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Konjunkturelle Talfahrt könnte Auslese im Maschinenbau beschleunigen

Starre Kostenstrukturen und hohe Verschuldung könnten gut jeden vierten Branchenvertreter aus der DACH-Region in kritische Situation bringen.
Maschinenbauer aus der DACH-Region im Vergleich zu ihren internationalen Wettbewerbern © Bain & Company Germany, Inc.
 

Noch wiegen hohe Auftragsbestände manchen Maschinen- und Anlagenbauer in Sicherheit. Doch die Anzeichen mehren sich, dass die konjunkturelle Talfahrt rund um den Globus auch diesen Sektor erfassen wird. In Deutschland, Österreich und der Schweiz könnte dies 28 Prozent der Branchenunternehmen in eine wirtschaftlich schwierige Lage bringen und damit den Ausleseprozess in dieser Schlüsselindustrie beschleunigen. Das hat eine Analyse börsennotierter Branchenvertreter ergeben, die die internationale Unternehmensberatung Bain & Company durchgeführt hat. Berücksichtigt wurden dabei auch die Wettbewerber aus den USA und China. Dort liegt der Anteil der krisengefährdeten Maschinenbauer bei 17 beziehungsweise 8 Prozent (Abbildung).

US-Konkurrenten haben im Abschwung Vorteile

„Der Maschinen- und Anlagenbau in der DACH-Region leidet seit Längerem unter strukturellen Defiziten“, konstatiert Christian von Dewitz, Bain-Partner und Co-Autor der Analyse. „In dieser zweiten wirtschaftlichen Ausnahmesituation binnen kurzer Zeit könnte sich das für manche Branchenvertreter als Achillesferse erweisen.“

Die in Deutschland, Österreich und der Schweiz eher starren Kostenstrukturen seien dabei besonders von Nachteil. Speziell die Konkurrenten aus den USA könnten ihre Kosten in einem Abschwung erheblich schneller anpassen. Auch haben US-amerikanische Maschinenbauer 2021 mit durchschnittlich 13,1 Prozent eine deutlich höhere EBIT-Marge erzielt als Anbieter aus dem deutschsprachigen Raum, die nur 9,3 Prozent erreichten.

Chinas Anbieter legen deutlich zu

Ganz anders stellt sich die finanzielle Situation der aufstrebenden chinesischen Wettbewerber dar. Deren Bilanzen weisen in der Regel eine Nettoliquidität aus. In welchem Ausmaß der wirtschaftliche Aufstieg der Volksrepublik den globalen Maschinen- und Anlagenbau bereits verändert hat, verdeutlicht eine Langzeitanalyse der Jahre 2006 bis 2021. In diesem Zeitraum haben die börsennotierten chinesischen Anbieter ihre Umsätze um jährlich 9 Prozent erhöht. Dagegen mussten sich die weltweit lange dominanten Vertreter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz im Schnitt mit Umsatzzuwächsen von 3 Prozent pro Jahr begnügen. Phillip Roberts, Bain-Partner und Co-Autor der Analyse, betont: „Wollen sich Maschinenbauer aus der DACH-Region gegenüber ihren chinesischen Wettbewerbern behaupten und auch unabhängig von der Konjunktur ihre Marktanteile halten, sollten sie schnellstmöglich Vorsorge treffen.“

Allerdings sind nicht alle Branchenplayer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gleichermaßen betroffen. Laut Bain-Analyse gehören immerhin 28 Prozent der Maschinenbauer aus der DACH-Region zur Gruppe der sogenannten Krisenchampions. Dabei handelt es sich um Unternehmen mit solider Finanzierung und nachweislicher Kostenflexibilität, die den globalen Wettbewerb nicht scheuen müssen. Weitere 26 Prozent sind zumindest solide finanziert. Zur Kategorie der Wackelkandidaten wiederum zählen 18 Prozent. „Diese Anbieter laufen aufgrund ihrer Kapitalschwäche Gefahr, dass ihnen in einer länger andauernden Rezession die Luft ausgeht“, so Roberts.

Krisenchampions spielt gute Ausgangslage in die Karten

Handlungsbedarf sieht der langjährige Marktbeobachter bei allen Branchenvertretern, denn noch würden sich nicht alle Maschinenbauer systematisch auf eine drohende Rezession vorbereiten. Erforderlich sei eine differenzierte Planung für verschiedene Szenarien, um im Fall der Fälle rasch Entscheidungen treffen zu können. Für Roberts steht fest: „Je höher Kostentransparenz sowie -flexibilität sind und je solider die Bilanz in einer solchen Situation ist, desto größer ist der Handlungsspielraum.“

Vor diesem Hintergrund müssen gerade die krisengefährdeten Kandidaten alles daransetzen, ihre Flexibilität und Resilienz zu erhöhen. An einer Restrukturierung der Kosten führt dabei kein Weg vorbei. Krisenchampions hingegen können ihre gute Ausgangslage nutzen, um das eigene Portfolio zu erweitern, die Digitalisierung voranzutreiben und sich so noch deutlicher von Wettbewerbern abzusetzen. Kapitalstarke Anbieter können zudem über gezielte Übernahmen die eigene Marktposition ausbauen.

Angesichts des aktuellen Umfelds, das von schwachen Konjunkturprognosen und hoher Inflation geprägt ist, steht der gesamte Maschinen- und Anlagenbau aus Sicht von Bain-Partner von Dewitz vor Herausforderungen. Doch in schwierigen Zeiten gäbe es immer auch Chancen. „Wer sich jetzt richtig aufstellt, kann gestärkt aus dieser globalen Krise hervorgehen“, ist der Branchenkenner überzeugt. „Je entschlossener die Unternehmen handeln, desto größer sind ihre Chancen im nächsten Aufschwung.“