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Kunden wollen begeistert sein (Teil 2)

Kundenbegeisterung ist zunächst keine Frage der Argumente, sondern der inneren Haltung des Verkäufers. Was spielt dabei eine entscheidende Rolle?
Ulf D. Posé | 01.05.2015
Kunden wollen begeistert werden

Kundenorientierung ist seit einigen Jahren im Gespräch. Zur stabilen Kundenbeziehung trägt sie leider zu wenig bei. Selbst Kundenzufriedenheit bindet Kunden nicht an ein Unternehmen. Der „König Kunde“ ist nicht loyal. Wie aber wird ein Kunde an ein Unternehmen tatsächlich gebunden? Hier finden Sie im 2. Teil weitere Antworten.

Ein Unternehmen will Ziele verfolgen. Dazu nimmt das Unternehmen Einfluss auf den Mitarbeiter. Sind jedoch die Verkehrssitten so, dass der Mitarbeiter in seinen Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen und Interessen keinen Einfluss nehmen kann auf das Unternehmen, wird in solch einem Klima eine Anpassung an die Realität behindert. Es findet nur Output, jedoch kein Input statt. Gleiches gilt für die Kunden. Wenn das Unternehmen nur Einfluss nehmen will auf den Kunden(er soll verdammt noch einmal kaufen, und sich auf keinen Fall beschweren!), Jedoch keinen Input vom Kunden annimmt, dann verabschiedet sich der Kunde. Entweder erkauft gar nicht mehr, oder nur noch gezwungenermaßen. Die Reklamationen, die Unwilligkeit wird zunehmen. Damit wird der Kunde teuer. Das Gleiche gilt beim Mitarbeiter. Will ein Unternehmen also wissen, wie nah er seinem Kunden ist, dann sollte er einmal zunächst prüfen, wie nah sind ihm seine Mitarbeiter.
Ein Unternehmen, das gern Input annimmt, nennt Prof. Dr. R. Lay eine offene Kommunikationsgemeinschaft. Ein outputorientiertes Unternehmen ist für ihn eine Institution. Kundenorientierung verlangt, dass das Unternehmen eine inputorientiertes Kultur hat.
Die beiden unterscheiden sich nach Prof. Lay folgendermaßen:


INSTITUTION OFFENE Kommunikations-
Gemeinschaft

Geschlossene Moral offene Moral
geschlossenes Weltbild offenes Weltbild
ritualisierter Umgang individueller Umgang
inflexibel flexibel
intolerant tolerant
Kommunikationsange- Kommunikationsangebote
bote immer gleich passen sich an
die Welt wird angepasst man passt sich der Welt an
Fremdverantwortung Selbstverantwortung
Werte werden nicht kritische Identifikation überprüft
Das Tun ist zweck- Das Handeln ist das
orientiert Ziel


Fragen sie sich also, welche Kultur haben wir? Ist diese Kultur Service-freundlich oder nicht.

Kundenbegeisterung bedeutet, Nähe zum Mitarbeiter
Ein Unternehmen kann noch so maßgeschneiderte Konzepte haben, um sich in die Nähe des Kunden zu begeben, wenn das Unternehmen am Mitarbeiter nicht interessiert ist, dann verpuffen solche Konzepte völlig wirkungslos.

Zu überprüfen ist also zunächst das corporate behavior. Das sind die Verhaltensweisen in einem Unternehmen, de Umgangsstil. Dann ist die corporate communication zu untersuchen. Das ist die Kommunikation des Unternehmens auf schriftliche, mündliche und bildliche Art. Und es ist sicher auch das corporate design anzuschauen, also die optische Gestaltung des Unternehmens durch Logo und Prospekte etc.
Hätte IBM z. B: hier Nähe zum Kunden gezeigt, dann bin ich mir ziemlich sicher, hätte es den Erfolg von Bill Gates wahrscheinlich nie gegeben. Denn dieser Erfolg war nur möglich dadurch, dass IBM an den Kundenerwartungen kein oder wenig Interesse hatte.


