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Nachhaltige Führung...

... verlangt einen dezentralen Ansatz!
Timm Urschinger | 23.11.2022
© pixabay

"Jedes Problem in dieser Organisation kann ich auf ein Führungsproblem zurückführen." Das hat mir ein Freund in einem Top-5-Pharmakonzern vor einigen Jahren gesagt. Es mag zwar etwas übertrieben klingen, ist wahrscheinlich aber gar nicht so weit weg von der täglichen Realität in Unternehmen. Das Führungsverhalten spielt tatsächlich eine große Rolle bei dem, was wir als "Kultur" einer Organisation betrachten. Führungskräfte sind Vorbilder und schaffen so direkt oder indirekt Anreize für bestimmte Verhaltensweisen. Sie bestrafen Handlungen, Versagen oder Formen der Zusammenarbeit – wissentlich oder unwissentlich, in guter Absicht oder zum Machterhalt. Letztendlich spielt es keine Rolle, was davon zutrifft. Was wir brauchen, ist ein bewussterer Blick auf unser Verhalten als Führungskraft, um sicherzustellen, dass es mit dem übereinstimmt, was wir mit und für unsere Organisation erreichen wollen.

Wenn wir uns mit "Nachhaltiger Führung" (oder Synonymen dieses Begriffs) befassen, werden wir feststellen, dass wir viel über die Befähigung von Menschen, den Verzicht auf Macht und Status sowie die Delegation von Entscheidungen auf die niedrigstmögliche Ebene sprechen. Ebenso über die Rolle als Coach, Visionär und Architekt für die Organisation, als Stratege, der das Ökosystem im Blick hat, und einfühlsame menschliche Führungskraft. All das ist wirklich schwer in einer Person zu finden. Daher plädiere ich für einen dezentralen und verteilten Führungsansatz. Jeder kann und sollte eine Führungspersönlichkeit sein – abhängig vom Kontext und den individuellen Stärken.

Unmöglich, sagen Sie, wir können nicht 10 Teamleiter in unserem Organigramm haben ... In der Tat kann man das nicht! Denn genau diese hierarchische, positionsbezogene Macht und Definition von Führung ist überholt. Führung ist unabhängig von der Position. In einer starken sozialen Struktur, die auf wechselseitigen Abhängigkeiten beruht, gibt es alle Arten von Führungskräften, die alle möglichen Rollen einnehmen: In der agilen Welt wird man sie wahrscheinlich als Product Owner, Team- oder Agile Coaches, Teammanager, Strategy Leads, Capability Leads, Chapter Heads und vieles mehr bezeichnen.

Genau dieser Ansatz der dezentralen Führung wird Sie allerdings Ihren organisatorischen Zielen näherbringen, bei denen es wahrscheinlich um folgende Punkte geht: Erstens Kosteneffizienz: Sie werden Overhead und Bürokratie einsparen, wenn klar ist, wer z. B. entscheidet. Zweitens Umsatzsteigerung: Schnellere Entscheidungen werden die Markteinführungszeit verkürzen und die Kundenerfahrung verbessern, da die befähigten Mitarbeiter in der Lage sind, vor Ort zu entscheiden, was am besten zu tun ist. Drittens Innovation: Wussten Sie, dass es eine direkte negative Korrelation zwischen der Einbeziehung von Experten in Innovationsprozesse gibt? Je mehr Experten, desto unwahrscheinlicher ist es, dass eine echte Innovation gelingt. Und schließlich die Schaffung einer Arbeitgebermarke, die Ihnen hilft, die besten verfügbaren Talente einzustellen: Jeder liebt es, seiner Leidenschaft zu folgen und die Autonomie zu erhalten, seine Träume zu verwirklichen und ist in dem Fall auch bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Die unbequeme Wahrheit ist: Wenn Sie nicht die Kultur haben, die Sie sich wünschen, wenn Sie das Gefühl haben, dass die Menschen in Ihrem Unternehmen frustriert und unmotiviert sind, wenn es ewig dauert, bis Entscheidungen getroffen werden, dann müssen Sie wahrscheinlich Ihr Führungsverhalten überdenken. Veränderungen beginnen immer zuerst bei Ihnen selbst!

Über den Autor: Timm Urschinger