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Der digitale Produktpass kommt: Wie Unternehmen ihre Daten vorbereiten sollten

Hersteller, Materialbeschaffer und Zulieferer sammeln, standarisieren und aktualisieren alle relevanten Daten im DPP.
Niels Stenfeldt | 23.10.2023
Der Digitale Produktpass kommt © freepik / pch.vector
 

Mit dem Beschluss zur Einführung des Digitalen Produktpasses (DPP) hat die EU eine weitere Maßnahme für eine nachhaltige Zukunft in Gang gesetzt. Was bedeutet das für europäische und außer-europäische Unternehmen und welche Rolle nimmt dabei das Produktinformationsmanagement ein?

Herstellung, Verkauf, Konsum, Entsorgung – der klassische Lebenszyklus eines Produkts gestaltet sich heute in den meisten Fällen linear und damit nicht ökologisch nachhaltig. Im Bestreben, die Nachhaltigkeit zu fördern, hat die EU den Weg zur Einführung einer Kreislaufwirtschaft eingeschlagen, die der Verschwendung von Ressourcen und Umweltbelastungen entgegenwirkt. Dabei sollten Produkte, Einzelteile und Materialien kontinuierlich recycelt werden und wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden, anstatt sie zu entsorgen oder zu vernichten. Dies hat gleich zwei entscheidende Vorteile: weniger Abfall und geringerer Ressourcenverbrauch, was wiederum Verschwendung und Umweltbelastungen minimiert.

Allerdings ist mit dem Aufbau einer Kreislaufwirtschaft viel Aufwand verbunden. Um das System erfolgreich zu etablieren, ist eine vollständige Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Produkten und Lieferketten unerlässlich. Mit dem DPP möchte die EU diese Herausforderung bewältigen. Dieser wird in Zukunft sämtliche nachhaltigkeitsrelevanten Informationen, die entlang der gesamten Lieferkette eines Produkts entstehen, umfassend dokumentieren und öffentlich zugänglich machen.

 

Transparenz als Wegbereiter für Nachhaltigkeit

Nach wie vor gibt es erhebliche Wissenslücken, die den Weg in eine ökonomisch nachhaltige Zukunft erschweren. Wichtige Produktinformationen, wie Materialzusammensetzung, Herkunft der Rohstoffe und Transportwege bleiben oft im Dunkeln, sowohl für Verbraucher als auch für Zwischenhändler und Aufsichtsbehörden. Hier setzt der DPP an.

Der DPP ist ein wegweisendes Konzept, das vorsieht, dass Hersteller, Materialbeschaffer und Zulieferer alle relevanten Nachhaltigkeitsdaten sammeln, standardisieren, offenlegen und kontinuierlich aktualisieren. Dadurch wird eine erhöhte Transparenz entlang der gesamten Lieferkette angestrebt. Jede beteiligte Instanz soll anschließend auf die gesammelten Informationen zugreifen können, um die zugrunde liegende Lieferkette nachverfolgen zu können.

Diese gesteigerte Transparenz eröffnet Möglichkeiten für Akteure aus verschiedenen Bereichen, die einen unmittelbaren Beitrag zur angestrebten Kreislaufwirtschaft leisten können. Materialbeschaffer und Zulieferer erhalten beispielsweise detaillierte Einblicke in den Weg, den Rohstoffe und Komponenten innerhalb der Lieferkette nehmen. Dies erleichtert die Einhaltung von Menschen- und Arbeitsrechten sowie Umweltstandards im Rahmen der Lieferkettensorgfaltspflichtgesetze. Regierungen und Behörden wiederum erhalten Standardwerte, anhand derer sie die Einhaltung von Compliance-Richtlinien im Bereich Nachhaltigkeit überwachen können.

Darüber hinaus profitieren Reparaturdienste profitieren relevanten Informationen zur Reparaturgeschichte eines Produkts, was die Fehlerbehebung deutlich beschleunigt. Gleiches gilt für Recycling-Einrichtungen, die dank präziser Produktzusammensetzungsdaten ihre Rückgabeprogramme und Materialrückgewinnungsprozesse optimieren können. Letztlich stehen auch Endverbrauchern die erforderlichen Informationen zur Verfügung, um fundierte Kaufentscheidungen zu treffen und einen nachhaltigeren Konsum zu unterstützen.

 

Die Einführung erfolgt nicht über Nacht

Anstatt in Papierform angeboten zu werden, wird zukünftig jedes Produkt eine scannbare Komponente wie einen NFC-Chip oder einen QR-Code enthalten, über die die relevanten Informationen abgerufen werden können.

Die genauen Anforderungen und Daten, die Unternehmen für den DPP bereitstellen müssen, sind von der Europäischen Union bisher noch nicht festgelegt worden. Es ist jedoch bereits erkennbar, dass Informationen wie Fabrikat und Modell, Herstellungsort, Rohstoffherkunft, materielle und chemische Zusammensetzung, Recyclingfähigkeit, Reparaturmöglichkeiten und -historie, Eigentums- und Verkaufsdaten sowie Emissionswerte während der Herstellung und Distribution von entscheidender Bedeutung sein werden.

Der genaue Zeitplan für die Einführung des DPP ist ebenfalls noch nicht finalisiert. Es ist jedoch sicher, dass die Einführung schrittweise erfolgen wird. Die erste Testphase wird sich auf Industrie- und Elektroauto-Batterien konzentrieren, gefolgt von der Produktkategorie „Bekleidung“. Danach ist die schrittweise Einführung des DPP in mehr als 30 weiteren Produktkategorien geplant.

 

Vorbereitung auf den Digitalen Produktpass: Was Unternehmen jetzt tun sollten

Die bevorstehende Einführung des DPP bedeutet nicht, dass Unternehmen sich zurücklehnen und auf die unmittelbaren Auswirkungen warten können. Da der DPP eine hohe Transparenz in den Lieferketten und bei den Daten erfordert, ist es ratsam, dass Unternehmen bereits heute Maßnahmen ergreifen,um sich auf diese wichtige Entwicklung vorzubereiten.

Um den Anforderungen des DPP gerecht zu werden, müssen Unternehmen umfassende und konsistente Produktdaten bereitstellen können. In diesem Zusammenhang sollten Unternehmen zunächst eine Bestandaufnahme ihrer vorhandenen Lieferketteninformationen durchführen und feststellen, wo sich Datenlücken befinden. Falls Informationen fehlen, sollten Schritte unternommen werden, um diese zu beschaffen und Wissenslücken zu schließen. Um diesen Prozess zu erleichtern, sollten alle Daten zentral gespeichert und verwaltet werden. Hierbei kann eine Produktinformationsmanagement-Lösung (PIM) helfen, um Daten zu identifizieren, zu organisieren, zu standardisieren und zu vervollkommnen.

Obwohl der DPP ein Nachhaltigkeitsprojekt der Europäischen Union ist, wird er auch globale wirtschaftliche Auswirkungen haben. Jedes Unternehmen, das Produkte innerhalb der EU vermarkten und vertreiben möchte, muss die Anforderungen des DPP erfüllen. Dies gilt auch für internationale Partnerunternehmen, die frühzeitig über die Einführung informiert werden sollten.

Die Vorbereitung auf den DPP ist entscheidend, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden und eine reibungslose Integration in die Lieferketten und den globalen Markt zu gewährleisten.