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Mehr Freizeit statt mehr Geld

ver.di-Arbeitszeitbefragung: 92 Prozent für Wahlfreiheit zwischen mehr freier Zeit statt mehr Geld
Mehr Freizeit statt mehr Geld © Pixabay / Free-Photos
 
An einer groß angelegten Arbeitszeitstudie der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) haben mehr als 210.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst teilgenommen und gaben Antworten auf ihre Wünsche und Vorstellungen zur Arbeitszeit. "Diese wirklich sehr gute Beteiligung an unserer Befragung ist ein starkes Signal", sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke, der Verhandlungsführer der im September 2020 beginnen-den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst mit Bund und den Kommunen ist.

Die Befragung hat ergeben, wie wichtig es den Beschäftigten ist, die Wahl zu haben, sich für mehr freie Zeit oder für mehr Geld zu entscheiden. Eine solche Wahlfreiheit ist für 92 Prozent der Befragten von großer Bedeutung. Wenn sie die Wahl bereits hätten, würden 57 Prozent der Beschäftigten die tariflichen Gehaltssteigerungen tatsächlich zur Verkürzung ihrer Arbeitszeit eintauschen. Diese Bereitschaft zieht sich durch alle Altersgruppen, wobei Frauen mit 58 Prozent ein mehr an Freizeit etwas stärker bevorzugen als Männer mit 55 Prozent. Von besonderem Interesse stößt die Umwandlung bei Frauen zwischen 51 und 60 Jahren. In dieser Alterskohorte würden 60 Prozent der weiblichen Beschäftigten ihre Tariferhöhungen gegen mehr freie Zeit tauschen. „Angesichts der Personalkürzungen der letzten Jahre und der dadurch immer höher werdenden Belastungen im öffentlichen Dienst ist der Wunsch nach Entlastung deutlich erkennbar, übrigens von Mitgliedern wie Nicht-Mitgliedern gleichermaßen,“ so Werneke.

Besonders eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit käme für die meisten der Befragten in Frage. Dafür sprachen sich 60 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen aus, die eine Umwandlung anstreben. 45 Prozent von ihnen würden lieber mehr freie Tage haben und je rund 30 Prozent wünschen sich ein Zeitkonto, um entweder länger in den Urlaub zu fahren oder früher in Rente zu gehen.

„Diese klare Botschaft der Beschäftigten nehmen wir mit in die im nächsten Jahr stattfindende Forderungsdiskussion unserer Mitglieder vor Ort in den Betrieben und Dienststellen von Bund und Kommunen", sagte das für den öffentlichen Dienst zuständige ver.di-Bundesvorstandsmitglied, Christine Behle. Bis dahin wolle ver.di einzelne Aspekte der Befragung weiter vertiefen. Aus diesem Grund würden in den nächsten Wochen in einem zweiten Schritt Einzel- und Gruppeninterviews mit Vertretern der verschiedenen Berufsbereiche geführt. „Nach der quantitativen Umfrage folgt nun also die qualitative Befragung. Wir wollen so unsere Perspektiven erweitern und tiefere Einblicke bekommen“, so Behle weiter.

Die Befragung unter den 210.313 Beschäftigten im öffentlichen Dienst und weiteren 17.961 Beschäftigten aus privaten Unternehmen des Gesundheits- und Sozialwesens, Wohlfahrtsverbänden und kirchlichen Einrichtungen wurde von der Gesellschaft für empirische Sozialforschung und Evaluation uzbonn GmbH in Kooperation mit der Organisations- und Technologieberatung Ralf Stuth Consulting im Zeitraum zwischen dem 23. April und dem 30. Juni 2019 durchgeführt. Neben Fragen zur Arbeitszeit beinhaltet die Studie auch Fragen zu Besonderheiten im Tarifgebiet Ost, wo die Beschäftigten im Durchschnitt länger arbeiten als im Tarifgebiet West. Hier sprach sich eine große Mehrheit für die sofortige Angleichung der Arbeitszeit von Ost und West (58 Prozent) aus.