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Corona-Krise bremst Werbemarkt 2020 aus

Politik muss Weichen für wirtschaftlichen Aufschwung stellen
Investitionen in Werbung in Deutschland 2017 bis 2020 © Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.
 

Die Werbewirtschaft in Deutschland erzielte 2020 ein Marktvolumen von rund 45 Mrd. Euro und verzeichnete damit pandemiebedingt einen Rückgang um sieben Prozent zum Vorjahr (2019: 48 Mrd. Euro). Die Investitionen in Werbung gingen um 3,4 Prozent zurück auf 33,7 Mrd. Euro während die Netto-Werbeeinnahmen der Medien um fünf Prozent auf 23,8 Mrd. Euro sanken – die starken Zuwächse der Online-Werbung kompensierten dabei in Teilen die herben Verluste anderer Gattungen. Auch die vom ZAW erhobenen weiteren Formen kommerzieller Kommunikation waren negativ betroffen, teilweise, wie z.B. Werbeartikel und Kataloge/Werbedrucke, stark überproportional (Rückgang um 17 Prozent). Der Anteil der Branche am BIP sank von 1,4 auf 1,3 Prozent. Die ZAW-Verbände erwarten die Erholung der Branche ab Herbst 2021, sofern die Politik die Weichen für den Aufschwung der Wirtschaft nun stellt. Bereits auf das Signal, das von den Koalitionsverhandlungen ausgeht, wird es ankommen. Erzeugen die Koalitionäre eine positive Aufbruchstimmung oder investiert die neue Bundesregierung ihre Energie in ideologische Verbotsdebatten. Neuerliche Werbeverbote wären Gift für die von der Pandemie hart getroffenen Unternehmen der Branche und ihre Beschäftigten.

 

Das Werbejahr 2020 wies coronabedingt fast durchgängig negative Kennzahlen auf. Die werbewirtschaftliche Rezession liegt mit minus 7 Prozent über dem erwarteten Rückgang der Gesamtwirtschaftsleistung von minus 5,1 Prozent (lt. Sachverständigenrat der Bundesregierung). Einzig die digitale Werbung verzeichnete ein deutliches Wachstum – die stetig steigende Online- und E-Commerce-Nutzung spiegelte sich in der vermehrten Buchung von Online-Werbung wider. Profiteure dieser Entwicklung waren die schon vor Corona außergewöhnlich marktstarken Plattformen. Sie konnten Ihre Erlöse und Marktanteile nochmals kräftig steigern – und Ihren Datenreichtum ausbauen. Damit ist der Regulierungsbedarf, um das Kippen des Marktes zu verhindern und einen effektiven Schutz vor Missbrauch von Marktmacht zu gewährleiten, noch einmal gestiegen.

Die Werbebranche trägt nicht nur aufgrund des hohen Markvolumens zur gesamtwirtschaftlichen Gesamtbilanz bei, ihre Leistungen haben quantifizierbare direkte Auswirkungen auf die Volkswirtschaft insgesamt. Der Hebel, der werbewirtschaftlichen Investitionen zukommt, zeigte sich 2020 im Negativen: Da die Investitionen in Werbung im Vorjahresvergleich um 3,4 Prozent bzw. 1,19 Mrd. Euro sanken, bewirkte dies einen Negativeffekt von -3,57 Mrd. Euro auf das BIP. Das nominale BIP sank 2020 allein durch diesen Effekt um 3,3 Prozent auf 3.336,2 Mrd. Euro. Das Anspringen der Werbekonjunktur ist damit über die Wertschöpfung der Branche selbst von hoher Bedeutung.

 

ZAW-Frühjahrstrendanalyse 2021

93 Prozent der ZAW-Mitglieder gaben an, dass bei ihren Mitgliedsunternehmen in der aktuell 500 Tage währenden Pandemiezeit Kurzarbeit stattfand. Während die ZAW-Stellenangebotsanalyse 2020 einen deutlichen Rückgang der Angebote für Werbeberufe mit -35 Prozent ergab, lieferte der Dezember bereits ein positives Signal mit 24 Prozent mehr Jobangeboten. Dieser Trend setzt sich im 1. und beginnenden 2. Quartal 2021 fort.

Der Großteil der befragten ZAW-Mitglieder geht laut Frühjahrstrendanalyse von einer Stabilisierung der Werbeeinnahmen ab dem 3. Quartal 2021 aus. Die Rückkehr der Werbebudgets zum Vorkrisen-Niveau erwartet die Mehrheit der Befragten, gute politische Rahmenbedingungen vorausgesetzt, erst ab 2022. „Die Talsohle, die die Branche durchschreitet ist möglicherweise länger als wir es uns wünschen und es ist offen, ob die Rückkehr zu alter Form für alle Gattungen gleichermaßen erfolgen wird“, gibt Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer des ZAW, zu bedenken.

