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Fünf Thesen zur Digitalpolitik 2023

Datenökonomie und Nachhaltigkeit wichtigste Treiber der digitalen Transformation. Digitalpolitik muss sich vom Dogma des Föderalismus lösen.
Fünf Thesen zur Digitalpolitik 2023 © Freepik / DilokaStudio
 

Nachhaltigkeit und die weitere Zunahme datengetriebener Prozesse sind auch im Jahr 2023 die wichtigsten Treiber der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, so die Prognose von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V.

Die Ampelregierung müsse jetzt entschlossen die großen Baustellen der Digitalisierung am Standort Deutschland angehen, fordert eco Vorstandsvorsitzender Oliver Süme: „Die Zeit des Sortierens und Analysierens ist vorbei. Ich erwarte von der Ampelregierung, dass sie in ihrem nunmehr zweiten Regierungsjahr nun endlich ins Umsetzen kommt“, so Süme. „Die Koalition muss offene Fragen hinsichtlich digitalpolitischer Verantwortlichkeiten jetzt zügig klären und dann die entscheidenden digitalpolitischen Weichenstellungen für die digitale Transformation in Deutschland angehen.“

Aus Sicht der Internetwirtschaft stehen hier der Umbau einer datenzentrierten und datenbasierten Wirtschaft, die Modernisierung und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen sowie sichere Rahmenbedingungen für digitale Infrastrukturbetreiber am Standort Deutschland ganz oben auf der digitalpolitischen To Do-Liste. Dabei dürften Bund und Länder auch nicht vor unbequemen Debatten zurückschrecken: „Es ist liegt auf der Hand, dass der Föderalismus die zügige digitale Transformation beispielsweise im Bildungsbereich bremst. Wenn wir hier nicht endgültig den Anschluss an unsere europäischen Nachbarn verlieren wollen, müssen wir jetzt auch darüber diskutieren, föderale Strukturen aufzubrechen und dem Bund mehr Kompetenzen für die digitale Bildung zu geben“, sagt eco Vorstandschef Oliver Süme.

Weitere Leitsätze für die digitale Transformation formuliert eco – Verband der Internetwirtschaft in seinen fünf Thesen zur Digitalpolitik 2023:

1. Ohne Digitalbudget wird Digitalisierung in Deutschland keine Fahrt aufnehmen

Den digitalen Aufbruch gibt es nicht zum Nulltarif. Die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen kosten Geld. Dafür hat die Ampelkoalition eigentlich die Einführung eines zentralen Digitalbudgets im Koalitionsvertrag festgelegt. Der Bundeshaushalt 2023 weist ein solches allerdings nicht aus. Es sollte daher höchste Priorität für die Bundesregierung haben, zu Anfang dieses neuen Jahres endlich auch die finanziellen Verantwortlichkeiten ihrer Digitalpolitik zu klären, um die in der Digitalstrategie definierten Projekte letztlich auch anstoßen zu können. Denn ohne zusätzliches Digitalbudget halten sich viele Ministerien daher mit ihren Ambitionen zurück. Dieses Budget müssen die Ministerien für Digitales und Verkehr sowie für Wirtschaft und Klima gemeinsam mit dem Finanzministerium und dem Bundeskanzleramt untereinander aushandeln.

2. Datenökonomie braucht endlich klare Regeln

Daten sind in allen Branchen Treiber und essenzielle Ressource der digitalen Transformation von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Die sinnvolle Verknüpfung und smarte Auswertung der wachsenden Datenmengen ist der Schlüssel zu Innovation und nachhaltigem Wachstum. Nach wie vor führen aber zahlreiche offene Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten im wirtschaftlichen Kontext zu einem Innovationsstau.

Nach dem missglückten Auftakt für die Digitalstrategie Ende vergangenen Jahres, muss die Bundesregierung hier nun schnell liefern und endlich klare und verhältnismäßige Regeln für den Austausch von Daten sowie Anreize für Standardisierung und den Aufbau von Datentreuhändern schaffen und die Verfügbarkeit von Daten der öffentlichen Hand erhöhen. Bestehende Unklarheiten und Unsicherheiten müssen abgebaut werden. Auch die Gründung des im Koalitionsvertrag angekündigten Dateninstituts sowie verbindliche und zukunftsorientierte Regelungen für den Umgang mit Daten im Mobilitäts- und Gesundheitsbereich gehören ganz oben auf die digitalpolitische Agenda 2023.

3. Digitalisierung ist Teil der Lösung auf dem Weg in eine klimafreundliche und nachhaltige Zukunft

Deutschland und Europa werden ihre ambitionierten Klimaziele nur durch den konsequenten Einsatz digitaler Technologien erreichen können. CO2-Einsparpotenziale ergeben sich unter anderem bei der Mobilitätswende, Effizienzsteigerungen durch Industrie 4.0, Smart Cities und weiteren Anwendungsszenarien.

Eine nachhaltige und klimaneutrale Digitalisierung kann aber nur mit politischer Unterstützung gelingen. Hierzu bedarf es eines politisch gesteuerten Ausstieges aus fossilen Energieträgern, des konsequenten Ausbaus erneuerbarer Energien, der Ermöglichung der systematischen Abwärmenutzung von Rechenzentren, eines flächendeckenden Ausbaus von Gigabitinfrastrukturen und des Einsatzes von 5G-Technologien. Daneben kann auch der vermehrte Einsatz von sogenannten Power Purchase Agreements (PPA) zu einem Absinken der CO2-Emissionen bei der Nutzung digitaler Infrastrukturen in Deutschland führen.

4. Digitale Verwaltung bleibt wichtigste Voraussetzung für wettbewerbsfähigen Digitalstandort

Die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen ist ein zentraler Faktor für digitale Transformation und gleichzeitig aktuell leider nach wie vor auch eine der größten Baustellen.

Die Bundesregierung muss die Stärkung und Förderung der Entwicklung von Standards für sichere digitale Identitäten, idealerweise in einem europäischen oder internationalen Rahmen sowie die Entwicklung und Bereitstellung offener Standards für digitale Verwaltungsanwendungen konsequenter und vor allem schneller vorantreiben.

5. Digitale Infrastrukturen sichern Resilienz des Digitalstandorts Deutschland

Digitale Infrastrukturen, insbesondere Rechenzentrenes, sind das Fundament der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie sichern den reibungslosen Betrieb digitaler Prozesse in Industrie, Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Dienste und sind damit essenziell für das Funktionieren, die Souveränität und Nachhaltigkeit des Digital- und Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung konfrontiert Betreiber von Rechenzentren mit widersprüchlichen Regulierungsansätzen. Während die Branche bei der Strompreisbremse aktuell nicht berücksichtigt wird, stuft das neue Energieeffizienzgesetz Rechenzentren als energieintensiv ein und verpflichtet sie zu aus technischer wie auch betriebswirtschaftlicher Sicht teils fragwürdigen Auflagen. Dies könnte schlimmstenfalls zu einer Abwanderung der Rechenzentren-Branche ins Ausland führen, die politisch kaum gewollt sein kann.