Kundenbegeisterung ist eine innere Haltung
Somit ist Kundenbegeisterung eine innere Haltung. Sie findet ihren Ausdruck in der Fähigkeit, sich schnell und flexibel an die Veränderungen des Kundenverhaltens anzupassen. Die Entwicklungen und ständig notwendigen Veränderungen der Prozesse in einem Betrieb müssen sich dabei am Kundennutzen orientieren. Nur so ist sicher langfristig eine Steigerung und Sicherung des Verkaufserfolges möglich.

Die Kosten einer schlechten Kundenorientierung
Wie nahe man seinem Kunden ist, kann man anhand der Migrations-, Interaktions- und Transaktionskosten feststellen. Diese Kosten geben Auskunft über das Klima im Betrieb und Auskunft über die Beziehung zum Kunden. Unternehmen mit einer guten Kundennähe haben hier weniger Kosten als Unternehmen, die weit vom Kunden entfernt sind:

Migrationskosten
Das sind die Kosten, die durch den Wechsel von Mitarbeitern und Kunden entstehen. Das sind auch die Kosten, die durch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter oder durch die Einweisung eines Kunden entstehen.

Interaktionskosten
Das sind die Kosten, die durch Reibungsverluste, durch innere Kündigung entstehen. Dazu gehören auch die Kosten, die durch Demotivationen entstehen. Also unnötige Krankheit oder fehlende Bereitschaft zur Mehrarbeit. Beim Kunden sind das die Missverständnisse, wenn der Kunde etwas in den falschen Hals bekommt oder so.

Transaktionskosten
Schließlich bleiben noch die Kosten, die durch Vertragsrechte entstehen. Was kosten die Auseinandersetzungen mit Kunden, Mitarbeitern, den Lieferanten, Großkunden, Auftraggebern, etc. Unzufriedene Kunden lassen sich ihre Reklamationen teuer bezahlen. Ist das Verhältnis zum Kunden gut, dann kostet die Wiedergutmachung auch nicht soviel.

Die Reklamation als Chance
Gerade die Reklamation also Vertragsverletzung gibt dem Unternehmen gute Chancen, dem Kunde nahe zu kommen. Reklamationen sind kostenlose Beratung durch den Kunden.
Bei einer Reklamation zur Zufriedenheit des Kunden hat der Kunde zum ersten Mal die Leistungsfähigkeit des Unternehmens real wahrgenommen, ist zumindest die Meinung des Servicedirektors von Rank Xerox.
Rank Xerox hat gerade hier schon vor Jahren Bedeutendes geleistete. Zentraler Punkt im Kundenmanagement ist bei Rank Xerox die Reklamation. Forderung an die Mitarbeiter ist hier: Jede Reklamation muss in 48 Stunden bearbeitet sein. Gelingt dies nicht, dann landet die Reklamation auf dem Tisch oder Computer des nächst-höheren Vorgesetzten. So kann es passieren, dass eine Reklamation bis zum Geschäftsführer gelangt. Interessant ist, dass es Rank Xerox gelungen ist, den Anteil der in 48 Stunden geregelten Reklamationen von 10 % im Jahre 1991 bereits 1997(!) auf sage und schreibe 90 % gestiegen ist.

