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E-Commerce und die aktuellen Herausforderungen

Strategien, Trends und Technologien für Händler, um künftig im digital Commerce zu bestehen - ein Interview mit Susanne Zander.
marketing-BÖRSE | 26.05.2021
Susanne Zander, geschäftsführende Partnerin bei Syskoplan Reply und Practice Leader “Commerce Omnichannel” © Reply
 

Im Zuge der Corona-Pandemie hat das Online-Shopping massiv zugenommen, sodass mittlerweile auch immer mehr kleine Händler einen Online-Shop eingerichtet haben. Durch das Überangebot sind sie gezwungen, ihren Kunden einen Mehrwert zu bieten. Beispielsweise können Händler durch den Einsatz von neuen Technologien oder dem Zuschneiden jedes Touchpoints auf die Interessen und Wünsche des Kunden sich von der Konkurrenz abheben. Im Interview erklärt Susanne Zander, geschäftsführende Partnerin von Syskoplan Reply, welche Trends im E-Commerce Bestand haben werden, wie der Kunde von morgen tickt und worauf Händler heute schon unbedingt achten müssen.

 

Nicht erst seit der Pandemie boomt der E-Commerce, digitale Kanäle sind regelrecht systemrelevant. Welche Herausforderungen müssen Händler gerade meistern?

 

Wir konnten beobachten, dass viele – vor allem kleinere Händler – im letzten Jahr überhaupt erst einen Onlineshop etablierten. Oder sie mussten ihren bisher nur als Verlängerung zum stationären Handel existierenden Shop massiv ausbauen.

Ob nischiger B2B-Shop oder großer eCommerce-Player: Als A und O für gilt heutzutage, einmalige, emotionale Online-Erlebnisse schaffen, um bei Kunden für den Wow-Effekt zu sorgen und sie zu binden. Das wird immer herausfordernder. Denn Kunden wissen genau, was sie wollen. Und wie sie es wollen. „Emotional Digital Shopping“ lautet hier das Erfolgsgeheimnis – realisiert durch ein Zusammenspiel zwischen der physischen und digitalen Realität. Zum Beispiel kann ein Kunde das Bild einer Schrankwand nutzen und das Möbel als sogenannten Digital Twin via Handy und Augmented Reality-Anwendung in sein Wohnzimmer projizieren. So lässt sich gut erkennen, ob das Möbelstück auch tatsächlich in den Raum passt.

Neue Technologien heben das Shoppingverhalten immer wieder auf ein neues Niveau. Man denke hier beispielsweise an digitale Einkaufsassistenten oder interaktive Schaufenster. Potenzielle Käufer möchten das Gefühl haben, einzigartig und nicht nur einer von vielen zu sein.

 

Eine optimale Customer Experience gilt als Maß aller Dinge im Handel. Wie schaffen es Unternehmen und Händler, diese in digitalen Kanälen so zu gewährleisten, dass ein Interessent auch zum Käufer wird?

 

Vertrautes Szenario: Bevor Interessenten tatsächlich ein Produkt in den Warenkorb legen und den Kauf tätigen, wechseln sie oft mehrfach die Devices – vom Smartphone bis zum Sprachassistenten kann alles dabei sein. Potenzielle Kunden besuchen oft bis zu 20 Touchpoints – vom Onlineshop in die Social Media-Kanäle eines Unternehmens über Bewertungsplattformen und Video-Tutorials und wieder zurück. Für das perfekte Kundenerlebnis ist es daher wichtig, die Wechselwirkung der Kanal-Interaktionen zu berücksichtigen: Die Erfahrung am zuletzt genutzten Touchpoint beeinflusst die Erwartungshaltung an den folgenden.

Und genau an jedem dieser Touchpoints und an jedem dieser sogenannten Mikro-Moments erwartet der Kunde ein auf seine Wünsche und Interessen zugeschnittenes Angebot – eine Hyper-Personalisierung. Wie das gelingt? Indem man das Suchverhalten des Kunden und seine bisherigen Interaktionen analysiert und mit aus Daten ermittelten Trends anreichert.

 

Welche Trends werden bleiben, was ist Hype?

 

Hyper-Personalisierung und Mikro-Moment-Techniken haben meiner Meinung nach Priorität für Marken im digitalen Commerce von morgen. Denn eins ist klar: Mehr denn je steht der Kunde im Mittelpunkt. Und wenn es darum geht, der wachsenden Kundenemanzipation Herr zu werden oder emotionale Einkaufserlebnisse zu schaffen, leisten innovative Technologien und Techniken wie Künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning (ML), AR und VR, das Internet der Dinge (IoT), Robotic Process Automation (RPA), die Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP) sowie datengesteuerte Prozesse einen entscheidenden Beitrag.

Mithilfe von Headless Commerce gelingt es den Händlern weiterhin, kundenspezifische Daten und Schlüsselfunktionen sowie Informationen über Produkte, Bestellungen, Bestände und Preise des Unternehmens zu erweitern. Folglich eröffnet Headless Commerce neue Möglichkeiten, Kunden ein einheitliches Marken- und Einkaufserlebnis über die verschiedenen Touchpoints zu bieten.

 

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Wie tickt der Konsument von morgen und wie wird sein Shopping-Verhalten den digitalen Commerce beeinflussen?

 

Um den Konsumenten von morgen abzuholen, sind eine effiziente Datenverwaltung und die Nutzung cleverer Algorithmen für Vorhersagemodelle der Schlüssel zum Erfolg. Die Zukunft gehört folglich intelligenten digitalen Einkaufsassistenten, die die Lücke zwischen „Attraction“ und „Conversion“ in der Customer Journey schließen. Nur Marken, die einzelne Kunden auf jeder Ebene – sowohl inhaltlich, emotional als auch dem Medium angepasst – entgegenkommen, werden langfristig auf dem Markt bestehen.

 

Was sind wichtige Tipps für Unternehmen und Händler, die es heute zu beachten gilt?

 

Data first: Daten und der Umgang mit selbigen sind das Maß aller Dinge. Um die Mehrwerte der Daten zu heben, müssen stabile und passgenaue Algorithmen und Vorhersagen zum Einsatz kommen.

(Remote) Co-Creation: Unternehmen sollten Teams aus inter- und cross-disziplinären Experten und Spezialisten bilden, die zusammen an einem Produkt oder Service arbeiten. So lassen sich neue Ideen prototypisch zunächst an einer Stichprobe von Kunden ausprobieren, bevor sie an die breite Masse gelangen.

 

Digital und Omnichannel-Commerce ist auch ein Thema, das auf der Xchange vorgestellt und diskutiert wird. Die Reply Xchange ist die jährliche Veranstaltung zu Innovationen und Technologien für Reply-Kunden und -Mitarbeiter. Sie findet online vom 14. bis 18. Juni statt.