print logo

Jedes fünfte Unternehmen hat keine eigene Website

Sicherlich passen nicht alle Maßnahmen auf jedes Unternehmen. Insbesondere die Werbung auf Facebook wird von vielen KMU’s kritisch gesehen
Horst Gräbner | 24.08.2013
In der aktuellen Ausgabe vom 19.08.2013 berichtet die Zeitschrift “Internet World Business”, dass erst 4 von 5 Unternehmen eine eigene Website haben und bezieht sich dabei auf Zahlen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn.

Ausgangsbasis der Untersuchung sind die rund 3,5 Millionen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern. Diese Unternehmen repräsentieren fast 98(!) Prozent aller Betriebe in Deutschland, d.h. nur jede fünfzigste Firma ist größer. Deutschlands Wirtschaft ist also tatsächlich mittelstandsgeprägt und die großen Konzerne machen nur einen kleinen Prozentsatz aus.

Warum haben rund 20 Prozent aller KMU’s noch keine eigene Website?

Diese Frage stellte sich auch die Initiative Antrieb Mittelstand und hat durch eine in Auftrag gegebene Studie herausgefunden, dass es den meisten Kleinunternehmen offenbar ausreiche, mit einer Website einfach nur präsent zu sein, weitergehende Online-Marketing Maßnahmen werden nicht genutzt.

Das deckt sich durchaus mit meiner Erfahrung. Viele meiner Kunden haben eine Website nur deshalb in Auftrag gegeben, weil sie offenbar der Meinung sind, “ja sollte man vielleicht mal machen heutzutage”. Das sind Firmen, die ihre Kunden durch klassisches Marketing gewonnen haben, als dieses noch gut funktionierte, auch schon vor der Zeit des Internets. Viele dieser Kunden sind im Laufe der Jahre zu Stammkunden geworden und so leben diese Firmen ganz eindeutig aus der Substanz, was anscheinend immer noch ausreicht.

Diese Firmen kommen gar nicht auf die Idee, eine Internetpräsenz auch aktiv zur Kundengewinnung einzusetzen. Ich sprach einmal mit dem Geschäftsführer eines Catering-Services hier in Köln und machte ihn darauf aufmerksam, dass er durch eine Optimierung seiner Website auf den vorderen Plätzen bei Google gefunden werden würde und er dadurch verstärkt Neukunden gewinnen könnte. Seine Antwort lautete in bestem kölschen Dialekt “um Joddes Wille, dann hamm mer ja noch mi zu dunn”. Da fällt mir spontan der Spruch ein “was stört, ist der Kunde”. Ansonsten war ich echt geschockt über diese Rückmeldung.

Doch das beantwortet noch nicht die Frage, warum so viele Firmen keine eigene Website haben, zumindest aus Imagegründen.

Die Hauptgründe für eine völlige Internetabstinenz sind nach den Recherchen der eingangs erwähnten Fachzeitschrift:

- Zweifel am Nutzen
- Keine Zeit, sich damit zu beschäftigen
- Unkalkulierbares Kosten-Nutzen-Verhältnis

Diese Gründe verhindern also offenbar bei rund 700.000 Betrieben in Deutschland die eigene Präsenz im Internet.

Dabei muss man sich die Frage stellen, wie ein Interessent bzw. potentieller Neukunde darauf reagiert, wenn eine Firma, für die er oder sie sich interessiert, nicht im Internet vertreten ist. Bei mir erzeugt das regelmäßig ein gewisses Unwohlsein und ich tendiere dann eher zu einem Anbieter, über den ich mich auf seiner Website vorab ausführlich informieren kann.

OK, es gibt Firmen, die wahrscheinlich wirklich keine eigene Internetpräsenz brauchen. Der Bäckermeister um die Ecke, zum Beispiel. Ehrlich, was soll der mit einer eigenen Website? Seine lokalen Kunden wissen, dass es ihn gibt und was man bei ihm bekommt. Ich kenne auch niemanden, der vor dem Kauf von Brot oder Brötchen bei Google recherchiert, welcher Bäcker den in Frage käme.

Doch was, wenn dieser Bäckermeister eines Tages auf die Idee kommt, einen Tortenservice anzubieten und die Torten auch über die Stadtgrenzen hinaus geliefert werden können? Geht das immer noch ohne eigene Website?

Ganz neu verteilt werden die Karten übrigens durch die zunehmende Nutzung von internetfähigen Smartphones und Tablet PC’s. Was, wenn ich während eines Stadtbummels ganz plötzlich Heißhunger auf eine frisch gebackene Nußschnitte bekomme und in mein Smartphone “Bäckerei” in max. 200 m. Entfernung eintippe? Dann hat der gute Bäckermeister ohne eigene Webpräsenz so gut wie keine Chance, mir eine Nußschnitte zu vekaufen. Was mein Smartphone nicht auflistet, ist schlichtweg nicht existent.

Also Onlinemarketing für Kleinunternehmen ja oder nein?

Es kommt darauf an. Die Firmen, die noch aus der Substanz des Kundenstammes der letzten Jahre und Jahrzehnte leben, können vielleicht heute (noch) ohne Onlinemarketing auskommen. Sie sollten sich aber ernsthaft die Frage stellen, ob das noch 10 oder 20 Jahre so gut weitergehen wird. Falls sich hier gewisse Zweifel einstellen, ist meiner Meinung nach ein sinnvolles Onlinemarketing-Konzept ein absolutes Muss.

Für alle Firmen, die heute schon wissen, dass ihre Kunden zuerst ins Internet schauen, bevor sie kaufen, stellt sich die Frage ja oder nein erst gar nicht, denn ohne Onlinemarketing werden sie nicht überleben.

