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Cebit: Deutsche Gepflogenheiten erschweren die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften

In vielen Unternehmen läuft die Rekrutierung noch zu unflexibel.
Gunnar Sohn | 28.02.2011
Hannover/Düsseldorf/Bonn, 28. Februar 2011, www.ne-na.de - Deutschland sucht IT-Experten. Auch auf der Cebit werben dutzende Firmen um die Gunst der wenigen Informatiker. Zugleich haben viele Unternehmen immer noch Hemmungen, ausländische Fachkräfte einzustellen. Dabei ist das Land beliebt und auch die bürokratischen Hürden sind gesunken. „Der Fachkräftemangel setzt sich ungebremst fort. In Nischen wie zum Beispiel IT-Energiehandels-Plattformen gibt es nur ein paar hundert Experten in Deutschland“, sagt Maximilian Nobis von Harvey Nash http://www.harveynash.com/de/. Der Personaldienstleister sucht weltweit nach IT-Fachkräften. Vor allem im osteuropäischen Raum gebe es gut ausgebildete Experten, erläutert Nobis. Doch deutsche Gepflogenheiten machen den potenziellen Kandidaten zu schaffen, so das Bonner Onlinemagazin NeueNachricht http://ne-na.de in einer Vorabmeldung.



Sprachbarrieren



Viele große Konzerne und auch Mittelständler sind noch längst nicht vollständig internationalisiert. Die Folge: Es wird häufig deutsch gesprochen. Und von neuen Mitarbeitern wird erwartet, dass auch sie die deutsche Sprache perfekt beherrschen. „Dadurch reduziert sich die Möglichkeit deutlich, eine exzellente ausländische Fachkraft zu gewinnen“, sagt Mark Hayes, ebenfalls von Harvey Nash. Selbst wenn sich ein Unternehmen für eine Fachkraft aus Europa entscheidet – durch die Sprachbarriere fällt die Integration schwer, sowohl auf fachlicher als auf zwischenmenschlicher Ebene, wie dem klassischen Smalltalk in der Kaffeeküche. Die Situation führe dazu, dass auch IT-Dienstleister, die deutsche Kunden betreuen, eigentlich gerne ausländische Experten einstellen möchten – sich aber ebenfalls zurückhalten, weil sie nicht wissen, ob sie die Fachkräfte einsetzen können. Hayes und Nobis raten ihren Kunden mittlerweile zu einer klaren Internationalisierungs-Strategie, etwa indem die Belegschaft an Englischkursen teilnimmt. Umgekehrt könnten Fachkräfte durch Sprachschulungen schneller integriert werden – selbst, wenn sie zu Beginn kein deutsch könnten.



Typisch deutsch ist auch das zweite Problem. „Viele Unternehmen planen langfristig und überlegen lange, bis sie jemanden einstellen. Sie tun sich schwer damit, es mit einer ausländischen Fachkraft einfach einmal zu probieren“, sagt Hayes. In Großbritannien seien Unternehmen dagegen offener im Umgang. Weder gebe es bei der Sprache ein Problem, noch hätten die dortigen Firmen den Anspruch, die Arbeitskraft langfristig an das Unternehmen zu binden.



Rekrutierung unflexibel



Der dritte Aspekt aus Sicht der Personalexperten: In vielen Unternehmen läuft die Rekrutierung noch zu unflexibel, etwa was den Ablauf der Bewerbungsgespräche angeht. „Warum nicht als ersten Schritt per Videokonferenz ein Gespräch mit einem indischen Bewerber führen? Auf Basis dessen kann man dann entscheiden, ob sich der Mehraufwand lohnt, einen Flug für den Kandidaten zu buchen“, sagt Nobis. Auch der „Service“ rund um die Personalakquise sei in Deutschland noch verbesserungswürdig. Wer exzellent ausgebildeten Fachkräften das Land nicht schmackhaft macht und beim Umzug nicht mit zahlt, der kann lange warten.



Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen seien für ausländische Fachkräfte aus Europa mittlerweile schnell zu bekommen – abseits der klassischen Regelungen über das Zuwanderungsgesetz. „Erst kürzlich haben wir eine rumänische IT-Fachkraft eingestellt. Von der Anmeldung bis zur Genehmigung sind bloß zwei Wochen vergangen“, sagt Nobis. Die Regelungen des Zuwanderungsgesetzes, die auch der Branchenverband BITKOM kritisiert, stoßen bei den Harvey Nash-Experten ebenfalls auf wenig Verständnis. „Ein Jahresgehalt von über 66.000 Euro als Voraussetzung für eine unbefristete Niederlassungserlaubnis ist nicht förderlich. Die Masse an Stellen, etwa für Software-Entwickler, liegen bei einem Jahreseinkommen von 45.000 bis 65.000 Euro“, resümieren die Recruiting-Experten.