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GfK-Konsumklimastudie: Westen runter - Osten hoch

Konsumklima im November: Stimmungstief im Westen – Optimismus in den neuen Bundesländern
GfK SE | 29.11.2005

Nach der deutlichen Besserung im Oktober hat sich die Stimmung der Verbraucher im November wieder eingetrübt – diese Verschlechterung ist ausschließlich den Verbrauchern in den alten Bundesländern zuzuschreiben. Insbesondere sind sie es, die sowohl hinsichtlich der konjunkturellen Perspektive als auch der Einschätzung ihrer eigenen finanziellen Aussichten wieder spürbar skeptischer geworden sind. Lediglich die Neigung, in nächster Zeit größere Anschaffungen zu tätigen, hat sich erneut leicht verbessert. Insgesamt hat dies zur Folge, dass der Konsumklimaindikator nach revidiert 3,3 Punkten im November auf 3,1 Punkte im Dezember sinkt. Die GfK bleibt deshalb bei ihrer Prognose, dass der private Konsum in Deutschland im Jahr 2005 die 0,2-Prozent-Marke nicht übersteigen wird.

Die Auseinandersetzungen um Programm und Personen bei den Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD in der ersten Novemberhälfte haben die Verbraucher verunsichert und – nach der insgesamt positiven Entwicklung im Vormonat – wieder zu einem leichten Stimmungsumschwung geführt. Dazu dürfte vor allem die in Aussicht gestellte deutliche Erhöhung der Mehrwertsteuer beigetragen haben. (Die endgültigen Koalitionsvereinbarungen wurden erst nach Ende der Novemberbefragung abgeschlossen.)

Betrachtet man die Verbraucherstimmung getrennt für Ost- und Westdeutschland, zeigt sich, dass es die Verbraucher in den alten Bundesländern sind, die sich in Bezug auf die Konjunkturaussichten und die Erwartungen an ihre finanzielle Zukunft deutlich pessimistischer äußern als im Oktober. Dagegen beurteilen die ostdeutschen Verbraucher nicht nur die gesamtwirtschaftlichen Entwicklungschancen und ihre Einkommensaussichten optimistischer als zuvor. Vielmehr sind sie es, die häufiger als im Oktober aussagen, dass sie in den nächsten Wochen und Monaten größere Anschaffungen planen. Es sieht so aus, als hätte die Aussichte darauf, dass die Regierung aus einer großen Koalition heraus gebildet wird, eine insgesamt andere Wirkung auf die Verbraucher im Westen als auf die im Osten. Allerdings bleibt es dabei, dass die Erwartungen der Konsumenten, was das Niveau betrifft, in den neuen Bundesländern insgesamt deutlich pessimistischer sind als in den alten Bundesländern.

Zum zweiten Mal nach dem August dieses Jahres hat die GfK im Monat November die Ergebnisse der Konsumklimastudie nach so genannten Lebenswelten aufgeschlüsselt. Die differenzierte Analyse zeigt, dass sich die Stimmung der Deutschen je nach Lebensphase und wirtschaftlicher Lage erheblich unterscheidet. Die GfK publiziert diese differenzierte Analyse nach Lebenswelten alle drei Monate (zur Definition der Lebenswelten siehe die Ausführungen zur Studie, Seite 5).

Konjunkturerwartung: nach drei Monaten Plus deutlich gesunken

Nachdem die Verbraucher sich in den vorangegangenen drei Monaten zunehmend optimistischer in ihrer Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung geäußert hatten, hat sich ihre Erwartung im November erheblich verschlechtert. Mit einem Minus von 10 Punkten ist der Indikatorwert wieder in den negativen Bereich gerutscht und liegt aktuell bei einem Wert von minus 8,6.

Die während der Koalitionsverhandlungen wachsende Gewissheit, dass eine Mehrwertsteuererhöhung ansteht, hat den Glauben der Verbraucher – insbesondere in den alten Bundesländern – an eine baldige Erholung der wirtschaftlichen Situation wieder ins Wanken gebracht.

Damit sehen die Verbraucher die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung negativer als Finanzanalysten (ZEW), jedoch ähnlich wie die Unternehmen (ifo), die die Geschäftslage ebenfalls skeptischer bewerten als im Oktober.

