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Runter von der Bühne!

Timo Schutt | 13.05.2013
Bei Konzerten mit bekannten Künstlern kommt es vor, dass Fans auf die Bühne stürmen und ihr Idol umarmen wollen – so jetzt auch bei einem Auftritt von Justin Bieber in Dubai. Wie weit darf ein Security gehen, um diesen Fan daran zu hindern? Macht sich der Fan strafbar?

Die Bilder entbehren nicht einer gewissen Komik: Ein einsamer Künstler auf einer großen Bühne. Ein junger Fan hüpft auf die Bühne und läuft freudestrahlend ob des baldigen Aufeinandertreffens mit seinem geliebten Idol auf die Bühne – nichtsahnend ob der muskelgeballten Wand aus finster dreinschauenden Security , die sich im Hintergrund aufbaut und schneller näherkommt, als der Fan für die Überbrückung der Distanz zu seinem Idol benötigt. Immerhin fühlen sich auch die Security in ihrer Ehre beschnitten, wenn ein Hämpfling von Fan an ihnen vorbei auf die Bühne gelangt ist.

1.) Macht sich der Fan strafbar?
Kommt bspw. ein Attentäter auf die Bühne, um den Künstler vorsätzlich anzugreifen. Dann begeht der Angreifer – sollte er vorher überwältigt werden – zumindest eine versuchte Körperverletzung oder gar eine versuchte Tötung.

Allein aber das Besteigen der Bühne ist nicht automatisch eine Straftat.

In Betracht käme hier allenfalls der Hausfriedensbruch (§ 123 StGB). Es ist aber fraglich, ob die Bühne ein „befriedetes Besitztum“ ist. Letztlich ist die Bühne ja nur erhöht, damit die Besucher etwas sehen können. Auch etwa aufgestellte Gitter vor der Bühne dienen eher dem Sicherheits-, als dem Abwehraspekt. Allerdings symbolisieren Gitter vor der Bühne einem Zuschauer, dass damit der Bühnenbereich abgegrenzt werden soll – dies entspricht der „Befriedung“ i.S.d. § 123 StGB. Je eher also eine Absperrung als Abwehr bzw. Durchgangshinderung zu verstehen ist, desto eher wird es sich auch um einen Hausfriedensbruch handeln können.

2.) Was dürfen Security tun, um den Fan von der Bühne zu holen?
Verhindern die Security einen tätlichen Angriff auf den Künstler, dürfen die Security im Rahmen der Nothilfe auch Gewalt anwenden, er muss hierbei aber die Verhältnismäßigkeit wahren: Wenn die 4-jährige Luise ihr Idol abknutschen möchte, darf der 2,20 Meter große in Ultimate Fighting geübte Security die kleine Luise also nicht mit dem Kopf 10 Mal gegen eine Metallstange knallen.

Was auch schon vorgekommen ist: Die 10 Mann Security haben den einzelnen Fan bereits zu Boden gebracht, und prügeln nun noch auf den am Boden liegenden Fan ein, es spritzt Blut, man wollte es „dem Fan mal zeigen“.

Das sind die so genannten Notwehrexzesse, hier unterscheiden die Strafrechtler zwei Varianten:

Beim so genannten intensiven Notwehrexzess besteht die Notwehrlage, der Verteidigende überschreitet aber aus Verwirrung, Schreck oder Angst das erforderliche Maß der Verteidigung. Er wird dann nicht bestraft (§ 33 StGB).

Anders beim so genannten extensiven Notwehrexzess: Hier ist die Notwehrlage, die einmal bestanden hat, bereits wieder vorüber, es liegt also keine aktuelle Gefahr mehr vor. Hier kann der Verteidigende im Regelfall zumindest wegen Fahrlässigkeit bestraft werden.

Mit der Notwehr nichts mehr zu tun hätte dagegen der Fall, in dem der Fan bereits fixiert am Boden liegt und sich nicht wehrt, und ihm noch Minuten später ein Security gegen den Kopf tritt. Dies wäre dann eine vorsätzliche (gefährliche) Körperverletzung.

Thomas Waetke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht