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Versicherer & Nachhaltigkeit: Mehr Profil, Präsenz und Tatkraft bitte!

Aktuelle Studie "Nachhaltigkeit im Fokus" untersucht Motive, Verhaltensweisen und Wünsche der Konsumenten zur Nachhaltigkeit der Versicherer.
Rothmund Insights | 15.02.2021
Versicherer & Nachhaltigkeit in der Kundensicht © Rothmund Insights
 

Die große Mehrheit der Deutschen (89%) wünscht, dass Unternehmen in Zukunft nachhaltiger und umweltgerechter wirtschaften. Das gilt auch für die Versicherungsbranche. Mehr als jeder fünfte Verbraucher (22%) schreibt den  Versicherungsunternehmen bereits heute eine hohe Verantwortung für Nachhaltigkeit zu. Unter den aktiv nachhaltigkeitsbewussten Bundesbürgern tut dies sogar schon jeder dritte (32%). In Zukunft wollen insgesamt 53 Prozent aller Verbraucherinnen und Verbraucher – und sogar 70 Prozent der Nachhaltigkeitsbewussten – bei der Wahl von Versicherern und Versicherungsprodukten auf Nachhaltigkeit achten. Für die Versicherer ergeben sich daraus zahlreiche neue Chancen, zugleich aber auch neue Anforderungen. Aktuell zeigen sich die Versicherer in puncto Nachhaltigkeit aus Kundensicht erst wenig präsent und profiliert.


Dies zeigt die aktuelle Studie "Nachhaltigkeit im Fokus - Motive, Verhaltensweisen und Wünsche der Kunden" des Marktforschungsinstituts Rothmund Insights aus Köln. Über 1.000 Entscheiderinnen und Entscheider aus deutschen Haushalten im Alter zwischen 18 und 70 Jahren wurden repräsentativ zu ihren nachhaltigkeitsbezogenen Verhaltensweisen und Einstellungen in verschiedenen Lebensbereichen und speziell im Bereich Versicherungen befragt. Mit über 30 nachhaltigkeitsbewussten Haushaltsentscheidern wurde zudem über einen Zeitraum von 14 Tagen in einer Marktforschungs-Community eine vertiefende qualitativ-psychologische Untersuchung durchgeführt.

 


Nachhaltigkeit von Versicherern: Chancen stärker und besser nutzen

Im Vergleich zu anderen Branchen – wie etwa Energie, Landwirtschaft, Handel oder Mobilität – ist der Wunsch der Verbraucher nach mehr Nachhaltigkeit und nachhaltigen Angeboten im Versicherungsbereich zwar weniger stark ausgeprägt. Die grundlegende Tendenz weist aber in die gleiche Richtung: Am Thema Nachhaltigkeit kommt in Zukunft kein Unternehmen mehr vorbei – oder es droht zunehmend links liegen gelassen oder abgestraft zu werden.

 

Gerade Versicherern eröffnet Nachhaltigkeit viele neue Potenziale, die bisher erst wenig genutzt werden. Dies betrifft grundlegende Positionierungschancen ebenso wie die Erschließung attraktiver Zielgruppen durch nachhaltigkeitsorientierte Innovationen in den einzelnen Produktsparten. Nicht zuletzt kann die Digitalisierung als Nachhaltigkeitstreiber in Szene gesetzt werden: Beispielsweise indem der Wechsel von Kundinnen und Kunden in kosteneinsparende digitale Geschäftsprozesse durch Reinvestition in gemeinwohlorientierte Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekte belohnt wird.


„Versicherer sind gut beraten, Nachhaltigkeit gesamtunternehmerisch stärker in den Fokus zu nehmen, in ihr Werte- und Handlungssystem zu integrieren und die neuen Potenziale proaktiv zu nutzen“, sagt Jutta Rothmund, Wirtschaftspsychologin und Expertin für Nachhaltigkeitsforschung und Nachhaltigkeitsmarketing. „Damit verbundene Wandel- und Innovationserfordernisse sollten nicht auf die lange Bank geschoben werden.“

 


„Aktiv Nachhaltigkeitsbewusste“ als wichtige und attraktive Zielgruppe für Versicherer

Aktuell wächst die Zahl der Verbraucherinnen und Verbraucher, die Nachhaltigkeit nicht nur fordern, sondern auch selbst nachhaltigkeitsbewusst handeln und konsumieren. Derzeit macht diese Zielgruppe der "Aktiv Nachhaltigkeitsbewussten" in Deutschland bereits 42 Prozent aller Haushaltsentscheider aus – Tendenz steigend. Aktiv Nachhaltigkeitsbewusste kommen dabei – entgegen manch gängiger Klischees – aus der Mitte und Breite der Gesellschaft. Soziodemographisch lassen sie sich kaum von Otto Normalverbraucher unterscheiden (Alter, Geschlecht, Einkommen, Stadt/Land etc.).


In ihrem psychologischen Profil heben sie sich aber klar ab: Aktiv Nachhaltigkeitsbewusste sind im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt deutlich optimistischer und stärker zukunfts- und handlungsorientiert. Zugleich überdurchschnittlich informationsaktiv, offen und dankbar für Innovationen. Kennzeichnend für das Konsumverhalten der „Aktiv Nachhaltigkeitsbewussten“ ist eine signifikant höhere Bereitschaft, auf ein Stück Komfort und Bequemlichkeit zu verzichten und – sofern als notwendig und begründet erkannt – für nachhaltige Produkte etwas mehr zu bezahlen bzw. auf finanzielle Vorteile zu verzichten.

