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1,2 Milliarden Umsatz mit Fairtrade-Produkten

Positive Bilanz zum 25-Jahre-Jubiläum: Erstmalig knackten 2016 die Umsätze mit Fairtrade-gesiegelten Produkten in Deutschland die Milliarde.
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Verbraucher gaben 1,2 Milliarden Euro für Fairtrade aus, ein Plus von 18 Prozent. Von höheren Verkaufsmengen profitieren Kleinbauernorganisationen und Beschäftigte auf Plantagen: Sie erwirtschafteten zusätzlich zum Verkaufserlös der Rohstoffe 21 Millionen Euro Fairtrade-Prämien, 31 Prozent mehr als im Vorjahr. TransFair-Vorstandsvorsitzender Dieter Overath erklärte: „Nachhaltige Entwicklung kann dann entstehen, wenn es Stabilität und Planungssicherheit gibt. Dafür brauchen die Produzenten relevante Fairtrade-Absätze. In 25 Jahren haben wir viel erreicht und dennoch sind die Herausforderungen nicht kleiner geworden.“ Probleme wie schwankende Weltmarktpreise und Klimawandel machten den fairen Handel nötiger denn je, betonte Merling Preza Ramos, Vorstandsmitglied des lateinamerikanischen Produzentennetzwerks CLAC aus Nicaragua. „Fairtrade bietet konkrete Lösungsansätze und ist gleichzeitig Baustein und Modell für eine sozial verantwortliche und zukunftsfähige Wirtschaftsweise“, so TransFair-Aufsichtsratsvorsitzender Heinz Fuchs. „Fairer Handel muss Alltagshandeln werden.“ Zum 25-jährigen Bestehen entwickelt TransFair gemeinsam mit Experten eine Zukunftsvision des fairen Handels unter dem Motto #HandelNeuDenken.

Steigende Absätze von fairen Produkten auf dem deutschen Markt

Mit 25 Prozent auf 17.000 Tonnen verzeichnete der Klassiker der Fairtrade-Produkte Kaffee ein deutliches Absatzwachstum. Der Marktanteil steigt auf 3,8 Prozent. Fairer Kakao kommt aus der Nische: 30.000 Tonnen Bohnen wurden 2016 eingesetzt, ein Plus von 110 Prozent. Damit sind inzwischen sechs Prozent des Kakaos auf dem deutschen Markt fair gehandelt. Das starke Wachstum geht vor allem auf die Einkäufe über das Rohstoffprogramm für Kakao zurück. Jeweils sieben Prozent Wachstum erzielten die Verkäufe von Bananen mit über 72.000 Tonnen und Rosen mit 383 Millionen verkauften Stielen. Die Absätze von Textilien mit fairer Baumwolle gingen um sieben Prozent zwar leicht zurück, gleichzeitig stieg jedoch der Umsatz aufgrund des höheren Anteils von Qualitätsware im Sektor Berufsbekleidung. Neue Kooperationsmöglichkeiten bieten der Fairtrade-Textilstandard und das zugehörige Textilprogramm, die Verbesserungen entlang der komplexen Textillieferkette anstreben. Pro Kopf gaben Verbraucher in Deutschland 2016 über 13 Euro für Fairtrade-Produkte aus.

Stabile Preise und starke Organisationen


1,66 Millionen Mitglieder in 1.240 Produzentenorganisationen und ihre Familien profitieren von Fairtrade. Eines der beherrschenden Themen für Produzenten weltweit ist der Klimawandel: „Der Klimawandel verändert den Kaffeeanbau und fordert von den Kleinbauern große Umstellungen“, berichtete Merling Preza Ramos aus Nicaragua, Geschäftsführerin der Kaffeeorganisation Prodecoop und Vorstandsmitglied des lateinamerikanischen Produzentennetzwerks CLAC. „Schulungen zu Anbaupraktiken und Anpassungsmaßnahmen, die die Produzentennetzwerke anbieten, sind ein wichtiger Beitrag, um die Kaffeebauern gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen.“ Auch schwankende Weltmarktpreise machten den Kaffeebauern zu schaffen: „Im letzten Jahr lagen die Preise in fast sieben Monaten unter dem Fairtrade-Mindestpreis. Bei diesen starken Schwankungen profitieren die Bauern enorm von der finanziellen Stabilität durch Fairtrade.“ Ein Ziel des fairen Handels ist es, Kleinbauernorganisationen zu stärken und ihre Entwicklung als selbstbewusste und pro-fessionelle Handelspartner zu fördern.

