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Zukunft Handel nur mit Sytemen, Kooperationen, Innovationen und Differenzierung

Ulrich Eggert | 15.01.2010
Der Einbruch des Welthandels als Folge der Finanzkrise hat Deutschland in die schärfste Rezession seit Jahrzehnten gestürzt. Aber es bestehen gute Aussichten, die Krise in 2010 zu verlassen, wobei jedoch Nachwirkungen bis 2014 zu spüren sein werden. Die Staatsverschuldung steigt – und damit wird die deutsche Politik unbeweglicher. trotz aller Konjunkturprogramme werden Staatsinvestitionen nicht mehr leicht von der Hand gehen. Förderprogramme und Subventionen werden zurückgefahren werden müssen. Auf der Konsumentenseite sorgt die Abwrackprämie mit 2 Mio.-facher Nachfrage dafür, dass erhebliche Gelder für die nächsten Jahre für die Tilgung der Kredite auf die neuen Autos reserviert sind - und damit für den „normalen“ Konsum fehlen!
Insgesamt erleben wir eine Konsolidierung der Konsumgüternachfrage in Deutschland, die noch dadurch verstärkt wird, dass schon seit Jahren ein kräftiger Drift der Verbrauchernachfrage in Richtung Dienstleistungen stattfindet. Bereits heute gibt jeder Deutsche über 50 % seines Gesamtjahresbudgets für Dienstleistungen aus, die Nachfrage nach Konsumgütern ist der sinkende Teil des Sozialproduktes! Mangelnde Einkommenssteigerungen verschärfen die Situationen. „Green Business“ steht für die nächsten Jahre im Vordergrund, d. h. die Themen Nachhaltigkeit, Gesundheit, Qualität und Korrektheit werden stärker in der Vordergrund rücken und damit die Nachfrage auf eine neue Qualitätsstufe bringen. Das Ganze jedoch geschieht – denn wir sind in Deutschland – unter dem Gesichtspunkt, dass Nichts teurer werden darf! Dies bleibt nicht ohne Folge für den gesamten Handel in Deutschland, führt die Ulrich Eggert Consulting in Köln in ihrer aktuellen in Thesen aufgebauten Strategiestudie „ZUKUNFT HANDEL“ aus, die unter www.ulricheggert.de zum kostenlosen Download zur Verfügung steht.

Dieser Handel hat in den letzten 20 Jahren eine Flächenexpansion betrieben, die in keiner Weise mit der Umsatzentwicklung konform geht, denn die weist im Wesentlichen Stagnation auf. Das Ganze führt zu einem Hyperwettbewerb jeder gegen jeden, nicht mehr Firma A gegen Firma B, sondern es kommt zum Systemwettbewerb: Gruppe A gegen Gruppe B, Filialsystem X gegen Filialsystem Y, gegen Franchisesystem Z usw. Vor diesem Hintergrund nimmt die Kooperationswilligkeit und Notwendigkeit immer stärker zu, wer alleine arbeitet hat kaum noch eine Chance - jedes Unternehmen sollte Mitglied eines Systems sein. Die Vertikalisierung zwischen Industrie und Handel tut ein Übriges dazu und insgesamt lässt sich festhalten, dass der Preis die entscheidende Rolle im Wettbewerb verliert, denn preisgünstig muss sowieso alles sein, aber künftig entscheidet mehr die richtige Strategie, das richtige Format. Und Formate werden immer stärker durch das Internet und damit Multi-Channel-Retailing bestimmt.
Die Folge der Flächenexpansion ist eine ebenso schnell sinkende Flächenproduktivität – mit dem Ergebnis, dass immer mehr Unternehmen an die Grenzen ihrer Rentabilität gelangen. Die einzelhandelsrelevanten Konsumausgaben sinken anteilig auch in Zukunft und Rabatte „auf alles außer Tiernahrung“ helfen da kaum weiter. Die ständige Antwort der Märkte auf diese Situation, nämlich Ausbau der Flächen insgesamt wie auch pro Standort ist nicht unbedingt eine probate Problemlösung, denn ewige Gleichmacherei hat dazu geführt, dass die Unternehmen sich kaum noch unterscheiden – es fehlt eine Polarisierung der Strategien. Mit dem Ergebnis, dass es nur zu selten „echte“ Kundenbindung an einzelne Unternehmen gibt, sondern in zu vielen Fällen der nächstbeste Markt aufgesucht wird. Category Migration, das ständige Eindringen in benachbarte und ferne Branchen durch Sortimentsausweitung, hat viele Formate wie etwa die Discounter oder auch die B+H-Märkte in eine Position „gegen alle“ geführt. Besondere Zielgruppen wie Frauen, Senioren und Migranten werden nur in Ausnahmefällen direkt angesprochen, Nahversorgungskonzepte fehlen zu häufig.