 

Dies gilt auch für Versicherungsprodukte: Beispielsweise wären 48 Prozent der aktiv nachhaltigkeitsbewussten 30-39-Jährigen (Altersgruppe gesamt: 32%) bereit, für nachvollziehbar nachhaltige Altersvorsorge-Produkte eine etwas niedrigere Rendite in Kauf zu nehmen. Gerade im Bereich der Altersvorsorge sind nachhaltige Produktvarianten für viele Kundinnen und Kunden heute schon ein Muss. Aber auch für die Sparten Sach und Kfz sind nachhaltige Tarife vorstellbar und attraktiv.

 

Nachhaltigkeitskommunikation vieler Versicherer bisher unzureichend

Um sich nachhaltig zu positionieren, müssen Versicherer das Thema auch stärker und überzeugender in ihrer B2C-Kommunikation aufgreifen. Ein Test der Websites von neun namhaften Versicherern ergab hier ein durchwachsenes Bild. Trotz einzelner Highlights und positiv überraschender Einblicke in bisherige Nachhaltigkeitsaktivitäten von Versicherern, wirken viele Informationen aus Verbrauchersicht noch diffus und unspezifisch. Haltungen und Aktivitäten erscheinen oft noch zu unverbindlich. Häufig sind Nachhaltigkeitsinformationen kaum auffindbar und wenig verständlich, da eher an ein Fachpublikum als an Otto Normalverbraucher adressiert. „Eine konsequent kundenzentrierte Nachhaltigkeitskommunikation ist gerade für Versicherer ein Muss“, sagt Jutta Rothmund.


Das Thema Nachhaltigkeit sollte beim Besuch der Homepage unmittelbar zugänglich und erfassbar sein – in Form konkreter Produkt- und Serviceangebote, als prägnanter, gut verständlicher Überblick über zentrale Nachhaltigkeitsaktivitäten des Unternehmens. Versicherer sollten auch in anderen Medien auf ihre Angebote und Aktivitäten für Nachhaltigkeit aufmerksam machen. Dabei darf jedoch nicht überzogen werden. Es gilt, glaubwürdig und authentisch bleiben.

 

Bei Versicherern sind die Verbraucher besonders sensibel für "Greenwashing"

Nachhaltigkeitsaktivitäten und Nachhaltigkeitskommunikation der Versicherer müssen substanzbasiert, nachvollziehbar und transparent sein, damit sie nicht zum Bumerang werden. Aktuell haben drei Viertel aller Haushaltsentscheider (75%) in Deutschland den Eindruck, dass "Nachhaltigkeit" oft nur eine Werbefloskel ist. Und vieles, was als nachhaltig oder grün angepriesen wird, dies in Wirklichkeit gar nicht ist. Diesem so genannten "Greenwashing" begegnen Verbraucherinnen und Verbraucher sehr kritisch. Zugleich finden es 86 Prozent schwer zu entscheiden, welche Produkte und Angebote tatsächlich nachhaltig sind und welche nicht. Speziell im Versicherungsbereich wird dies nicht zuletzt durch die bisher erst geringe Profilierung und Verankerung der Anbieter in puncto Nachhaltigkeit erschwert. Umso wichtiger ist es, dass Versicherer sehr transparent und nachvollziehbar kommunizieren. Praktisches Handeln und konkrete Maßnahmen überzeugen die Verbraucher zudem mehr als reine Ankündigungen und Absichtserklärungen. Als Devise für die Versicherer kann daher gelten: Lieber konkret, transparent und kontinuierlich in puncto Nachhaltigkeit handeln, als in zu große Schuhe und Gewänder zu steigen.


Impulse für stärkere Präsenz und für nachhaltigkeitsorientierte Produktinnovationen

Neben Analysen zu nachhaltigkeitsbezogenen Motiven, Verhaltensweisen und Wünschen der Verbraucher, liefert die vorliegende Studie den Versicherern zahlreiche Empfehlungen für wichtige Handlungsfelder, konkrete Nachhaltigkeitsaktivitäten und spartenbezogene Impulse für Produktinnovationen. Das Angebot nachhaltiger Produkte ist zentral, da wichtigster Kontaktpunkt für Kundinnen und Kunden. Zudem können die Versicherer mit eigenen Aktionen, Projekten und Green Sponsorings ihr Nachhaltigkeitsprofil schärfen. Wichtig dabei: Verantwortungsübernahme und Einsatz für mehr Nachhaltigkeit muss sichtbar, spürbar und erlebbar werden. Alltagsnähe und lokale Sichtbarkeit zahlen sich dabei besonders aus.

„Wir stehen in puncto Nachhaltigkeit am Anfang einer Entwicklung, die schnell eine hohe Dynamik entfalten kann“, resümiert Jutta Rothmund. „Die Versicherer sollten dabei nicht hinten anstehen. Derzeit sind andere Branchen deutlich weiter voran.“