Andreas F. Schubert, Präsident des ZAW, verweist auf die hohe Bedeutung, die eine anspringende Werbekonjunktur hat: „Werbung schafft einen für die Demokratie unverzichtbaren Public Value. Werbung refinanziert die vielfältige Medienlandschaft in Deutschland, ermöglicht Qualitätsjournalismus, und breite Information der Bevölkerung. Sie trägt die öffentliche Kommunikation. In Zeiten digitaler ‚Fake News‘ in den Plattformnetzwerken ist dies wichtiger denn je. Die Verantwortung der Politik zur Sicherstellung einer tragfähigen werblichen Finanzierung von Qualitätsmedien und die Schaffung optimaler Bedingungen für deren Werbekonjunktur ist größer denn je. Aber auch die Branche selbst trägt Verantwortung für den Erhalt eines funktionierenden Werbeträgersystems.“ 

Für das Gesamtjahr 2021 geht der ZAW von einem Wachstum des Werbemarktes zwischen + 5 und +10 Prozent aus, vorausgesetzt, dass das Impftempo hoch bleibt, sich die Infektionslage weiter verbessert und keine Eingriffe des Gesetzgebers erfolgen, die die Möglichkeiten der Marktkommunikation beschneiden. „Die Werbewirtschaft ist eine sehr dynamische Branche, die sensibel auf positive Stimmungen in Handel und Produktion reagiert, sie aufnimmt und weiterträgt. Sie wird liefern. Vorausgesetzt, der Griff in das Räderwerk der Branche durch unsachgemäße politische Interventionen unterbleibt“, prognostiziert ZAW-Präsident Schubert.

Mit Blick auf die anstehenden Bundestagswahlen mahnt er: „Die Werbewirtschaft erzeugt signifikanten volkswirtschaftlichen Mehrwert. Politische Eingriffe in die Marktkommunikation wären nicht nur Gift für eine in weiten Teilen hart getroffene Branche, die vielen Beschäftigten in werbenden Unternehmen, den kreativen Berufen und den Medien. Sie wären auch glatt kontraproduktiv für den dringend benötigten gesamtwirtschaftlichen Aufschwung. Aufgabe des Staates ist es jetzt, das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft zu achten, die Beschäftigung, Innovationen und angemessene Preise durch unternehmerischen Wettbewerb hervorbringt und uns damit die gewaltigen Aufgaben der Zukunft bewältigen lässt.“

 

Die Entwicklung 2020 im Detail

Marktkonzentration im Digitalen wächst weiter

Die Werbewirtschaft in Deutschland erzielte 2020 ein Marktvolumen von rund 45 Mrd. Euro und verzeichnete damit pandemiebedingt einen Rückgang um sieben Prozent zum Vorjahr (2019: 48 Mrd. Euro). Die Investitionen in Werbung gingen um 3,4 Prozent zurück auf 33,7 Mrd. Euro (2019: 34,89 Mrd.), während die Netto-Werbeeinnahmen der Medien um fünf Prozent auf 23,8 Mrd. Euro sanken (2019: 25,0 Mrd.) – die starken Zuwächse der Online-Werbung kompensierten dabei in Teilen die Verluste der anderen Gattungen. Auch die weiteren Formen kommerzieller Kommunikation wie z.B. Werbeartikel waren mit einem Rückgang um 17 Prozent auf 11,2 Mrd. Euro negativ.

Einzig die Online-Werbung konnte zweistellig auch aufgrund zunehmender Online- und E-Commerce-Nutzung wachsen. Die Internetwerbung setzt sich in der ZAW-Nettosystematik aus Search, Display Ads (darin enthalten In-Stream Videowerbung), Classifieds und In-Stream Audiowerbung zusammen und erzielte insgesamt 9.953,9 Mio. Euro (2019: 8.989,9 Mio. Euro), ein Plus von 10,7 Prozent. Während Search, Display Ads und In-Stream Video zweistellig und In-Stream Audiowerbung einstellig wuchsen, sanken die Classifieds um drei Prozent. Pandemiebedingt ging z.B. die Schaltung von Stellenangeboten zurück, da viele Unternehmen ihre Suche nach Mitarbeitern aussetzten. Die übrigen Werbeträger – Fernsehen | Bewegtbild, Print, Direktwerbung, Außenwerbung, Radio | Audio und Kinowerbung – verzeichneten durchgängig ein Minus.

