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Projekte retten: Regeln für Projekte, die aus dem Ruder laufen

Alle Projekt-Manager wissen: Kein Projekt läuft so, wie es zu Beginn einmal geplant war.
Jürgen Fleig | 13.10.2009
Immer gibt es im Projektverlauf irgendwelche Veränderungen, die den ursprünglichen Plan über den Haufen werfen – oder zumindest eine Anpassung erforderlich machen. Deshalb gilt das Motto: Der Plan ist nichts, die Planung ist alles.
Unsicherheit, Änderungen und Dynamik – damit muss jeder Projektleiter zurechtkommen. Doch in manchen Projekten gewinnen diese Faktoren so die Oberhand, dass alles aus dem Ruder läuft. Chaos wird zum Projektalltag. Für die beteiligten Projekt-Manager heißt das: Stress. Nicht immer sind sie selbst daran schuld. Dennoch wird von ihnen erwartet, dass sie das Projekt wieder in den Griff bekommen.

Was das Projektleben so schwer macht

Viele Projekte laufen aus dem Ruder, weil die Ziele nicht klar festgelegt werden. Der Auftraggeber und der Projektleiter stimmen sich nicht richtig ab, worum es eigentlich gehen soll. Wenn das im weiteren Projektverlauf deutlich wird, muss nachgebessert werden, damit alle wieder in dieselbe Richtung marschieren. Problematisch sind vor allem:

  • Der Auftraggeber hat selbst keine klaren Vorstellungen darüber, welche Ziele er für das Projekt vorgeben soll. Er startet ein Projekt, ohne selbst genau zu wissen, was er erreichen will – und wie er das klar messen und vorgeben kann.
  • Die Abstimmung mit dem Projektleiter ist mangelhaft. Der interpretiert die Zielvorgaben falsch und setzt andere Prioritäten als vom Auftraggeber gewünscht. Auch seine Projektmitarbeiter bringt er so auf eine falsche Spur.
  • Während des Projekts ändern sich die Zielvorgaben. Wenn andere Interessengruppen vom Projekt erfahren, mischen sie sich ein und wollen auch die Ziele ändern – zum Teil mit erheblichem Druck auf den Projektleiter.
  • Veränderungen im Umfeld des Projekts verhindern, dass die ursprünglichen Ziele erreicht werden. Diese müssen angepasst werden.
Ein weiterer wichtiger Problembereich: Mangelnde Erfahrungen. Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass mit ihnen Neuland betreten wird. Niemand kann deshalb genau sagen, wie das Projekt-Team dabei vorankommt, wo die Stolperfallen liegen und wie man damit umgeht. Dieses fehlende Wissen zeigt sich dann darin, dass:
  • Zeitpläne unrealistisch sind;
  • Projektleiter und Projektmitarbeiter den Arbeitsaufwand (neben ihren sonstigen Aufgaben) falsch einschätzen;
  • Budgets zu knapp kalkuliert sind; und
  • die Komplexität des Projekts unterschätzt wird.
Nur wer schon viele Projekte gemanagt hat, weiß um diese Probleme und plant von vorneherein die notwendigen Puffer ein. Von diesem Erfahrungswissen profitieren aber zu wenige (junge) Kollegen. Sowohl als Auftraggeber als auch als Projektleiter wollen sie sich selbst beweisen – und laufen dann in diese typischen Projektfallen. Und nur wenige Unternehmen betreiben ein aktives Wissensmanagement rund um ihre Projekte.
Schließlich gibt der Projektleiter zu wenig Acht auf die Details. Die Feinplanung ist nicht sorgfältig genug, die Mitarbeiter wissen nicht, wie sie eine Aufgabe lösen sollen. Wenn es dann nicht korrekt ist, muss alles noch einmal gemacht werden. Der Projektleiter unterschätzt häufig auch den Kommunikations- und Abstimmungsbedarf mit seinen Projektmitarbeitern, mit dem Auftraggeber und dem Lenkungskreis. Der Projektleiter meint: „Das habe ich doch erzählt!“ Und sein Mitarbeiter antwortet: „Das war mir so nicht klar.“
Oft kommen sich auch mehrere Projekte in die Quere. Wenn auf der übergeordneten Management-Ebene kein Projektportfolio gepflegt wird (Multiprojektmanagement), dann streiten sich Projektleiter schnell um knappe Ressourcen wie den Arbeitseinsatz einzelner Mitarbeiter.

Wie gehen Projekt-Manager damit um?

Im Rahmen des Projektmanagements werden unterschiedliche Werkzeuge angeboten, mit denen sich die Probleme der Unsicherheit, Veränderung und Dynamik bewältigen lassen. Sie gehören zum Standardrepertoire der Projekt-Manager:

  • Meilensteine als Prüftermine vorsehen, bei denen Projektergebnisse vorgestellt, die Zielerreichung überprüft und weitere Entscheidungen getroffen werden.
  • Risiko-Management einbauen, indem mögliche Risiken benannt und Vorgehensweisen beim Eintreten im Vorfeld geplant werden (Plan B).
  • Schrittweises Vorgehen, indem alle Beteiligten ihre Ergebnisse immer wieder vorstellen, besprechen, vergleichen und notwendige Anpassungen durchführen.
  • Angemessenes Projekt-Controlling, durch das die Projektergebnisse (Qualität), Termineinhaltung, Zeitvorgaben und Kosten anhand von Kennzahlen überprüft werden und bei Abweichungen die Planung angepasst wird und Maßnahmen ergriffen werden.
Doch nicht immer lassen sich so alle Probleme lösen. Diese Werkzeuge helfen nur in begrenztem Maße. Denn im Projekt ist es meist eine Fülle von kleinen Ereignissen, die Pläne über den Haufen werfen: Wenn ein Mitarbeiter krank wird, wenn ein Zulieferteil nicht rechtzeitig eintrifft oder wenn sich eine Aufgabe für einen Mitarbeiter als zu schwierig herausgestellt hat, dann kann das den Projektablauf erheblich stören.
Dazu kommt häufig Zeitdruck; alles muss doch schneller fertig werden. Rahmenbedingungen im Umfeld des Unternehmens können sich ändern, sodass ganz andere Ziele im Vordergrund stehen. Andere Projekte werden gestartet und wichtige Mitarbeiter abgezogen. Stakeholder mischen sich ein und wollen das Projekt in eine andere Richtung lenken. Wichtige Ansprechpartner sind nicht mehr verfügbar. All das kann ein Projekt schnell ins Chaos führen und den Projektleiter mit seinem Projektteam zur Verzweiflung.
Der Aufwand, für alle Eventualitäten einen alternativen Plan B zu haben, dürfte in der Praxis zu groß sein. Hier muss abgewogen werden, welche Fälle eintreten können, wie hoch die Wahrscheinlichkeit des Eintretens ist und welche Folgen dies für das Projekt haben kann. Das ist das typische Risiko-Management im Projekt.

Mehr zu Projekte retten und viele Arbeitsvorlagen zum Herunterladen finden Sie unter: Projektmanagement.