print logo

Kontrollnetzwerk gegen Stromausfall

Wie Smart Grid funktionieren muss: „Das ist Champions League“
Gunnar Sohn | 08.03.2011
Nürnberg/Stuttgart, 8. März 2011, www.ne-na.de - Das Smart Grid kommt – so viel steht fest. Aber wie wird sichergestellt, dass es stabil funktioniert und es nicht zu Ausfällen kommt? „Für das Energienetz der Zukunft mit Millionen Erzeugern, Verbrauchern und schwankender Wirkdynamik ist ein Kontrollnetzwerk unbedingt notwendig“, sagt Bernd Stahl vom Netzwerkausrüster Nash Technologies http://www.nashtech.com/. Das Kontrollnetz, das übers Internet laufen wird, ist ein Flickenteppich diverser Netze mit unterschiedlichen Eigentümern und verschieden starker Belastung. Die ITK-Branche ist gefordert, damit das Netz wie aus einem Guss funktioniert.



Während die einen bereits am intelligenten Netz arbeiten, forcieren andere Untergangsszenarien: „Der große Stromausfall kommt“, titelte zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Zeitung http://bit.ly/eAxSkS vor wenigen Tagen. Tenor des auf Konfrontation gebürsteten Artikels: Das ostdeutsche Hochspannungsnetz ist im Dauerstress. Es wird ausfallen, weil Windräder unstetig Strom liefern – im Gegensatz zu konventionellen Energielieferanten, die wie schwere, aber zuverlässige Tanker tagein, tagaus die gleiche Menge produzieren und einspeisen.



Millionen E-Autos werden das Stromnetz anzapfen



Das Smart Grid soll genau solch eine Überlastung des alten Netzes verhindern. Denn nicht nur die Einspeisung wird in Zukunft flexibler – auch die Nutzung: Per intelligente Zähler (Smart Meter) werden die Verbraucher den Stromverbrauch ihrer Geräte sekundengenau analysieren und „Stromfresser“ radikal aussortieren. Womöglich nutzen sie Energie nur noch, wenn sie im Sonderangebot zu haben ist. An der internationalen Strombörse in Leipzig schwankt der Preis ständig – manchmal sogar ins Negative, wenn mehr Energie angeboten wird als Nachfrage vorhanden ist. Die Verbraucher sehen auf ihren Rechnungen davon nichts. Der flexibilisierte Energiebedarf wird auch außerhalb des eigenen Hauses massiv steigen: Mit Elektro-Autos werden Millionen Menschen quer durch die ganze Republik das Stromnetz anzapfen oder Energie abgeben, wenn sie sie nicht benötigen.



Erste Forschungsallianzen nehmen hier Fahrt auf, wie ein Konsortium rund um das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) http://www.dfki.de, das zu den Gewinnern des Technologiewettbewerbs „Trusted Cloud“ gehört, wie auf der Cebit bekannt wurde. Die nächsten drei Jahre forscht das Konsortium mit Mitteln des Bundeswirtschaftsministeriums, wie die technische Kommunikation zwischen Produzenten und Verbrauchern funktionieren kann. „Alle Komponenten müssen nahtlos zusammenspielen“, sagt auch Netzwerkexperte Stahl.



Für das intelligente Stromnetz muss der Datenaustausch fehlerfrei funktionieren. Die Kommunikation läuft über das Internet. „Wir brauchen eine extrem hohe Dienstqualität“, sagt Netzwerkexperte Stahl. „Wenn Sie auf Youtube statt einem laufenden Video nur kleine Klötzchen sehen, ärgern sie sich. Aber das Stromnetz hat eine lebensvitale Funktion. Das ist Champions League.“ Es geht um garantierte Antwortzeiten mit korrektem Inhalt über mehrere Netze hinweg, vergleichbar mit der bekannten Zuverlässigkeit und Dienstgüte des Telefonnetzes, sagt Stahl, dessen Unternehmen Nash Technologies den nahtlosen Übergang vom alten zum neuen Telefonnetz mitgestaltet hat.



Die Skalierung der Kommunikationsnetze – von klein bis sehr groß – muss stimmen. Auch hier zieht Stahl einen Vergleich: Wer nur ein einziges Parkhaus betreibe, der müsse sich um die Autofahrer nicht kümmern. „Wer aber eine Hand voll Parkhäuser besitzt, braucht ein Parkleitsystem, damit die Autofahrer nicht ins falsche Parkhaus geraten und im Stau stehen.“



Routing Server: Das Gehirn des Netzwerks



Erschwerend kommt hinzu, dass das zukünftige Energienetz aus einem Verbund von Netzen besteht, die diversen Unternehmen gehören. Alle haben ein Interesse, mit ihrer Leistung Geld zu verdienen. Preise müssen ausgehandelt werden, eine funktionierende Durchleitung garantiert werden. Eine zentrale Rolle nehmen dabei Advanced Routing Server ein – praktisch das Gehirn eines kommunizierenden Netzwerks. „Ein System, das intelligente Entscheidungen trifft, wohin welche Informationen fließen, das Prioritäten kennt und sogar in Notfällen richtig reagiert“, sagt Stahl.



Bis das Smart Grid steht, muss die Politik allerdings noch in die Gänge kommen: Der Hightech-Verband Bitkom hat auf der Cebit appelliert, den Ausbau des intelligenten Stromnetzes voranzutreiben. „Wir brauchen eine nationale Roadmap für Smart Grids“, forderte Volker Smid, Mitglied des Bitkom-Präsidiums.



Diskussion, Retweets, Liken unter: http://ne-na.de/kontrollnetzwerk-gegen-stromausfall-wie-smart-grid-funktionieren-muss-das-ist-champions-league/00808