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(Schein)Werkverträge: Gesetzentwurf wird Gesetzchen?

Timo Schutt | 19.11.2015
Das von Bundesarbeitsministerin Nahles seit langem angekündigte Gesetz zur Bekämpfung von Missbrauch bei Leiharbeit und Scheinwerkverträgen könnte in einem Gesetzchen enden, das doch harmloser wird, als es scheint. Der Entwurf befindet sich aktuell in der regierungsinternen Abstimmung, aber ein paar Punkte sind durchgesickert:

• So soll die Leiharbeit auf 18 Monate begrenzt werden, wenn das Unternehmen nicht tarifgebunden ist. Nach bereits 9 Monaten muss der ausleihende Arbeitgeber aber denselben Lohn bezahlen wie an eigene Arbeitnehmer.
• Soweit ein Personal- oder Betriebsrat vorhanden ist, soll dieser künftig über Werksverträge und ihre Anzahl informiert werden.
• Außerdem sollen einschlägige Gerichtsurteile zu Scheinwerkverträgen in das Gesetz einfließen, um Scheinwerkverträge zu definieren.

Es bleibt spannend. Scheinwerkverträge oder auch Scheindienstverträge sind genauso rechtswidrig wie weit verbreitet. Viele Unternehmen arbeiten mit “Freien Mitarbeitern” zusammen, die bei genauem Hinsehen aber scheinselbständig sind – und damit in Wahrheit Arbeitnehmer. Durch das neue Gesetz soll nicht nur ein Missbrauch von Auslagerungen in die Leiharbeit, sondern auch ein Missbrauch von solchen Scheinwerkverträgen bekämpft werden, die eigentlich Arbeitsverträge sind. Es bleibt zu hoffen, dass das neue Gesetz klare Worte findet, dem Missbrauch effektiv einen Riegel vorzuschieben.

Hier ein paar beispielhafte Indizien, an denen man Scheinselbständigkeit erkennen kann:

• Der “Freie Mitarbeiter” ist weisungsabhängig.
• Er ist in die Organisationsstruktur des Auftraggebers eingebunden.
• Er trägt uniforme Kleidung des Auftraggebers.
• Er hat eine Visitenkarte und eine Mailadresse des Auftraggebers, ohne dass darauf ersichtlich ist, dass er “Frei” ist.
• Er muss Urlaub beantragen, über ihn wird eine Personalakte geführt.
• Er trägt kein wirtschaftliches Risiko seines Tuns.
• Er hat kein Gewerbe angemeldet.
• Er bekommt jeden Monat immer dasselbe Geld.
• u.a.

Es kann sein, dass bereits ein Indiz ausreicht, um Scheinselbständigkeit zu bejahen, in anderen Fällen können erst mehrere ggf. schwächer ausgeprägte Indizien zur Scheinselbständigkeit führen.
Die Scheinselbständigkeit kann für den Auftraggeber (der jetzt Arbeitgeber ist) teuer werden: Er muss nicht nur den Lohn nachzahlen, sondern auch Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge zzgl. Säumniszuschläge, Urlaub gewähren usw.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Autor eventfaq
Justitiar des Bundesverbandes Veranstaltungssicherheit (bvvs.org)