein, sondern muss auch für Anbieter von Einzelreiseleistungen wie Fluggesellschaften oder Ferienhaus-/Reisemobilvermieter gelten.