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Breitbandinternet macht Unternehmen produktiver

Aber nicht in allen Branchen – Industrieunternehmen haben nicht profitiert.
Produktivitätsgewinne dank Breitband vor allem bei Dienstleistungsunternehmen (2010 bis 2015) © 2022 DIW Berlin
 

DIW-Studie nimmt Breitbandausbau der Jahre 2010 bis 2015 unter die Lupe – Vor allem Dienstleister sind produktiver geworden, allerdings große Unterschiede zwischen Branchen – Industrieunternehmen haben nicht profitiert – Umrüstung und zügiger Ausbau der Glasfasernetze nötig

Der Ausbau des Breitbandinternets in den Jahren 2010 bis 2015 hat einige Unternehmen in Deutschland produktiver gemacht, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Andere wiederum profitierten gar nicht vom schnelleren Zugang in die digitale Welt. Das zeigt eine aktuelle Studie der Abteilung Unternehmen und Märkte im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Einige Dienstleistungsunternehmen, beispielsweise in der Luft- und Schifffahrt, im Bereich Film und TV, in der Datenverarbeitung und Werbung, konnten schnellere Internetverbindungen zu ihrem Vorteil nutzen – sie arbeiteten fortan dank des Breitbandausbaus um rund ein bis zu knapp sieben Prozent produktiver als zuvor. Industrieunternehmen des verarbeitenden Gewerbes, also beispielsweise Chemie- und Pharmakonzerne sowie Maschinen- und Fahrzeugbauer, hatten jedoch nichts vom schnelleren Internet.

„Der bisherige Ausbau des Breitbandnetzes war nötig und richtig – es ist höchste Zeit, dass er noch schneller als bisher vorangetrieben wird, damit die Unternehmen in Deutschland ihre Produktivität verbessern und national und international wettbewerbsfähig bleiben können“, sagt Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte im DIW Berlin. „Unsere Studie zeigt, dass viele Dienstleistungsunternehmen dank eines schnelleren Internetzugangs ihre Produktivität und damit auch ihre Wertschöpfung erhöhen konnten.“ Dass sich dies für Industrieunternehmen so nicht zeigt, liege wahrscheinlich auch daran, dass die im Beobachtungszeitraum verfügbaren Breitbandnetze für die Produktion noch nicht relevant waren, ergänzt Alexander Schiersch, der die Studie gemeinsam mit Duso verfasst hat. Das ändere sich derzeit aber schlagartig: „Die Digitalisierung und Vernetzung der Produktionsprozesse – Stichwort Industrie 4.0 – wird jedoch immer wichtiger und somit auch ausreichender Breitbandzugang für die Unternehmen immer essenzieller“, so Schiersch.

Alte Kupferkabel sind limitierender Faktor – Möglichst engmaschiges Glasfasernetz nötig

Für ihre Studie haben Duso und Schiersch einen Technologiesprung in den Jahren 2010 bis 2015 unter die Lupe genommen, um Rückschlüsse mit Blick auf den heutigen Breitbandausbau zu ziehen. Damals wurden mit der Technologie ADSL2+ Übertragungsgeschwindigkeiten von 16 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) etabliert. Ab 2010 stand diese Technologie in immer mehr Gemeinden zur Verfügung – in Nordrhein-Westfalen beispielsweise gab es einen Anstieg von 32 Prozentpunkten, so dass die Verfügbarkeit von ADSL2+-Anschlüssen in den Gemeinden auf über 60 Prozent im Jahr 2015 stieg. In Schleswig-Holstein ging es von elf auf 32 Prozent aufwärts. Die Daten zur Breitbandverfügbarkeit verknüpften die Studienautoren mit Unternehmensdaten der amtlichen Statistik – insgesamt flossen mehr als 450 000 Datenpunkte in ihre Untersuchung ein.

Die Berechnungen ergaben, dass die Wertschöpfung bei den Informations- und Kommunikationsdienstleistern um rund acht Prozent zugenommen hat und Hand in Hand mit der um fast 40 Prozent gestiegenen Verfügbarkeit von ADSL2+ ging. Das war ein größerer Anstieg als in allen anderen Dienstleistungssektoren und vor allem als im verarbeitenden Gewerbe, wo sich im Durchschnitt kein Effekt des Breitbandausbaus einstellte. Der Anstieg der Wertschöpfung geht auf eine gestiegene Produktivität zurück, sprich: Die Unternehmen konnten dank des schnelleren Internets effizienter arbeiten, hatten womöglich etwa geringere Ausfallzeiten oder konnten neue digitale Lösungen nutzen. In ihrer Analyse fanden die Studienautoren zudem heraus, dass die Produktivitätssteigerungen umso kleiner werden, je größer die Entfernung zwischen den Endpunkten des Glasfasernetzes und den Breitbandnutzern ist, die meist mit technisch limitierten Kupferkabeln überbrückt wird. „Das Glasfasernetz muss also nicht nur insgesamt ausgebaut werden, sondern auch möglichst engmaschig sein – nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land“, erklärt Schiersch.