Aber welche Entwicklungen dürften die Situation des Handels in den nächsten Jahren kennzeichnen?
Die Aussichten sind keineswegs rosig, denn der Handelsumsatz hat längst – real gerechnet – seinen Zenit überschritten. Die Discountorientierung wird sich eher verstärken als abschwächen, da auch der Mittelstand zunehmend die Discounter aufsucht. Der Grund dafür ist recht einfach: Er war der „Konsumstand“, er hat im Wesentlichen die Nachfrage in Deutschland geprägt – aber er ist es, der unter der Krise am Stärksten zu leiden hat, sei es durch Arbeitsplatzabbau oder schlicht und ergreifend durch Einkommensbegrenzungen und sogar -einschränkungen im Sinne von Boniverzicht oder sogar lineare Einkommenskürzungen. Trotzdem bewegen wir uns vom Massenmarkt zum Mikromarkt , die Individualisierung steht immer mehr im Vordergrund, nicht zuletzt aufgrund der enormen demografischen Entwicklungen wie Alterung, Feminisierung, Singelisierung und Migration. Die „Lösungs“-Anbieter stehen immer stärker im Vordergrund, „Produkt“-Vermarkter können letztlich nur über den Preis verkaufen. Wir erleben zudem eine neue Moral der Märkte: Nachhaltigkeit, Qualität, Gesundheit und Fairness stehen immer stärker im Vordergrund – aber das alles doch zu niedrigen Preisen, denn wir sind schließlich in Deutschland!

Die Konsolidierung der Konsumgüternachfrage der Verbraucher wird die Konsolidierung des gesamten Handelsnetzes weiter treiben, alle Branchen und Bereiche sind davon betroffen. Die Pleiten der letzten Jahre haben dies hinlänglich offenbart. Viele Unternehmen werden weiterhin versuchen, durch Category Migration und damit das Eindringen in fremde Branchen Erfolge zu erzielen– damit wird sich der Wettbewerb im Handel aber nur weiter verschärfen. Ein Hyperwettbewerb entsteht: Jeder kämpft gegen jeden, Handel gegen Handel, Handel gegen vertikalisierte Industrie, Handel gegen Reisen in das Ausland usw. Es geht um das Geld des Verbrauchers – und wenn der Handel nicht verstärkt Dienstleistungen offeriert, wird er Probleme bekommen, denn der Dienstleistungsanteil an den Gesamtausgaben der Verbraucher nimmt laufend zu.

Aber was sind nun die Erfolgskonzepte für Handelsunternehmen? Mit welchen Strategien werden sie auch in Zukunft ihren Markt finden?
Entscheidend ist sicherlich die Differenzierung vom Wettbewerb, das Anderssein, und dazu sind Innovationen gefragt. Es geht dabei vor allen Dingen um Leistungsinnovationen – also das, was der Verbraucher sieht –, aber auch um Prozessinnovationen in den internen Bereichen, um die Unternehmen kostenoptimal aufzustellen. Ergänzende Sozialinnovationen, die die Mitarbeiter enger an das Unternehmen binden und zufriedener arbeiten lassen, kommen dazu. In Zukunft muss verstärkt das angeboten werden, was auch der Kunde will: Kundenorientierung steht im Vordergrund – und das heißt vor allen Dingen Bedarfsorientierung. IKEA macht es vor: Es nennt sich Möbelhaus, verkauft aber doch hauptsächlich „irgendetwas“ – seien es nun Heimtextilien, Leuchten, Deko, Pflanzen oder was auch immer. IKEA verkauft das, was der Kunde haben will. In diesem Sinne geht es um Problemlösungen – und das heißt: Ware + Dienstleistung + Service + Beratung + Information + Aftersales-Services! Welcher Händler bietet denn das schon heute? Für 6 Mrd. € werden heute pro Jahr Dienstleistungen online an den Verbraucher abgesetzt – fast die Hälfte davon über Discounter! Warum steht der übrige Handel diesem Thema eigentlich fern? In Fortsetzung des Themas lässt sich sagen, es muss mehr Wert geboten werden, sei es Convenience-Angebote, Wellness-Angebote oder was auch immer. Die Sortimente müssen weiter optimiert werden – und das heißt zwar auf der einen Seit Sortimentserweiterung im Sinne von interessanten Produkten, wie es IKEA vormacht, das heißt auf der anderen Seite aber auch starker Verzicht auf die Dinge, die man nicht beherrscht. Und das Thema „Beherrschen“ ist ein weiterer wesentlicher Faktor für die nächsten Jahre: Was ich nicht kann, lasse ich andere für mich machen. Das bedeutet nichts anderes als dass alle Unternehmen immer stärker kooperieren und strategische Allianzen bilden müssen: Wer alleine arbeitet (im Handel), ist für die Zukunft verloren! Die Unternehmen müssen auf ein bisschen Freiheit verzichten, um die Selbstständigkeit im System zu erhalten. Systemvertrieb steht immer stärker im Vordergrund, d. h. das Arbeiten unter einer Leitstrategie in einer Gruppe, die zentral durchgesetzt wird. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Vertikalisierung mit den Lieferanten, d. h. die schnelle Verbindung zwischen Industrie / Lieferant auf der einen Seite und Handel / Distribution auf der anderen Seite. Das bedeutet aber auch Markenbildung – und das ist ein weiterer entscheidender Aspekt für die Zukunft des Handels: Der Handel muss selbst zur Marke werden und nicht nur die Marken der Industrie vertreten.

