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BITKOM kritisiert Gesetz zu Street View als Aktionismus

Nicht für jeden neuen Dienst ein neues Gesetz. Scheer: „Strategische Netz-Politik statt Einzelaktionen“.
BITKOM | 18.08.2010
Berlin, 18. August 2010

Der Hightech-Verband BITKOM kritisiert ein geplantes Gesetz gegen Online-Bilderdienste wie Google Street View als politischen Aktionismus. BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer: „Es ist völlig offen, was mit diesem Gesetz überhaupt erreicht werden soll. Google macht jetzt schon Gesichter und Kfz-Kennzeichen unkenntlich, auf Antrag auch ganze Häuser.“ Ein Widerspruch gegen die Veröffentlichung ist dauerhaft möglich. Scheer begrüßt die intensive Debatte zur Privatsphäre im Internet. „Deutschland kann aber nicht jedes Mal, wenn ein neuer Internet-Dienst an den Start geht, ein neues Gesetz erlassen. Wir brauchen eine strategische Netzpolitik statt symbolischer Einzelaktionen.“ Das Bundeskabinett berät heute zum Thema. Nach einem Gesetzentwurf des Bundesrates sollen systematische Abbildungen von Straßen nur noch gestattet sein, wenn vorher die Öffentlichkeit und die Behörden informiert werden – eine Forderung, die von den Unternehmen heute bereits erfüllt wird. Staatliche Stellen verfügen demgegenüber über systematische Bilddateien und Daten der Geodäsie, die deutlich mehr Details erfassen als viele Google-Dienste – ohne dass die Bevölkerung darüber informiert wird oder Widerspruchsmöglichkeiten hat. Google fotografiert mit Kamerawagen die Straßen und will noch in diesem Jahr Panorama-Bilder der 20 größten deutschen Städte im Web zeigen. In anderen Ländern ist der Dienst bereits verfügbar, etwa den USA, Frankreich, Italien, Spanien, Australien, Neuseeland und Japan. Street View ist ein Zusatzdienst zu Googles Kartendienst „Google Maps“.



Scheer betonte, die Entscheidung der Bürger sei zu respektieren, wenn sie ihre Häuser oder Wohnungen in dem Panorama-Bilderdienst nicht veröffentlicht haben wollten. Gleichzeitig kritisiert Scheer die entsprechenden Aufrufe einzelner Politiker als Panikmache.



Google Street View und ähnliche Dienste böten auch eine Reihe von Vorteilen: „Man kann sich damit die Suche nach einer neuen Wohnung sehr viel leichter machen, seinen Urlaub besser planen, sich nach einem netten Restaurant umschauen.“ Auch Navigationssysteme greifen künftig auf Bilder zurück, wie sie von Street View und ähnlichen Diensten angeboten werden. Scheer nennt ein Beispiel: „Wenn man in einer unbekannten Stadt unterwegs ist, macht man einfach ein Bild von der Straßensituation und das Handy sagt einem, wo man sich befindet. Es entsteht ein neues Feld ortsbezogener Dienstleistungen für Verbraucher und Unternehmen. Deutschland darf sich auf diesem zukunftsträchtigen Gebiet nicht aus dem technischen Fortschritt ausklinken.“



„Die Internetpolitik ist heute zu wichtig, um kurzfristigen Schlagzeilen zu folgen“, so Scheer. Nötig seien eine Anpassung des Medien- und Datenschutzrechts an die Web-2.0-Ära – und mehr Koordination: „Heute arbeiten zahlreiche Gremien und Ministerien an den gleichen Fragen der digitalen Zukunft. Es ist Zeit für einen einheitlichen Ansatz. In diesem Sinne sollte das Datenschutzrecht modernisiert und an die Gegebenheiten der digitalen Welt angepasst werden, so wie das auch Bundesinnenminister de Maizière vorschlägt.“ Netzpolitik bestehe zudem nicht nur aus Rechts- und Verbraucherfragen, sondern sei auch Wirtschaftspolitik. „Wir sollten unsere Standortpolitik so auf Vordermann bringen, dass einer der nächsten Googles aus Deutschland kommt. So können wir das Internet erfolgreicher gestalten als durch hektische Versuche nationaler Gesetzgebung.“



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