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Reisejahr 2016 startet verhalten

Östliches Mittelmeer verzeichnet Rückgang – Kanaren und Portugal profitieren.
GfK SE | 09.03.2016
Terroranschläge in Urlaubsländern, Kriege im Nahen Osten, anhaltende Flüchtlingskrise in Europa – viele deutsche Urlauber sind offenbar verunsichert, wo sie in diesem Jahr sichere und unbeschwerte Ferien verbringen können. Im Vergleich zum Vorjahr haben bisher fast eine Million weniger Bundesbürger ihren Sommerurlaub 2016 gebucht. Vor allem die Urlaubsländer im östlichen Mittelmeer verzeichnen hohe Einbußen. Karibische Ziele, insbesondere Kuba, liegen im Trend. Das zeigt eine GfK-Analyse zum Reiseverhalten der Deutschen.

Viele deutsche Urlauber warten derzeit anscheinend erst einmal ab, wie sich die Sicherheitslage und die anhaltenden Flüchtlingsströme im Mittelmeerraum entwickeln, bevor sie ihre Urlaubsentscheidung treffen. Insbesondere Familien, die mit Kindern verreisen, halten sich mit ihren Urlaubsbuchungen noch zurück. Das schlägt sich in den Buchungs- und Umsatzzahlen des Reisevertriebs deutlich nieder: 9 Prozent weniger Umsatz ist die Bilanz in den Reisebüros. Im Online-Reisevertrieb – hier sind die Buchungen über Urlaubsreiseportale und Reiseveranstalter enthalten – erreichen die bislang erzielten Reiseumsätze immerhin ihr Vorjahresniveau. Die Tendenzen und die Reisetrends 2016 zeigen sich vergleichbar in beiden Vertriebskanälen.

Östliches Mittelmeer verzeichnet hohe Urlauberverluste

Unter der Buchungszurückhaltung der Deutschen leiden in erster Linie die Urlaubsländer im östlichen Mittelmeer: Für Sommerurlaube in der Türkei, Ägypten und Tunesien stehen die fehlenden Buchungsumsätze im stationären Reisevertrieb für mehr als 500 Millionen Euro. Die Umsatzrückgänge für alle drei Urlaubsländer bewegen sich im Bereich 40 Prozent und mehr. Auch auf Online-Reiseportalen sind die Buchungen für Ägypten um mehr als die Hälfte zurückgegangen, die Türkei büßt hier mit einem Fünftel ihrer Vorjahresumsätze weniger ein als im Reisebüro.

Die Türkei ist neben Spanien dennoch weiterhin das beliebteste Auslandsziel der Deutschen. Die diesjährigen Verluste bei den Reisezielen im östlichen Mittelmeer können die Zuwächse in anderen Ferienregionen derzeit nicht auffangen. In erster Linie profitieren Urlaubsländer in der westlichen Mittelmeerregion: Die Kanaren und Portugal verzeichnen die höchsten Umsatzzuwächse aus dem deutschen Markt. Auch einen Urlaub in Deutschland oder im benachbarten Ausland – wegen des hohen Anteils bei der Eigenanreise mit dem Auto „erdgebundene Reisen“ genannt – ziehen offenbar viele Deutsche in Betracht. Unter den gebuchten Veranstalterreisen wächst der Deutschlandurlaub aktuell um 12 Prozent.

Karibik boomt, Afrika kehrt zurück

Bei den Fernreisen zeigt sich ein durchwachsenes Bild: Die Karibik (+27 Prozent) boomt mit den Trendzielen Kuba und Dominikanische Republik. Die afrikanischen Reiseländer – allen voran Südafrika und Namibia – erholen sich nach den Einbrüchen während des Ebola-Ausbruchs zunehmend (+12 Prozent). So starke Fernreiseziele wie die USA, die Malediven oder Thailand sind beim deutschen Urlauber jedoch weniger nachgefragt als vor einem Jahr. Mit Umsatzrückgängen zwischen 11 und 21 Prozent sorgen diese volumenstarken Fernreiseziele dafür, dass die Fernreisen insgesamt zum aktuellen Buchungsstand per Ende Januar 2016 eine negative Entwicklung aufweisen (-6 Prozent).

Singles und Familien tragen das Urlaubswachstum 2015

Im vergangenen Touristikjahr 2015 haben die Deutschen 109 Millionen mehrtägige Urlaubsreisen unternommen, im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 5 Prozent. Zusammen mit den sonstigen Privatreisen haben sie insgesamt mehr als 58 Milliarden Euro ausgegeben, fast 6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Diese Zuwächse unterstreichen die Bedeutung, die Reisen und Urlaub bei den Deutschen genießen. In diesem Jahr mag die Wahl des Urlaubslandes anders ausfallen, von Urlaubsverzicht gehen wir nicht aus. Das gute Konsumklima, die überaus gute Beschäftigungslage und reale Einkommenszuwächse sprechen für eine optimistisch stimmende Ausgangslage“ unterstreicht Dörte Nordbeck, Head of Travel & Logistics Germany bei GfK.

Die Reisetrends spiegeln die demografische Entwicklung wider: Die Zahl Alleinreisender wächst überproportional stark (+10 Prozent), ebenso die der Kleinfamilie mit einem Kind (+12 Prozent). Eine steigende Reiseintensität lässt sich vor allem bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren (+15 Prozent), bei Best Agern im Alter zwischen 50 und 64 Jahren und der älteren Bevölkerung ab 65 Jahren (jeweils +7 Prozent) feststellen. Die Altersgruppe ab 50 Jahren steht bei Urlaubsreisen bereits für 55 Prozent der Gesamtausgaben.

Auf Basis der Ausgaben sind knapp die Hälfte aller Urlaubsreisen Pauschalreisen. Sehr gut entwickeln sich Bausteinreisen, bei denen Flug, Hotel und gegebenenfalls weitere Reisebausteine spontan zusammengestellt werden. Sie wachsen mit 18 Prozent überdurchschnittlich. Der Badeurlaub am Meer oder See bleibt mit einem Umsatzanteil von 35 Prozent die bedeutsamste Urlaubsform gefolgt von den beliebter werdenden Rund- und Studienreisen (Anteil 20 Prozent). Auch Städtereisen haben zugenommen (+8 Prozent), der Urlaub in den Bergen und Wellnessreisen haben dagegen leicht an Bedeutung verloren.

Zur Studie

Die kontinuierliche GfK-Studie zum Reiseverhalten der Deutschen verbindet Daten aus dem Vertriebs- und Konsumentenpanel.

Das Vertriebspanel von GfK (Travel Insights) basiert auf den Reisebuchungen am Point-of-Sale. Die Buchungsdaten von rund 1.200 Reisebüros bilden den stationären Vertriebsmarkt repräsentativ ab. Im Onlinebereich werden die Buchungsdaten der Reiseportale und der Reiseveranstalter ausgewertet. Aussagen im Text beziehen sich auf den Buchungsstand Ende Januar 2016 für die Sommersaison 2016.

Im GfK Konsumentenpanel (MobilitätsMonitor) werden monatlich ca. 19.000 repräsentativ ausgewählte Haushalte (ca. 40.000 Personen) zu ihrem Reise-, Buchungs- und Informationsverhalten befragt. Erhoben werden neben Urlaubsreisen (Haupturlaub, Zweit- und Dritturlaube) auch Geschäftsreisen, Tagesausflüge und sonstige Privatreisen, etwa Besuche bei Verwandten/Bekannten. Aussagen im Text beziehen sich auf das abgelaufene Touristikjahr 2015.