Betrachtet man die Veränderung des Indikators der Erwartungen an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung getrennt nach Lebenswelten, dann zeigt sich, dass die Angehörigen aller Lebensweltgruppen sich im November skeptischer als im Vormonat äußern. Die Stimmung hat sich besonders bei den Auszubildenden und Studenten sowie bei den Hausfrauen und Berufstätigen in einfacher und mittlerer Lebenslage verschlechtert. Bei den zuletzt genannten Gruppen sowie den nicht mehr im Berufsleben Stehenden liegen darüber hinaus die Indikatorwerte deutlich unter dem langjährigen Durchschnittswert von Null. Es handelt sich bei ihnen um die Gruppen, die die wirtschaftliche Situation Deutschlands besonders kritisch beurteilen. Es sind zugleich auch die Bevölkerungsgruppen, deren eigene Existenz stärker als die der anderen Gruppen von der Entwicklung des Arbeitsmarkts und – im Fall der nicht mehr im Berufsleben Stehenden – von der Stabilität und Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme abhängt.

Einkommenserwartung: Unsicherheit bleibt, Stimmungstief bei Einkommensschwächeren und in alten Bundesländern

Angesichts der eingetrübten Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung erstaunt es nicht, dass auch der Indikator der persönlichen Einkommenserwartungen an Wert verlor: Er verminderte sich um minus 8 Punkte und liegt nun bei einem Wert von minus 12,9. Die Verschlechterung resultiert ausschließlich daraus, dass sich die Konsumenten aus den alten Bundesländern deutlich pessimistischer äußerten als im Monat zuvor. Bemerkenswerterweise äußerten sich dagegen die Bewohner der neuen Bundesländer im November etwas optimistischer als im Oktober.

Für den Stimmungsrückgang im Westen der Republik sind mit ziemlicher Sicherheit die zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht verabschiedeten, aber doch absehbaren Entscheidungen der neuen Koalition zur Erhöhung der Mehrwertsteuer verantwortlich. Die Streichung der Pendlerpauschale und Reduktion des Sparerfreibetrages dürften darüber hinaus dazu beigetragen haben, dass sich die Einkommenserwartungen der Verbraucher wieder verschlechterten. Die immer noch hohen Energiepreise tun angesichts der bevorstehenden Winterperiode ihr Übriges, um eine Verbesserung der Stimmung zu verhindern. Denn stärker steigende Preise schmälern die ohnehin schwache Kaufkraft vieler Haushalte erneut.

Die nach Lebenswelten getrennte Analyse zeigt – ähnlich wie bei der Einschätzung der Konjunkturchancen – dass alle sozialen Gruppen ihre persönlichen finanziellen Aussichten schlechter beurteilen als im Vormonat. Allerdings bleiben die enorm großen Unterschiede zwischen den Gruppen der Auszubildenden und Studierenden sowie der gehobenen sozialen Schicht einerseits und den anderen drei wirtschaftlich schlechter gestellten Gruppen nach wie vor erhalten. Während die Indikatorwerte der beiden zuerst genannten Gruppen positiv sind und mit Werten von 27 und mehr sehr deutlich über dem langjährigen Durchschnittswert Null liegen, variiert der Indikatorwert bei den anderen zwischen minus 14,1 bei der Gruppe in mittlerer Lebenslage und minus 45,7 bei den nicht mehr im Erwerbsleben Stehenden.

Anschaffungsneigung: unverändert im Westen, besser im Osten

Im Gegensatz zu den Indikatoren der Konjunktur- und der Einkommenserwartung hat sich die Anschaffungsneigung im November dieses Jahres leicht verbessert. Der Indikator legte um 2,1 Punkte zu und liegt nun bei einem Wert von minus 8,1. Gegenüber dem entsprechenden Wert des Vorjahres ist dies ein Plus von gut 16 Punkten. Der Trend bleibt damit weiterhin nach oben gerichtet. Der leichte Anstieg des Indikators ist allein darauf zurückzuführen, dass die Konsumenten aus den neuen Bundesländern eine gegenüber dem Vormonat deutlich höhere Anschaffungsneigung aufweisen. Dagegen veränderte sich der Indikatorwert für die alten Bundesländer überhaupt nicht.

