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Corona-Krise: Studie untersucht Lebenssitutation in den G7-Staaten

Jeder sechste in den G7-Staaten gibt an, bereits mindestens die Hälfte seines Einkommens durch die Coronakrise verloren zu haben
Kantar | 17.04.2020
Corona-Krise: Studie untersucht Lebenssitutation in den G7-Staaten © Pixabay / Gerd Altmann
 

In der zweiten Welle der umfassenden Studie zu den Auswirkungen des Coronavirus auf die Gesellschaften der G7-Staaten stellt Kantar fest, dass die Zustimmung zu den Maßnahmen der Regierung auf hohem Niveau leicht rückläufig ist. So sind aktuell etwas mehr Bürger (44 Prozent) in den G7-Staaten der Meinung, dass die Maßnahmen der eigenen Regierung nicht weit genug gehen, im Vergleich zu denen (42 Prozent), die die Meinung vertreten, dass die Maßnahmen genau richtig sind.

Kernergebnisse der Kantar G7-Befragung zwischen dem 9. und 13. April:

  • In den gesamten G7-Staaten fällt die Zustimmung zu den Regierungsreaktionen auf die Pandemie um vier Prozentpunkte auf 50 Prozent. In Deutschland steigt die Zustimmung gegen den Trend um neun Prozentpunkte auf 67 Prozent deutlich an.
  • 72 Prozent (+1[1]) der Menschen in den G7 geben an, dass ihr persönliches Einkommen vom Coronavirus betroffen ist oder sein wird. Während dies in Italien (85 Prozent, +/-0) am häufigsten der Fall ist, fällt auf, dass der Anteil in Deutschland (58 Prozent, +4) auch weiterhin am niedrigsten bleibt.
  • Von den Befragten, die berichten, dass ihr Einkommen bereits beeinträchtigt wurde (37 Prozent), geben 44 Prozent an, mindestens die Hälfte oder mehr Einkommen verloren zu haben. Dies entspricht 16 Prozent der Menschen in den G7-Staaten.
  • In der G7 glauben nur 21 Prozent, dass es bis spätestens Ende Juni 2020 eine Rückkehr zum normalen Leben geben wird. 72 Prozent der Befragten erwarten dagegen, dass es noch länger dauern wird.

Diese Meinungsumfrage unter den G7-Bürgern wurde mit Blick auf die Vorgaben von Social Distancing online durchgeführt. Die Studie beinhaltet Fragen zur persönlichen Reaktion, zu den persönlichen Auswirkungen, zu den finanziellen Auswirkungen auf den Einzelnen und den Haushalt, zur Wahrnehmung und zum Verständnis der Regierungsempfehlungen, zur Wahrnehmung der Reaktion der Regierung, zur vertrauenswürdigsten Informationsquelle und zur Wahrnehmung möglicher Interventionen gegen das Virus.


Mit dem Fortschreiten der Pandemie sind etwa gleich viele Menschen mit der Politik und den Maßnahmen der Regierung zufrieden oder kritisieren diese:

  • In den G7 bewerten 42 Prozent der Befragten die Reaktion ihrer Regierung als richtig, während 44 Prozent der Ansicht sind, dass die von ihrer Regierung eingeführten Maßnahmen nicht weit genug gegangen sind, um die Pandemie zu bekämpfen.
  • Besonders auffällig ist die Situation in Japan: Hier sind 74 Prozent der Bürger der Meinung, dass ihre Regierung bei der Bekämpfung der Pandemie noch zu wenig unternommen hat.
  • In Deutschland dagegen sind im Vergleich zur Erhebung im März (47 Prozent) nun deutlich weniger Bürger (25 Prozent) der Meinung, dass die Maßnahmen in Deutschland nicht weit genug gehen. Dies lässt sich mit den Zeitpunkten der Erhebung erklären. Im März standen wir kurz vor der Einführung der weitgehenden Ausgangsbeschränkungen. Die zweite Erhebung über Ostern dagegen kennzeichnet ein mediales Umfeld, in dem immer mehr über die Möglichkeiten einer Lockerung dieser Maßnahmen diskutiert wurde.

Angesichts der bisherigen Reaktionen ihrer Regierungen auf den Ausbruch des Coronavirus gaben 54 Prozent (-5) der G7-Bürger an, dass sie ihrer Regierung vertrauen, in Zukunft die richtigen Entscheidungen zu treffen. 40 Prozent (+5) tun dies nicht und sechs Prozent geben hier keine Einschätzung ab. Während vor allem in Frankreich das Vertrauen in die eigene Regierung bröckelt (-14), sprechen in Deutschland inzwischen fast drei Viertel der Bürger (71 Prozent, +4) ihr Vertrauen in die zukünftigen Entscheidungen der Bundesregierung aus.