Aber künftig muss jeder Weg genutzt werden, um an das Geld des Verbrauchers zu kommen, denn andere tun das auch. Und das bedeutet Multi-Channel-Retailing, also die Integration von standortbezogenen Geschäften, Katalogen, Internet, Teleshopping, Mobile Commerce und was auch immer. Das Telefon wird in diesem Zusammenhang künftig eine immer größere Rolle spielen – man kann damit einkaufen, Fahrkarten bestellen, sich ausweisen, bezahlen, … - und natürlich auch weiterhin telefonieren! Größere Unternehmen werden nicht umhin kommen, eine Mehrschienen-Politik zu betreiben, um individueller zu werden und näher an den Kunden herankommen zu können. Eine wichtige Basis dabei ist, dass die Logistik im Hintergrund völlig beherrscht wird und dafür wird die RFID-Technologie immer bedeutender. Jedes Produkt wird exakt durch einen Chip definiert bzw. es definiert sich selber – und damit können die Hintergrundprozesse völlig automatisiert werden. Wichtiger wird diese Technik in Zukunft aber auch „Frontend“, d. h. gegenüber dem Endverbraucher: Wenn die Produkte eindeutig definiert sind, können auch die Prozesse im Laden einfacher laufen, es kann automatisch gescannt, automatisch kassiert werden. Ja, es könnte langfristig auf Kassiervorgänge klassischer Art völlig verzichtet werden und damit entstünde das Prinzip eines neuen Discounts – eines Techno-Discounters. Aber weiterhin gilt die These, nur das zu machen, was man selbst beherrscht, den „Rest“ soll man bitte auf die übertragen, die es besser können. Es kann langfristig zu virtuellen Unternehmen führen, die letztlich nur noch Marke sind, nichts vertreiben, nichts verkaufen, alles Dritte machen lassen. In diese Richtung gehen bereits heute Unternehmen wie Red Bull, Polo Ralph Lauren, ja sogar Adidas, Nike und Puma. Aber Unternehmen dieser Art brauchen Verträge, sogenannte Funktionsauslagerungsverträge. Und diese werden in Zukunft immer mehr die Handelspolitik bestimmen – sei es im Rahmen der Systembildung, des Outsourcings oder wo auch immer.

Doch Einkaufen wird auch künftig der Kunde – und der Kunde ist Mensch, der Mensch will emotional angesprochen werden. Dazu ist es immer stärker erforderlich, die Geschäfte zu emotionalisieren. Dazu sind natürlich die Markenbildung, die Werbung, das Ladenlayout und all diese Dinge erforderlich. Aber das Entscheidendste wird dabei auch langfristig der Mitarbeiter sein: Menschen erleben Emotionen und Emotionen werden am Besten und Schnellsten von anderen Menschen überbracht. Damit wird auch künftig die Mitarbeiterführung einen wesentlichen Stellenwert in den Unternehmen behalten bzw. in all den Unternehmen, die nicht nur auf den Preis setzen, an Bedeutung gewinnen. Eine detaillierte Unternehmensplanung mit entsprechendem Controlling rundet die Zukunftsaspekte des Handels ab.
Letztlich sind es vier Dinge, die für die Zukunft der Handelsunternehmen von besonderer Bedeutung sind: Sie müssen effizient arbeiten, d. h. mit den Ressourcen richtig umgehen, und sie müssen ein eigenes Gesicht aufbauen, mit dem sie sich vom Wettbewerb unterscheiden. Nur dann sind sie in der Lage, mit emotionalen Konzepten den Kunden anzusprechen und ihm ein Angebot zu attraktiven Preisen anzubieten.

Diese Informationen und weitere Detail-Ausführungen finden Sie in der etwa 30 Seiten umfassenden Strategiestudie „ZUKUNFT HANDEL“, herausgegeben von der Ulrich Eggert Consulting, Köln. Sie ist rein verbal und weitgehend in Thesenform aufgebaut und steht unter www.ulricheggert.de, hier: „KOSTENLOSE STUDIEN“, zum kostenlosen Download zur Verfügung