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„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“

Technik ohne Beipackzettel – Ingenieure und die Kunst der Rhetorik.
Gunnar Sohn | 29.03.2011
www.ne-na.de – Der Branche für Informationstechnologie und Telekommunikation mangelt es an einer verständlichen und einprägsamen Rhetorik der Technik, bemängelt der Medienphilosoph und Designtheoretiker Norbert Bolz http://bit.ly/feS86q: „Der berechtigte Stolz deutscher Ingenieure war immer damit verbunden, zu schweigen. In der kulturellen Diskussion spielen sie keinerlei Rolle.“ Ähnliches könne man bei Medizinern feststellen: „Sie kommunizieren gegenüber Laien völlig unverständlich. Hier liegt das Problem. Die Unterscheidung zwischen Experte und Laie. Wir alle wechseln ständig unsere Rollen. Wir alle sind in irgendeinem Arbeitsbereich Experten und in diesem Bereich brauchen wir keine Benutzerfreundlichkeit“, erklärt der Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin.




Es wäre lächerlich, jemandem, der einen Computer programmieren kann, irgendwelche Bildchen anzubieten. Der mache das mit seinem kurzen Programmbefehlen eleganter, schneller, effektiver und wahrscheinlich auch lustvoller. „Während wir aber gleichzeitig in fast allen anderen Lebenssituationen Laien sind, also jeder Mensch ist fast immer ein Laie, nur in seinem eigenen Berufsfeld eben nicht und deshalb denke ich, müsste etwas erreichbar sein in der Gestaltung der Schnittstelle oder bei der Rhetorik der Technik“, fordert Bolz.

Man müsse deshalb den gleichen Gegenstand mit einer unterschiedlichen logischen Tiefe behandeln. Bolz plädiert für ein Schnittstellendesign, das nicht nur ordentlich und übersichtlich ist, sondern beim Benutzer obendrein positive Gefühle weckt.

Einen Orientierungspunkt liefere der Philosoph Ludwig Wittgenstein, bemerkt Anett Dylla vom Ingenieurbüro Mensch-Marketing-Technik http://www.mensch-marketing-technik.de: „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“ Darin komme all das zum Ausdruck, worum es hier geht. „Ingenieure leben in einer anderen Welt als Verkäufer und Konsumenten. Jeder hat seine eigene Welt. Und jeder spricht seine eigene Sprache. Hier könnte ein neues Berufsbild entstehen für Fachleute, die diese verschiedenen Welten vereinen“, sagt Dylla.

Selbst wenn man kein Geschäft mit Massenartikeln macht, sondern ausschließlich Geschäftskunden anspricht, sollte man das inhaltsleere Kauderwelsch abstellen, fordert Peter Weilmuenster, Spezialist für Wartung und Reparatur. „In einem kleinen Expertenkreis kann man ja Fachbegriffe verwenden. Aber warum sollte ich einen Vorstandschef eines Handelskonzerns mit unsinnigen Vokabeln der Technologieszene belästigen, wenn er an großen Monitoren für die Werbung in seinen Ladengeschäften interessiert ist. Ich muss ihm sagen, wie wir die Geräte aufstellen, sie mit Inhalten versorgen und die Wartung organisieren. Am Schluss fragt er mich noch nach dem Preis“, so Weilmuenster, Vorstandschef von Bitronic http://www.bitronic.eu/peter-weilmuenster/ in Frankfurt am Main.

Das Ganze müsse zudem ohne lange und unverständliche Beipackzettel sofort funktionieren. Auch wenn man neue Produkte oder Dienstleistungen in der Informationstechnologie und Telekommunikation vorstellt, dürfe das beim Anwender nicht zur Notwendigkeit eines Nachhilfekurses in Informatik führen. Wenn es um das Thema Unified Communications geht, müsse den Geschäftskunden schon mehr geboten werden als ein Schlagwort, so die Erfahrung von Jürgen Signer, Geschäftsführer von Aastra in Berlin.

„Letztlich geht es um die Übertragung von Sprache, Bild und Daten über das Internet Protokoll. Über den Computer zu telefonieren und sich mit dem Telefon im Internet zu bewegen, stellt eingeübte Gewohnheiten in Frage. Beim Übergang in diese Technologie ist es wichtig, dass wir unseren Kunden den Aufwand für die Integration abnehmen. Das wichtigste Kriterium unserer Systementwicklungen ist die Einfachheit der Benutzeroberfläche. Anwender wollen sich aus guten Gründen keine Gedanken machen über IP-Adressräume, Bandbreiten oder über die Synchronisation von Protokollen. Das läuft unter der ‚Motorhaube‘ ab“, sagt Signer. Wie die Verschmelzung von Mobilfunk und Festnetztelefonie über die Installation des Aastra Mobile Clients (AMC) von statten gehe, könne man sehr leicht mit dem Firmenhandy demonstrieren.

„Es verhält sich wie ein stationäres Endgerät. Interne Teilnehmer werden einfach über ihre interne Rufnummer erreicht. Niemand muss überlegen, wo sich der gewünschte Gesprächspartner gerade aufhält oder welche Rufnummer zu wählen ist – es gibt nur noch eine“, erläutert Signer. Auch das, was sich im Privatleben immer stärker ausbreitet wie der Dienst Skype, könne man sehr leicht auf die Unternehmenswelt übertragen: „Video- und Web-Konferenzen werden verstärkt Einzug in unseren Arbeitsalltag halten. Man muss nicht mehr für jedes Meeting eine Geschäftsreise einplanen und spart Zeit sowie Reisekosten. Ferner gibt es positive Effekte bei der Zusammenarbeit unterschiedlicher Einheiten im Unternehmen – neudeutsch als Collaboration bezeichnet. Teams an verschiedenen Standorten sehen den Bildschirm des anderen und bearbeiten gemeinsam Dokumente. Diese Beispiele sind wichtig, um Klarheit in die Diskussion um Unified Communications zu bringen“, resümiert der Aastra-Chef.

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