  • Für die G7-Bürger steht trotz persönlicher wirtschaftlicher Auswirkungen nach wie vor den Schutz der öffentlichen Gesundheit höher im Kurs als die Rücksichtnahme auf wirtschaftliche Belange. Mehr als ein Drittel der Menschen (36 Prozent, +7) sind der Meinung, dass ihre Regierung zu viel Wert auf den Schutz der Wirtschaft des Landes legt und nicht genug auf den Schutz der Gesundheit. 19 Prozent (+/-0) sind der Meinung, dass zu viel Wert auf den Schutz der Gesundheit der Menschen gelegt wird und die Belange der Wirtschaft hinten runterfallen. Ein Drittel (33 Prozent, -4) sagt, dass die richtige Balance gefunden wurde. 13 Prozent (-2) können hierzu keine Angabe machen.
  • 48 Prozent der G7-Bürger bewerten die Unterstützung, die ihre Regierung für Menschen mit Einkommensverlusten leistet, als (sehr) gut. 46 Prozent bewerten sie als (sehr) schlecht. Am positivsten waren die Bewertungen in Kanada (77 Prozent) und Großbritannien (70 Prozent). Deutschland (64 Prozent) folgt auf Platz drei.
  • In ähnlicher Weise bewerten 45 Prozent die Leistung ihrer Regierung bei der Unterstützung von Unternehmen, die von Betriebsschließungen und Einkommensverlusten bedroht sind, als ziemlich oder sehr gut, während 47 Prozent die Unterstützung als schlecht bewerten. Hier fällt auf, dass die Bürger in Deutschland (65 Prozent) zusammen mit den Kanadiern (69 Prozent) am meisten davon überzeugt sind, dass seitens der Regierung auch hinreichend an die Unternehmen gedacht wird.


Blick in die Zukunft

  • Einer von vier Bürgern in den G7 (26 Prozent) denkt, dass nach dem Ausbruch des Coronavirus der Alltag der Menschen "völlig anders" sein wird. Am höchsten ist dieser Anteil in Italien (34 Prozent) und den USA (29 Prozent).
  • Fast vier von zehn (38 Prozent) der Befragten glauben, dass ihre nationale Wirtschaft nach dem Ausbruch des Coronavirus völlig anders aussehen wird. Auch hier ist der höchste Wert in Italien (55 Prozent).
  • Einer von vier Menschen in den G7 (24 Prozent) glaubt, dass die nationalen Sozialsysteme in ihrem Land völlig anders sein werden, wenn die Pandemie vorbei ist. Am höchsten ist dieser Anteil in Italien (30 Prozent) und den USA (29 Prozent).

Dr. Michelle Harrison, CEO der Kantar Public Division, kommentierte die Forschungsergebnisse von mehr als 7.000 Befragten und erklärt: "Die Messung der wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 auf persönlicher Ebene sind neben dem Verständnis der Bürger für die Unterstützung und Einhaltung der Vorgaben entscheidend dafür, dass Regierungspolitik reagieren und für die Zukunft planen kann und dass die Gesellschaften sich nachhaltig erholen können.

Während die Pandemie weitergeht und das Vertrauen in die Reaktion der Regierungen auf die Probe gestellt wird, bietet diese laufende G7-Studie einen einzigartigen Blick auf die Situation in der Gesellschaft: Die G7-Bürger unterstützen nach wie vor eine Konzentration auf die Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gegenüber der Wirtschaft, obwohl die realen persönlichen wirtschaftlichen Auswirkungen zu spüren sind. Die Social Response- und Recovery Programme von Kantar unterstützen Regierungen auf der ganzen Welt dabei, die Auswirkungen der Pandemie zu verstehen, neue Maßnahmen als Reaktion darauf zu entwickeln und eine belastbare wirtschaftliche Wiederaufbauphase zu planen", so Harrison weiter.


Weitere Erkenntnisse aus der G7-Studie:

Vertrauen gegenüber Medien

  • In Japan (46 Prozent, +/-0), Italien (35 Prozent, -2), Frankreich (34 Prozent, +1) und Deutschland (33 Prozent, +2) gelten Fernsehnachrichten nach wie vor als die vertrauenswürdigste Quelle für zuverlässige Informationen über das Virus.
  • In Großbritannien werden Regierung und Politiker (28 Prozent, +4) und Fernsehnachrichten (28 Prozent, +/-0) gleichermaßen als die vertrauenswürdigste Quelle für zuverlässige Informationen angesehen.
  • In Kanada vertrauen 30 Prozent (+3) der Bürger der Regierung und Politikern am meisten.
  • In den USA genießen Gesundheitsdienstleister mit 31 Prozent (+/-0) das größte Vertrauen.


