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Hand in Hand mit anderen arbeiten: Wer haftet?

Timo Schutt | 16.07.2015
Wenn ein Beschäftigter eines Betriebes einen Beschäftigten eines anderen Betriebes fahrlässig verletzt, gibt es im Arbeits- bzw. Sozialrecht eine Besonderheit: Der Schadensverursacher haftet nicht: Der Verletzte muss/kann sich jetzt nur noch an seine eigene Berufsgenossenschaft wenden.

Dies gilt dann, wenn beide vorübergehend auf einer gemeinsamen Betriebsstätte zusammenarbeiten (§ 105 und § 106 Absatz 3 SGB VII).

Es ist also ein Hand-in-Hand-Arbeiten erforderlich. In einem nun vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedenen Fall war folgendes passiert: Ein LKW-Fahrer liefert Waren an. Der Mitarbeiter des Warenbestellers hatte dem LKW-Fahrer die Hallentür aufgehalten. Hierbei war wesentlich, dass der LKW mit offener Ladeklappe rückwärts ganz dicht an die offene Hallentür rangieren musste. Beim Rückwärtsfahren drückte der LKW-Fahrer aber versehentlich die Hallentür zu und verletzte den Helfer schwer am Arm.

Das Gericht sah hier eine Hand-in-Hand-Arbeit als gegeben, da beide Arbeitsschritte (Rangieren und Türaufhalten) ineinandergreifen mussten, damit beide Mitarbeiter ihre Arbeit erfolgreich würden verrichten können. Dies war hier der Fall, weil einer ohne den anderen nicht hätte erfolgreich sein können:

• Wäre der LKW-Fahrer rückwärts vor die verschlossene Hallentür rangefahren, wäre er vor einer verschlossenen Tür gestanden und hätte die Ware nicht ausladen können.
• Hätte der Hallenmitarbeiter die Hallentür aufgehalten, ohne dass der LKW-Fahrer rückwärts an die Halle rangefahren wäre, hätte man die Waren nicht ausladen können.

Beide waren also aufeinander angewiesen.

Die Folge: Der verletzte Mitarbeiter kann sich nicht an den LKW-Fahrer halten, um von diesem Schadenersatz und Schmerzensgeld zu bekommen. Rein prozessual hat der Verletzte also den Falschen verklagt, er hätte sich von Anfang an seine Berufsgenossenschaft halten müssen.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)