print logo

Kleine und mittelständische Rechenzentrenbetreiber fürchten Existenzbedrohung durch steigende Energiekosten

eco Verband: Bundesregierung muss systemrelevante Bedeutung von Rechenzentren in Notfallpläne zur Energiekrise einbeziehen.
Kleine und mittelständische Rechenzentrenbetreiber fürchten Existenzbedrohung durch steigende Energiekosten © freepik / diloka107
 

Digitale Infrastrukturen, insbesondere Rechenzentren, sind das Fundament der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie sichern den reibungslosen Betrieb digitaler Prozesse in Industrie, Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Dienste und sind damit essenziell für das Funktionieren und die Souveränität des Digital- und Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Eine Strommangellage in der aktuell drohenden Energiekrise, könnte sich negativ auf den Betrieb von Rechenzentren auswirken und damit auch zum Risikofaktor für Anwenderunternehmen werden. Viele Unternehmen befürchten in diesem Kontext negative Folgen für ihre Geschäftstätigkeit und fordern von der Politik, Rechenzentren in bestehende und künftige Notfallpläne im Hinblick auf die drohende Energiekrise miteinzubeziehen.

So das Ergebnis einer aktuellen repräsentativen branchenübergreifenden Umfrage unter IT-Entscheidern in Deutschland, die das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. durchgeführt hat.*

Demnach bewerten 75,3% einen möglichen Ausfall von Rechenzentren- oder Cloudangeboten aufgrund einer Strommangellage als problematisch für Ihr Unternehmen.

Rund 45% sehen die digitale Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens aufgrund gestiegener Strompreise u.a. auch bei Rechenzentren in Gefahr.

Rund 86% sind der Meinung, dass Betreiber digitaler Infrastrukturen als systemrelevante Infrastruktur in die Notfallpläne der Bundesregierung zu einer drohenden Energiekrise mit einbezogen werden sollten.

„Datacenter und Cloudangebote sind systemrelevant für zahlreiche Anwenderbranchen, darunter E-Health, Automotive, Luft- und Raumfahrt, Banking oder Logistik“, sagt Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der unter dem Dach des eco Verbands gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen. „Ein Ausfall aufgrund von Strommangellagen oder Schwankungen wäre fatal für einen großen Teil der deutschen Wirtschaft und bedeutet drastische Einschnitte für die Bevölkerung. Digitale Infrastrukturen bilden das Rückgrat der Digitalisierung. Ihren Einfluss auf unser Arbeits- und Sozialleben darf die Bundesregierung nicht unterschätzen und sollte die Betreiber darum unbedingt in ihre Notfallpläne zu einer möglichen Strommangellage einbeziehen.“

Hohe Energiekosten insbesondere für kleine und mittelständische Betreiber existenzgefährdend

Dass sich die aktuellen Energiepreisentwicklungen erheblich auf die stromintensive Rechenzentrumsbranche auswirken, bestätigt eine weitere Umfrage, die der Verband der Internetwirtschaft jüngst unter seinen Mitgliedsunternehmen durchgeführt hat. So stuften insbesondere kleine und mittelständische Betreiber die Entwicklung am Strompreismarkt als kritisch bis sehr kritisch ein – in einigen Fällen sogar als existenzgefährdend.

Weiter bemängelt ein Teil der Unternehmen eine zu geringe Transparenz von Seiten der Energie­versorger und Politik. Größere Unternehmen sehen sich hier häufig besser aufgestellt, da sie zumeist über langfristige Verträge als auch interne Ressourcen verfügen, um auch volatile Entwicklungen an den Energiemärkten zu verfolgen und zu analysieren.

Große Player im europäischen Datacenter-Markt fürchten indes, dass Kund:innen dauerhaft ins europäische Ausland abwandern. Einige der Befragten Großanbieter geben daher an, die aktuellen Preissteigerungen nicht in voller Höhe an ihre Kund:innen weiterreichen zu wollen.

Waldhauser: „In Deutschland sind die Stromkosten aktuell mit Abstand am höchsten“

 „Die drohende Energiekrise stellt andere EU-Staaten sicher auch vor Herausforderungen – doch in

Deutschland sind die Stromkosten aktuell mit Abstand am höchsten“, so Waldhauser weiter. „Die Bundesregierung sollte sich gemeinsam mit der Datacenter- und Cloudbranche zeitnah Möglichkeiten überlegen, um hier Nothaltepunkte zu definieren.“

Als kurzfristige Maßnahme für die Sicherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit regt die Mehrheit der befragten Verbandsmitglieder einen regulierten Industriestrompreis an. Generell wünscht sich eine Vielzahl der Unternehmen, eine Standardisierung und Vereinheitlichung des Energiemarkts.

Mittel- bis langfristig fordern die Datacenter-Betreiber eine deutliche Beschleunigung beim Ausbau regenerativer Energien und der notwendigen Speichertechnologien. Dies schließt auch erleichterte Auflagen bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen in den Rechenzentren selbst ein.

Perspektiven, wie die Rechenzentren-Wirtschaft künftig noch nachhaltiger gestaltet werden kann, gibt eco zudem in einem verbändeübergreifenden Positionspapier.

* Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat in der Zeit vom 23. September bis 24. Oktober 2022 rund 1000 Privatwirtschaftliche IT-Entscheider befragt. Das Ergebnis ist repräsentativ. Der statistische Fehler liegt bei 5,7 Prozent.