Wie verschiedene Bevölkerungsgruppen von der Pandemie betroffen sind

  • Bei Personen zwischen 16 und 34 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Corona-Krise Auswirkungen auf ihre persönlichen Finanzen hat. 45 Prozent der 16- bis 34-Jährigen berichten über eine Auswirkung, verglichen mit 35 Prozent der 55- bis 64-Jährigen und 21 Prozent der über 65-Jährigen.
  • Ältere Menschen sind eher der Meinung, dass die Regierung das richtige Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Wirtschaft und der Gesundheit der Menschen gefunden hat. Dazu gehören 40 Prozent der über 65-Jährigen und 42 Prozent der 55- bis 64-Jährigen, verglichen mit nur 24 Prozent der 16-34-Jährigen.
  • Zwei von fünf der 16- bis 34-Jährigen sind der Meinung, dass die Regierung in ihrem Land zu viel Wert auf den Schutz der Wirtschaft und nicht genug auf den Schutz der Gesundheit legt. Im Vergleich dazu denken 23 Prozent in dieser Altersgruppe, dass die Wirtschaft stärker in den Vordergrund gestellt werden sollte.


Verhaltensänderungen auf der individuellen Ebene

  • Die Zahl der Menschen in den G7-Staaten, die das Verhalten ihrer Mitbürger im Kampf gegen den Coronavirus-Ausbruch als gut bewerten, ist von 52 Prozent auf 60 Prozent gestiegen.
  • 84 Prozent (-1) der G7-Bürger sind der Meinung, dass die Aufforderung der Menschen so weit möglich zu Hause zu bleiben, wirksam ist, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
  • 64 Prozent (+9) vermeiden Besuche bei älteren und gefährdeten Verwandten und Freunden. Der höchste Wert findet sich hier in Italien (82 Prozent) und der niedrigste in Japan (42 Prozent).


Internationale Zusammenarbeit

  • Auf die Frage nach der Zusammenarbeit zwischen den Ländern weltweit als Reaktion auf die Pandemie bewerten 51 Prozent (-4) der G7-Bürger diese als sehr oder ziemlich gut. Am höchsten ist die Zustimmung in Großbritannien (63 Prozent, +1) und Kanada (59 Prozent, -12) sowie in den USA (59 Prozent, -6).
  • Die Bürger der EU-Länder der G7 (Frankreich, Deutschland, Italien und Großbritannien) wurden gebeten, die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern als Reaktion auf den Ausbruch zu bewerten. Hier bewerten sie 51 Prozent als sehr oder ziemlich gut (-2).
  • 52 Prozent der europäischen G7-Bürger vertrauen auf der Grundlage der bisherigen Reaktionen darauf, dass die Europäische Union auch in Zukunft die richtigen Entscheidungen auf den Coronavirus-Ausbruch trifft.
  • 43 Prozent der europäischen Bürger denken, dass die EU schwächer sein wird, wenn der Ausbruch vorbei ist, verglichen mit 19 Prozent, die sie stärker aus der Krise hervorgehen sehen. 27 Prozent sehen die EU danach genauso stark wie zuvor und 11 Prozent wissen es nicht.


Informationen zur Methodik

Zwischen dem 9. und 13. April 2020 wurden insgesamt 7.006 Online-Interviews mit Erwachsenen (16+) durchgeführt, die in den G7-Staaten Kanada (1.000), Frankreich (1.000), Deutschland (1.000), Italien (1.001), Japan (1.003), Großbritannien (1.001) und den USA (1.001) leben. Die Interviews wurden online mit dem Kantar-Online-Panel als Stichprobenquelle durchgeführt.

Die Daten wurden nach Alter, Geschlecht und Bildung für jedes Land im Bezug auf die Bevölkerungsgröße gewichtet. Für die Ergebnisse über alle G7-Länder hinweg wurden die Länder entsprechend ihrer Bevölkerungsgröße gewichtet.

[1] Die Ziffern mit Vorzeichen in Klammern geben die Veränderung in Prozentpunkten im Vergleich zur ersten Forschungswelle an, die in der G7 (Kanada, Frankreich, Deutschland, Japan, Italien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika.) zwischen dem 19. und 21. März durchgeführt wurde; veröffentlicht und am 25. März veröffentlicht wurde.