Dabei genügt es schon lange nicht mehr, lediglich eine eigene Website zu etablieren, die dann womöglich jahrelang ohne jegliche Neuerung vor sich hin dümpelt. Vielmehr ist Online-Marketing der Sammelbegriff für eine ganze Reihe von Maßnahmen und die eigene Website ist mehr oder weniger die “Zentrale” aller Bemühungen, die eigene Ziegruppe online zu erreichen.

Diese Maßnahmen benötigen unbedingt ein oder mehrere klar formulierte Ziele, denn ansonsten würde man eine Art “Blindflug” betreiben und es ließe sich tatsächlich keinerlei Nutzen feststellen.

Die wichtigsten Ziele des Online-Marketings für KMU’s sind laut Dr. Torsten Schwarz die Folgenden:

- Die Bekanntheit des Unternehmens steigern
- Ein positives Image aufbauen
- Prozesse effizienter abwickeln
- Kundenbindung verbessern
- Neue Zielgruppen ansprechen
- Produkte online verkaufen
- Dienstleistungen online verkaufen
- Ein Produkt bekannter machen
- Eine Marke etablieren

Der Grad der Zielerreichung lässt sich übrigens mit Hilfe modernster Internettechnik sehr genau messen. Damit dürfte der weiter oben genannte Zweifel am Nutzen weitestgehend entkräftet sein.

Um die gesteckten Ziele zu erreichen, gibt es in der Hauptsache folgende Maßnahmen:

- Website-Marketing
- Suchmaschinenoptimierung, d.h. bessere Auffindbarkeit bei Google
- Webanalytics und Webcontrolling
- Bannerwerbung (Online-Werbung, Digitale Werbung)
- Suchmaschinenwerbung mit Google AdWords
- Facebookwerbung
- E-Mail-/ Newsletter-Marketing, sehr interessant gerade für kleinere Budgets
- Affiliate-Marketing
- diverse Onlinewerbeformen
- Social-Media-Marketing
- Content-Marketing
- Mobile Marketing und Mobile Apps

[Quelle der Auflistung: Jörg Euster]

Sicherlich passen nicht alle Maßnahmen auf jedes Unternehmen. Insbesondere die Werbung auf Facebook wird von vielen KMU’s kritisch gesehen, da sie der Meinung sind, die eigene Zielgruppe sei dort nicht vertreten, was oftmals auch zutrifft.

Aufgrund der in der Regel vorherrschenden Begrenztheit der finanziellen Mittel für Werbung sollten KMU’s eine Art Guerilla-Marketing-Strategie entwickeln, die mit kleinstmöglichem Aufwand den größten Nutzen bringt.

In KMU’s wird das Thema Onlinemarketing in der überwiegenen Zahl der Fälle Chefsache sein, denn neun von zehn Unternehmen, der eingangs genannten 3,5 Millionen beschäftigen weniger als 10 Mitarbeiter. Eine eigene Marketingabteilung, oder sogar ein eigener Webmaster wird da eher die Ausnahme sein.

Natürlich soll der Chef jetzt nicht zum Onlinemarketingexperten werden. Er ist ja schließlich stark genug in sein eigentliches Business involviert, was auch gut so ist. Es genügt, wenn der Chef so viele Kenntnisse von der Materie hat, das niemand ihm "ein X für ein U" vormachen kann, wie man so schön sagt. Mit ausreichendem Basiswissen ist der Chef schließlich in der Lage, die erforderlichen Dienstleistungen auszulagern, d.h. mit externen “Helferlein” zusammen zu arbeiten.

Das weiter oben genannte Argument “keine Zeit sich damit zu beschäftigen” kann in diesem Zusammenhang auch so übersetzt werden: “keine Zeit sich mit der Weiterentwicklung der eigenen Firma zu beschäftigen” und ist daher ein absolutes NoGo.

Beschäftigen wir uns abschließend mit dem Argument “Unkalkulierbares Kosten-Nutzen-Verhältnis”. Dieser Einwand stimmt natürlich immer dann, wenn man, wie viele Anfänger, den Fehler macht, einfach plan- und ziellos Gelder in diverse Maßnahmen zu stecken, um dann hinterher festzustellen, dass es nichts festzustellen gibt. Sind auf diese Weise erstmal einige Tausend Euro “verbrannt”, ist der Geldgeber natürlich und verständlich für das Thema Onlinemarketing genauso angekockelt und er wird zu dem Schluss kommen, “bei uns funktioniert das alles nicht”, Thema erledigt. Weiter wie bisher.

Ein ganz klassisches Beispiel dafür sind die berühmten Google Adwords. Bei dieser Werbemethode kann der Unwissende so viel falsch machen, dass es schon weh tut. Diese angeblich so schnell Erfolg bringende Werbemaßnahme entpuppt sich für Viele leider als Geldvernichtungsmaschine und Google reibt sich die Hände.

Dabei ist die richtige Vorgehensweise so einfach. Bei keiner anderen Werbung lässt sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis darüber hinaus so genau feststellen, wie bei der Online-Werbung. Die Besucherströme Ihrer (hoffentlich vorhandenen) Website lassen sich bis in kleinste Detail analysieren, sogar in Echtzeit, wenn es sein muss. Sie sehen dann ganz genau, welche Maßnahmen Erfolg bringen und welche eher weniger. Einzelne Maßnahmen, die bereits gut laufen, können durch weitere Maßnahmen wie z.B. das Splittesting immer weiter verfeinert werden.

So erreichen Sie schließlich das Optimum an Effektivität. Voraussetzung ist ein wenig guter Wille und ein guter Dienstleister, der sie über viele Jahre hinweg begleitet, denn selber machen können Sie das alles im Normalfall nicht. Schließlich tragen Sie ja auch nicht Ihre Briefsendungen persönlich zum Empfänger, um das Porto zu sparen.