Das Online-Wachstum ist nicht allein durch die Pandemie-Umstände und ein hierauf ausgerichtetes digitales Marketing zu erklären: Infolge ihrer quasi-dominanten Marktpositionen profitierten wenige Plattformen nochmals überproportional vom Online-Werbeboom. So nahmen allein Google und Facebook 2020 weltweit gut jeden dritten Werbedollar – gemessen am gesamten, nicht nur am digitalen Werbemarkt – ein. Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer des ZAW, dringt daher auch auf eine effektive Ausgestaltung des europäischen Digital Markets Act (DMA): „Die EU hat hier die Pflicht, Behinderungen abzustellen und umfassend für Wettbewerbsgleichheit mit den marktdominanten Plattformen zu sorgen“. Auch die Datenschutzregulierung sollte dies berücksichtigen: „Die E-Privacy-Verordnung ist besorgniserregend, da sie in erster Linie Publisher behindert und den Datenreichtum der Megaplattformen weiter befördert. Der nun startende Trilog darf die Augen davor nicht verschließen. Andernfalls würde ausgerechnet Brüssel ein Szenario verordnen, bei dem jedem werbefinanzierten Angebot die datenbasierte Refinanzierung ohne Einwilligung der Nutzer verboten, gleichzeitig aber die Einwilligung für weite Teile der digitalen Wirtschaft faktisch nicht mehr einholbar und nutzbar wäre.“

 

Blick nach vorn, ZAW-Trendanalyse Frühjahr 2021

Der Großteil der befragten ZAW-Mitglieder geht, gute politische Rahmenbedingungen vorausgesetzt, laut Frühjahrstrendanalyse von einer Stabilisierung der Werbeeinnahmen ab dem 3. Quartal 2021 aus. Eine schwarze Null erwarten 20 Prozent im 4. Quartal 2021, eine Mehrheit von 40 Prozent ab dem 1. Quartal 2022 sowie 35 Prozent ab dem 2. Quartal 2022. Die Rückkehr der Werbebudgets zum Vorkrisen-Niveau sieht eine Minderheit von fünf Prozent für das 2. Halbjahr 2021, 32 Prozent erwarten dies im 1. Halbjahr 2022, 27 Prozent im 2. Halbjahr 2022 und 32 Prozent im 1. Halbjahr 2023.

93 Prozent der ZAW-Mitglieder gaben an, dass bei ihren Mitgliedsunternehmen in der aktuell 500 Tage währenden Pandemiezeit Kurzarbeit stattfand, sieben Prozent hatten keine Kurzarbeit.

Ein Drittel der ZAW-Mitglieder befürchtet, dass es zu Insolvenzen in den ihrer Branche angeschlossenen Unternehmen im laufenden Jahr kommen wird. Der Wert ist historisch hoch.

Die Stimmung in der Werbebranche wird im Frühjahr 2021 mit 3,3 Punkten (8=ausgezeichnet bis 1=bedrohlich) etwas besser bewertet als im Vorjahr (3,1 Punkte). In der Finanzmarktkrise im Frühjahr 2009 lag der Wert mit 3,6 deutlich besser.

Angesichts der angespannten Lage, in der sich weite Teile der Werbewirtschaft gemäß der Umfrage nach wie vor befinden, bleibt das Belastungsmoratorium für den ZAW und seine Mitglieder weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung.

ZAW-Stellenangebotsanalyse: Positive Signale im 1. Quartal 2021

Während die ZAW-Stellenangebotsanalyse 2020 einen deutlichen Rückgang der Angebote für Werbeberufe mit -35 Prozent ergab, lieferte der Dezember bereits ein positives Signal mit 24 Prozent mehr Jobangeboten. Dieser Trend setzt sich im 1. und beginnenden 2. Quartal 2021 fort: Die Monate Januar (+26 Prozent), Februar (+15 Prozent) und März (+10 Prozent) sowie vor allem der April (+94 Prozent) weisen ein deutliches Plus bei den Stellenofferten aus, Werbeagenturen und werbende Unternehmen suchten wieder verstärkt Mitarbeiter. Gefragt sind vor allem Fachleute für Marketing und Werbung, Mediaexperten, Account Manager sowie Grafiker und Mediendesigner. Wie der Anfang April 2021 veröffentlichte GWA Frühjahrsmonitor aufzeigt, bleibt der Fachkräftemangel für die Agenturen eines der größten Wachstumshemmnisse.

ZAW-Schätzung für 2021: Prognose und Stimmungslage

Für das Gesamtjahr 2021 geht der ZAW von einem Wachstum des Werbemarktes zwischen + 5 und +10 Prozent aus, vorausgesetzt, dass das Impftempo hoch bleibt, sich die Infektionslage weiter verbessert und es keine erneuten Lockdowns gibt. Die Werbewirtschaft hat bereits zwischen den Lockdowns im Sommer 2020 bewiesen: Sie ist in der Lage kurzfristig und flexibel zu planen sowie Budgetverschiebungen unbürokratisch und kundenorientiert umzusetzen.