print logo

Wohnungseigentumsrecht: Ist Videoüberwachung von Gemeinschaftseigentum erlaubt?

Seit Bekanntwerden des PRISM-Programms ist das Thema Überwachung verstärkt in den Fokus der Bevölkerung gerückt. Manch einer stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob beispielsweise Videokameras an Mehrfamilienhäusern zur Überwachung überhaupt zulässig sind.



"Der Gesetzgeber räumt diese Überwachungsmöglichkeit grundsätzlich ein, knüpft den Einsatz aber zugleich an sehr strenge Voraussetzungen.", erläutert Friedemann Hellenschmidt von der Anwaltskanzlei Wittmann & Hellenschmidt in Stuttgart. Wie Wohneigentümergemeinschaften eine aktuelle Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zur Überwachung des Gemeinschaftseigentums mit einer Videokamera rechtlich einwandfrei umsetzen können, führt er im Folgenden aus.


Der Ausgangspunkt: Sachbeschädigung am Gemeinschaftseigentum

Für so manche Wohnungseigentümergemeinschaft stelle sich, so Hellenschmidt, die Frage, ob Bereiche des Gemeinschaftseigentums bei gegebenem Anlass mit einer Videokamera überwacht werden dürfen. Zu dieser Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 24.05.2013 (Az.: V ZR 220/12) nun eine Grundsatzentscheidung getroffen. Im vom BGH entschiedenen Fall war der Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage mit Farbe verunreinigt worden. In solchen und ähnlichen Fallkonstellationen - wie beispielsweise bei Fahrraddiebstählen - ist eine Videoüberwachung des Gemeinschaftseigentums grundsätzlich möglich. Die Überwachung ist allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft.


Die wichtigsten Voraussetzungen für die Videoüberwachung

Die Überwachung muss durch die Eigentümergemeinschaft, d. h. unter deren Regie und Aufsicht, erfolgen und es muss § 6b Bundesdatenschutzgesetz beachtet werden, der die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume aus Datenschutzsicht regelt.
Außerdem muss ein berechtigtes Gemeinschaftsinteresse an einer Videoüberwachung vorliegen, welches das gegenläufige Interesse einzelner Wohnungseigentümer oder Dritter überwiegt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Straftaten gegen das Gemeinschaftseigentum (z. B. Sachbeschädigungen) oder gegen die Bewohner der Anlage (z. B. Diebstähle) abgewehrt werden sollen. Das Gemeinschaftsinteresse, das eine Videoüberwachung rechtfertigen soll, ist von der Eigentümergemeinschaft konkret und verbindlich festzulegen.
Der Umfang der Überwachung muss auf das Notwendige beschränkt werden. Deshalb kann die Überwachung in bestimmten Bereichen des Gemeinschaftseigentums zulässig sein, in anderen aber nicht. Entsprechende Beschränkungen gelten für den Umfang der Videoaufzeichnungen, die Dauer ihrer Aufbewahrung und den Zugriff auf die Aufzeichnungen. So wird es in vielen Fällen voraussichtlich so sein, dass nur eine Aufzeichnung zulässig ist, auf die ausschließlich die Strafverfolgungsbehörden Zugriff haben.


"Es geht nicht ohne detaillierten Beschluss der Wohnungseigentümer."

Die Regeln für die Videoüberwachung müssen durch Beschluss der Wohnungseigentümer festgelegt werden, um Transparenz hinsichtlich des Umfangs der Überwachung und ihrer Voraussetzungen zu gewährleisten.
Angesichts der einzuhaltenden Voraussetzungen, die von Fall zu Fall variieren, sollten die Wohnungseigentümer einen schnellen Beschluss vermeiden, empfiehlt Hellenschmidt, der als Fachanwalt für Miet- und Wohneigentumsrecht diese Fälle aus dem Kanzleialltag nur zu gut kennt. Ein solcher Beschluss erfordert gründliche Vorbereitung, denn für die Wohnungseigentumsverwalter, die die Beschlüsse der Eigentümer vorbereiten und die Eigentümer bei der Beschlussfassung beraten, besteht hier erhebliches Haftungspotential.


Rechtssichere Videoüberwachung erfordert sorgfältige Vorbereitung

Als Fazit ist festzuhalten, dass der BGH den Wohnungseigentümern zwar die Möglichkeit der Videoüberwachung an die Hand gibt, diese aber zugleich an strenge Voraussetzungen knüpft, so dass für einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer gründliche Vorarbeit erforderlich ist.




Hintergrundinformationen Rechtsanwälte Wittmann & Hellenschmidt

Die Anwaltskanzlei Wittmann & Hellenschmidt GbR mit Sitz in Stuttgart-Vaihingen wurde im Jahr 1996 zunächst als Einzelkanzlei gegründet. Der Schwerpunkt der Kanzlei liegt auf arbeitsrechtlichen sowie miet- und wohneigentumsrechtlichen Themen.
Die Anwaltskanzlei vertritt Mandanten - Privatpersonen und Unternehmen - nicht nur im Großraum Stuttgart, sondern auch bundesweit. Weitere Informationen zur Anwaltskanzlei in Stuttgart unter www.wittmann-hellenschmidt.de.


Hintergrundinformationen zur Person Friedemann Hellenschmidt

Friedemann Hellenschmidt ist bereits seit 1998 als Rechtsanwalt in Stuttgart zugelassen. 2007 wurde ihm von der Rechtsanwaltskammer der Titel Fachanwalt für Mietrecht- und Wohnungseigentumsrecht verliehen. Er konzentriert sich in der Rechtsanwaltskanzlei in Stuttgart-Vaihingen vorrangig auf die damit verbundenen Rechtsgebiete und ist spezialisiert auf Mandate aus dem privaten und gewerblichen Mietrecht, dem Pachtrecht, dem Wohnungseigentumsrecht, dem Maklerrecht und dem Nachbarrecht.
Ein weiterer Schwerpunkt von Rechtsanwalt Hellenschmidt liegt auf dem Gebiet des privaten Baurechts.
Er ist Mitglied der Rechtsanwaltskammer Stuttgart, des Deutschen Anwaltvereins e. V., des Anwaltvereins Stuttgart e. V. und in der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht im DAV.