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Mobilfunk: mit Mehrwertdiensten aus der Tiefpreisfalle

Aktuell unterbieten sich die Mobilfunkanbieter in Deutschland mit immer neuen Tiefpreisofferten.
Neue Billigmarken drücken mit Prepaid-Tarifen auf die Preise. Sogar Supermarktketten wie Aldi, Rewe und zuletzt Lidl drängen in den Mobilfunkmarkt. Die Folge: Die Gesprächspreise sind innerhalb von zwei Jahren um 15 Prozent gesunken. Die Umsätze werden in diesem Jahr voraussichtlich um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr fallen. Auch die Durchschnittsumsätze pro Nutzer sind rückläufig. Teilweise melden Anbieter Einbrüche von mehr als 25 Prozent in der Prepaid-Sparte. Neue Dienstleistungen wie Handy-TV oder Bündelprodukte wie Quadruple Play bieten weitaus höhere Margen. Die technischen Voraussetzungen sind vorhanden. Viele Endkunden sind allerdings vom Mehrwert der neuen Angebote noch nicht überzeugt. Eine trennschärfere Ausrichtung der Produkte für bestimmte Zielgruppen kann die Akzeptanz neuer Dienste um ein Vielfaches beschleunigen, so eine aktuelle Markteinschätzung von Steria Mummert Consulting.

In der Kundensegmentierung haben viele Mobilfunkhäuser noch Nachholbedarf. Sie versäumen beispielsweise, Kundendaten aus der Festnetz-, Mobilfunk- und Internetsparte zu einem gesamten Nutzerprofil zusammenzuführen. Damit wird Potenzial für eine differenziertere Kundenansprache verspielt. Das ist vor allem bei der Entwicklung so genannter Konvergenzprodukte ein Hemmschuh. Bei diesen Geräten, die verschiedene Funktionen miteinander vereinen, beklagen beispielsweise einkommensstarke Kunden die fehlende Vergleichbarkeit der Tarife häufiger als etwa Geringverdiener. Auf diese Unterschiede einzelner Kundengruppen gehen die Anbieter noch zu wenig ein. Viele Mobilfunkunternehmen besitzen zudem noch zu wenige Erkenntnisse darüber, wie sich das Kundeninteresse mit zunehmendem Alter entwickelt. Daraus ließen sich wertvolle Informationen für eine zielgruppengerechtere Angebotspalette gewinnen.

Der schleppende Anlauf des Handy-TV ist dafür ein Beispiel: Das Interesse am mobilen Fernsehen sinkt mit zunehmendem Einkommen und Alter. Besserverdiener und Menschen ab 20 Jahren haben den Mehrwert der Dienstleistung noch nicht erkannt. Bei den ganz Jungen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren und mit geringeren Einkommen kommt das Überall-Fernsehen dagegen überdurchschnittlich gut an. 60 Prozent der Teenager, die weniger als 500 Euro im Monat zur Verfügung haben, begeistern sich fürs Fernsehen auf dem Handy.

Vor allem die großen, etablierten Anbieter ändern inzwischen ihren Kurs. Sie sind dabei, sich neben eigenen Billigmarken weitere Standbeine abseits der Preiskämpfe zu schaffen. Zusätzliche Einnahmequellen eröffnen sich beispielsweise durch die Verlagerung des Internets auf die Mobiltelefone. Die Anbieter halten hierfür verstärkt nach Verlagshäusern als Lieferanten für mediale Dienste Ausschau. Qualitativ hochwertige Handyportale sollen mit Nachrichten und speziellen Zielgruppeninhalten gefüllt werden. Gleichzeitig dienen sie Firmen als Werbeplattformen. Die Vermarktung von Werbung soll ein wichtiger Umsatzbringer für die Mobilfunkanbieter werden. Kostenpflichtige Inhalte sind dagegen nicht geplant. Hier hat die mobile Branche aus den Erfahrungen der Internetanbieter gelernt. Zuletzt hatte die New York Times vom Online-Abonnement zurück auf werbefinanzierte Inhalte umgestellt. Ehemals Online-Abonnenten vorbehaltene Seiten und Artikel sind nun wieder für jedermann zugänglich.

Kleine Mobilfunkdienstleister ohne eigenes Netz versuchen ebenfalls Nischenmärkte zu besetzen. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung einer Community-Plattform für Studenten, die an einen Prepaid-Tarif gekoppelt ist. Um den Dienst nutzen zu können, muss der Kunde allerdings unter Umständen den Netzanbieter wechseln. Projekte, netzunabhängige Produkte zu vermarkten, sind bisher die Ausnahme – auch weil die Netzbetreiber sich dagegen sperren. Was fehlt, sind technische Standards und eine Öffnung der Netze. Die größere Vielfalt und die zunehmende Akzeptanz der Angebote dürften aber zu einer häufigeren Nutzung mobiler Dienste führen. Hiervon profitieren im Ergebnis auch die großen Netzanbieter.