Jubiläum: 25 Jahre TransFair in Zahlen

Seit der Gründung von TransFair im Jahr 1992 kauften Verbraucher bundesweit Fairtrade-Produkte im Wert von über sechs Milliarden Euro. Kleinbauern und Beschäftigte profitierten insgesamt von rund einer Milliarde Euro Direkteinnahmen. Allein vom Pionierprodukt Kaffee wurden seit Beginn 140.000 Tonnen verkauft. Heute sind 7.000 verschiedene Fairtrade-gesiegelte Produkte in 42.000 Verkaufsstellen erhältlich. Mehr als 30.000 gastronomische Betriebe – von Uni-Mensen über Bäckereien bis hin zu Hotels und Cafés – führen fair Gehandeltes im Angebot. Seit April 2017 gibt es in IC/ICEs der Deutschen Bahn fairen Kaffee.

Wachsendes Engagement von Handel und Herstellern

Der anhaltende Aufwärtstrend basiert vor allem auf der breiten Verfügbarkeit, der großen Bekanntheit und hohen Glaubwürdigkeit des Fairtrade-Siegels: 345 Händler und Hersteller bieten Fairtrade-gesiegelte Produkte an. 84 Prozent der Konsumenten kennen das Siegel, 95 Prozent davon vertrauen ihm, so eine aktuelle Auswertung des Globescan Instituts. Erstmalig wies eine von TransFair, Brot für die Welt, Engagement Global, Misereor und dem Forum Fairer Handel in Auftrag gegebene Gesellschaftsstudie wissenschaftlich nach, dass der faire Handel das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum bei Verbrauchern und in Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft verändert hat.

TransFair fordert politische Rahmenbedingungen für mehr fairen Handel

Trotz der erfolgreichen Entwicklung für einen gerechteren Welthandel müssten klarere Weichen gestellt werden, forderte Heinz Fuchs: „Das Thema fairer Handel wird in Kommunen, in der Wirtschaft und auf der politischen Agenda diskutiert. Es fehlen aber noch immer verbindliche Rahmenbedingungen zur Gestaltung nachhaltiger und fairer Wertschöpfungsketten. Damit die UN-Entwicklungsziele erreicht werden können, müssen Handel und Politik im Interesse der schwächsten Glieder der Lieferketten aktiver werden.“ Mit der Mitgliedschaft in Verbänden wie Venro oder der Klima-Allianz bringt TransFair sein entwicklungspolitisches Anliegen in die Zivilgesellschaft ein und steuert im Kaffeeverband, Forum Nachhaltiger Kakao, Aktionsbündnis für nachhaltige Bananen und Bündnis für nachhaltige Textilien seine Expertise im Sinne der Fairtrade-Produzenten bei.

Zivilgesellschaft setzt sich für fairen Handel ein

„Ohne das breite zivilgesellschaftliche Fundament wäre Fairtrade nicht da, wo wir heute stehen“, sagte Heinz Fuchs. „Einen großen Beitrag leisten die 31 Mitgliedsorganisationen von TransFair, die den fairen Handel in der Gesellschaft verankern.“ Der Einsatz der Zivilgesellschaft für den fairen Handel zeigt sich auch in den unterschiedlichen Aktivitäten und Kampagnen von TransFair, die bundesweit zur Bildung für nachhaltige Entwicklung beitragen. Aktuell sind 482 Fairtrade-Towns, 347 Fairtrade-Schools und zehn Fairtrade-Universities ausgezeichnet, die sich untereinander immer stärker vernetzen. Im letzten Jahr fand darüber hinaus zum ersten Mal die weltweite Kampagne World Fairtrade Challenge statt, die vom Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung für ihren Beitrag zur Umsetzung der UN-Entwicklungsziele als Projekt Nachhaltigkeit 2017 prämiert wurde.

Herausforderungen begegnen – Zukunftskongress

Unter #HandelNeuDenken sammelte TransFair seit März Ideen für eine Vision des fairen Handels 2025. Diese fließen in den Zukunftskongress am 23. Mai in Berlin ein – zu den Gästen gehören Philosoph Richard David Precht und Frank Wiemer, Vorstandsmitglied der Rewe Group. Auf dem Kongress diskutieren Experten aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam Strategien für die globalen Herausforderungen des fairen Handels, wie Klimawandel, existenzsichernde Einkommen oder Entwicklung neuer Märkte.


Foto: © TransFair e.V.