Zum Zeitpunkt der Befragung gingen viele Verbraucher davon aus, dass die Erhöhung der Mehrwertsteuer wesentlich früher als zum 1. Januar 2007 wirksam wird. So ist es folgerichtig, dass sie es momentan für günstiger halten, größere Anschaffungen zu tätigen und entsprechende Käufe vorzuziehen. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo die Verbraucher wegen der unsicheren Situation in Bezug auf Einkommen und Arbeitsplatz notwendige Anschaffungen aufgeschoben haben. Die Aussicht, dass alles „noch“ teurer wird einerseits, und das nahende Jahresende andererseits motivieren sie möglicherweise dazu, diese Anschaffungen vorzuziehen.

Dass dies nicht unbedingt ein Grund für übermäßige Zuversicht ist, zeigt die nach Lebenswelten differenzierte Analyse. Während die Anschaffungsneigung bei der Gruppe der Auszubildenden und Studierenden und bei der gehobenen sozialen Schicht deutlich nach unten sinkt, steigt sie bei den sozial und einkommensmäßig weniger gut gestellten Lebensweltgruppen jeweils leicht an.

Die Ergebnisse des Novembers verheißen angesichts der Nähe zu Weihnachten und dem Jahresende insgesamt nicht unbedingt Gutes. Es sieht so aus, als bliebe es – vor allem im Westen der Republik – weiterhin bei der zurückhaltenden Kauflust. Denn auch die etwas positiveren Äußerungen der Angehörigen der mittleren und einfachen Lebenswelten sowie der nicht mehr im Erwerbsleben Stehenden deuten keineswegs darauf hin, dass das Weihnachtsgeschäft wirklich brummen wird.

Konsumklima: Stabilisierung nach oben ausgeblieben

Vor dem Hintergrund der aktuellen Stimmungsentwicklung hat sich der Konsumklimaindikator leicht nach unten bewegt. Für Dezember prognostiziert der Indikator nach revidiert 3,3 im November einen Wert von 3,1 Punkten.
Die Tatsache, dass die Neigung der im Einkommen schlechter gestellten Bevölkerungsgruppen, insbesondere in den neuen Bundesländern, größere Anschaffungen zu tätigen, gestiegen ist, hängt vermutlich in erster Linie damit zusammen, dass sie eh notwendig gewordene Anschaffungen jetzt tätigen wollen. Eine grundsätzliche Trendwende im privaten Konsum ist nicht wahrscheinlicher geworden.

Die Chancen, dass es mit dem privaten Konsum deutlich aufwärts geht, hängen in starkem Maß davon ab, wie Energiepreise, Verbrauchssteuern und der Wegfall von Steuerentlastungen das Budget der Bürger einschränken. Ob der jetzt vollzogene Abschluss der Koalitionsvereinbarungen sowie der Amtsantritt der neuen Regierung die notwendige Aufbruchsstimmung erzeugen kann, bleibt weiterhin abzuwarten. Entsprechend ist zu erwarten, dass von der Binnennachfrage im Jahr 2005 keine Impulse für die Wirtschaft mehr ausgehen werden. Die GfK hält deshalb an ihrer Prognose, derzufolge der private Konsum um lediglich 0,2 Prozent steigen wird, fest. Eine grundlegende Trendwende im Verbraucherverhalten wird sich wohl erst einstellen, wenn sich die gesamtwirtschaftliche Situation nachhaltig verbessert und die Arbeitsmarktlage spürbar entspannt.

Zur Studie

Die Ergebnisse sind ein Auszug aus der Studie „GfK-Konsumklima MAXX“ und basieren auf monatlich rund 2.000 Verbraucherinterviews, die im Auftrag der EU-Kommission durchgeführt werden. In diesem Report werden die Indikatoren grafisch aufbereitet, prognostiziert und ausführlich kommentiert. Darüber hinaus finden sich darin auch Informationen über die Ausgabevorhaben der Verbraucher für 20 Bereiche der Gebrauchsgüter-, Verbrauchsgüter- und Dienstleistungsmärkte.
Der nächste Veröffentlichungstermin ist der 28. Dezember 2005.