Die Entwicklung der Orientierung des Kunden
Kunden haben sich verändert. Wir haben in den letzten 50 Jahren eine besondere Entwicklung. Und die gilt es nach- und mitzuvollziehen:

1940 – 50 reine Produktorientierung
1960 – 70 reine Nachfrageorientierung
1970 – 90 Befriedigung der Kundenwünsche
2000 - ? Vorausdenken der Kundenerwartungen

Das Ziel der Zukunft ist es also, sich zu fragen: Wo übertreffen wir die Kundenwünsche? Wie können wir uns noch einfacher, schneller, dauerhafter, effektiver und ökologischer auf die Kundenwünsche einstellen?“

Der Schlüssel zum Erfolg: Kundenbegeisterung!
Wer die Wünsche seiner Kunden nur befriedigt, wird kaum eine gute Kundenbindung herstellen. Kunden erwarten als Minimum, dass sie zufrieden gestellt werden. Erst wenn die Erwartungen der Kunden übertroffen werden, kommen sie gern wieder. Für Kunden ist es nichts Besonderes, freundlich bedient zu werden. Es ist nicht Besonderes, einen fairen Preis zu bezahlen. Es ist nicht Besonderes auf eine fachlich kompetente Beratung zu stoßen. Und es ist nichts Besonderes, in einer angenehmen Atmosphäre unaufgefordert gut beraten zu werden.
Erst wenn z. B. unerwartete Leistung und Betreuung angeboten wird, entsteht Kundenbegeisterung. Persönliche Einladungen zu Vorträgen, oder der persönliche Geburtstagsgruß oder der persönliche Genesungswunsch inklusive einer Aufmerksamkeit, die ins Krankenhaus zum Patienten geschickt wird, wird die Bindung zwischen Kunden und Ihnen gefestigt. Besonders wirksam ist es, seine persönlichen Privilegien für seine Kunden einzusetzen. Wer Nutzen bietet, den man nicht kaufen kann, sondern nur geschenkt bekommen kann, der löst Begeisterung aus.
Kundenbegeisterung und damit Kundenbindung löse ich erst dann aus, wenn auf der Beziehungsebene sich ein intensiver und guter Kontakt entwickelt. Alles andere haben andere auch zu bieten.

Vergleichsgrößen schaffen
Zunächst sollte man für eine optimale Kundenorientierung Vergleichsgrößen schaffen. Wo sind Sie besser (und nicht nur billiger) als andere? Sollten Sie das nicht wissen – wie soll es dann der Kunde wissen???
Zur Feststellung der Vergleichsgrößen gilt es eine Analyse der Stärken, Schwächen, Standortvorteil, Produktvorteile, Dienstleistungs- und Servicevorteile vorzunehmen. Diese Analyse sollte man dann abgleichen mit den Kundenwünschen. Vielleicht ist der Kunde nämlich nicht interessiert an diesen Vorteilen. Nur wenn die Vorteile die Sie zu bieten haben, auch die Erwartungen des Kunden treffen, sind es echte Vorteile.

Fazit
Ein erfolgreicher Verkäufer wird Kundenbegeisterung über mehrere Schritte implantieren:
1. Messen. Er misst die Kundenzufriedenheit und nimmt sie als Basis für Veränderungen. Die Ergebnisse der Messung werden für ganz konkrete Management-Entscheidungen genutzt.

2. Maßnahmen Die Kundenzufriedenheitsergebnisse werden eingesetzt, um klare Verantwortungen, exakte Ziele, zeitliche Abläufe und Termine für besseren Umgang mit dem Kunden zu definieren

3. In-Frage-stellen
Die Messung ist auch Basis, durchaus grundlegende Dinge, wie Produkte, Produktgestaltung, Service und Dienstleistungen für den Kunden zu überprüfen. Auch die Mitarbeiter aus dem Innendienst, die Kontakt zum Kunden pflegen, werden hierbei in die Überlegungen mit einbezogen.

4. Die Kundenstruktur Kundenzufriedenheitsmessungen sollten auch ein Überprüfung der Kundenstruktur beinhalten. Wer sein Kundenportfolio nur mit älteren Kunden ausgestaltet, sollte sich nicht wundern, wenn ihm Kunden langsam aber sicher wegsterben.
Sind diese Faktoren berücksichtigt, dann steht einer erfolgreichen Kundenbegeisterung nichts mehr im Wege.

Ulf Posé