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BGH legt EuGH Fragen zur Zulässigkeit elektronischer Leseplätze in Bibliotheken vor

Timo Schutt | 10.10.2012
Die beklagte Technische Universität Darmstadt hatte ein im Verlag der Klägerin erschienenes Lehrbuch digitalisiert und dann in ihrer öffentlich zugänglichen Bibliothek an elektronischen Leseplätzen bereitgestellt. Die Nutzer der Leseplätze konnten das Werk ganz oder teilweise auf Papier ausdrucken oder auf einem USB-Stick abspeichern. Das Angebot der Klägerin, von ihr herausgegebene Lehrbücher als elektronische Bücher (E-Books) zu erwerben und zu nutzen, hatte die Beklagte zuvor nicht angenommen.

Nach § 52b UrhG ist es zulässig, veröffentlichte Werke aus dem Bestand öffentlich zugänglicher Bibliotheken, die keinen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlichen oder Erwerbszweck verfolgen, ausschließlich in den Räumen der jeweiligen Einrichtung an eigens dafür eingerichteten elektronischen Leseplätzen zur Forschung und für private Studien zugänglich zu machen, soweit dem keine vertraglichen Regelungen entgegenstehen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Bereitstellung des Buches wie von der TU Darmstadt vorgenommen sei nicht von dieser Schrankenregelung des gedeckt und nimmt die Beklagte unter anderem auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht Frankfurt a.M. hat den Antrag der Klägerin abgewiesen, der Beklagten zu verbieten, Bücher aus dem Verlag der Klägerin zu digitalisieren und in digitalisierter Form an elektronischen Leseplätzen ihrer Bibliothek zu benutzen, wenn die Klägerin ihr für diese Nutzung einen angemessenen Lizenzvertrag anbietet. Es hat der Beklagten jedoch - wie von der Klägerin beantragt - untersagt, Bibliotheksnutzern zu ermöglichen, digitale Versionen von Bücher aus ihrem Verlag an elektronischen Leseplätzen auszudrucken oder auf USB-Sticks abzuspeichern. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussrevision ihren Klageantrag weiter.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nach Ansicht des BGH stellt sich zunächst die Frage, ob "Regelungen über Verkauf und Lizenzen gelten", wenn der Rechtsinhaber den Bibliotheken den Abschluss von Lizenzverträgen über die Nutzung von Werken auf Terminals zu angemessenen Bedingungen anbietet. Sodann stellt sich nach Auffassung des BGH die Frage, ob Bibliotheken das Recht gewährt werden kann, Druckwerke des Bibliotheksbestands zu digitalisieren, wenn dies erforderlich ist, um die Werke auf den Terminals zugänglich zu machen. Schließlich hat der BGH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es den Bibliotheksnutzern ermöglicht werden darf, auf den Terminals zugänglich gemachte Werke ganz oder teilweise auf Papier auszudrucken oder auf USB-Sticks abzuspeichern und diese Vervielfältigungen aus den Räumen der Einrichtung mitzunehmen.

(Pressemitteilung des BGH Nr. 155/2012 vom 20. September 2012 - I ZR 69/11 - Elektronische Leseplätze )

Fazit:

Die Entscheidung des EuGH wird Auswirkungen auf die Anwendung neuer Medien in der Praxis öffentlicher Bibliotheken haben. Wir werden am Ball bleiben und weiter berichten.

Udo Maurer
Rechtsanwalt